Doskozil und Babler
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Politik

2023: Ein hollywoodreifes Politikjahr

In der burgenländischen Landespolitik haben die Landesparteien heuer einige personelle Weichen gestellt, wohl auch weil in knapp einem Jahr ein neuer Landtag gewählt wird. Überstrahlt wurde aber alles von Landeshauptmann Doskozils Versuch, Bundesparteiobmann der SPÖ zu werden.

Das politische Jahr begann mit einer Staffelübergabe: Das Burgenland übernahm von Wien für sechs Monate den Vorsitz in der Landeshauptleute-Konferenz – mehr dazu in LH-Konferenz: Land übernimmt Vorsitz und LH-Konferenz: Vorsitz offiziell übernommen. Größter inhaltlicher Brocken war der Finanzausgleich zwischen Bund, den Ländern und Gemeinden. Eine Einigung gab es schlussendlich im November – mehr dazu in Finanzausgleich und Gesundheitsreform fix.

Bundesrat Günter Kovacs (R) das Amt des Bundesratspräsidenten von Bundesrätin Korinna Schumann
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Günter Kovacs übernimmt das Amt des Bundesratspräsidenten von Bundesrätin Korinna Schumann

Bundesrat Günther Kovacs (SPÖ) war im ersten Halbjahr Präsident den Bundesrates – mehr dazu in Kovacs führt Vorsitz im Bundesrat und Kovacs will demokratiepolitisch „in die Offensive gehen“. Bei der Eröffnung des renovierten Parlaments Ende Jänner hielt Kovacs ebenso eine Rede wie der dritte Nationalratspräsident, der Pinkafelder Norbert Hofer (FPÖ) – mehr dazu in Saniertes Parlament wieder „Herz der Demokratie“.

Doskozil bewirbt sich um SPÖ-Parteivorsitz

Für Aufsehen auf Bundesebene sorgte heuer vor allem Landeshauptmann Doskozil: Per Brief kündigte Doskozil im März seine Bewerbung als Bundesparteivorsitzender der SPÖ an – mehr dazu in Doskozil bewirbt sich um SPÖ-Parteivorsitz. Ab diesem Zeitpunkt blickte auch das Burgenland gespannt auf das Rennen um die Parteispitze.

SP… – DOSKOZIL BEWIRBT SICH UM PARTEIVORSITZ
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Mit diesem Brief hat sich Doskozil Mitte März um das Amt des SPÖ-Bundesparteichefs beworben

Auf den Brief folgte eine Mitgliederbefragung: Ins Rennen gegangen sind Parteichefin Pamela Rendi Wagner, Hans Peter Doskozil sowie Andreas Babler, Bürgermeister von Traiskirchen. Doskozil gewinnt, Zweiter wird Babler – mehr dazu in Nach SPÖ-Mitgliederbefragung: Doskozil stellt Führungsanspruch und Doskozil pocht auf Führungsanspruch. Anfang Juni ist es dann am Bundesparteitag in Linz zum Showdown zwischen Doskozil und Babler gekommen. Bei der Abstimmung konnte Doskozil die Oberhand behalten – mehr dazu in Doskozil gewinnt SPÖ-Machtkampf.

Jahresrückblick: Politik

In dieser Ausgabe der Serie „Jahresrückblicke von Burgenland Heute“, geht es um das Thema Politik. Das Jahr war geprägt vom SPÖ-Führungs-Debakel und dem Versuch von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil SPÖ-Bundesparteiobmann zu werden. Das Jahr hat jedoch mit der Übernahme der Landeshauptleute-Konferenz durch das Burgenland begonnen.

Zuerst großer Jubel, dann die totale Ernüchterung

Der Jubel war zu diesem Zeitpunkt groß, bis zwei Tage später die totale Ernüchterung eingetreten ist: Michaela Grubesa, Vorsitzende der SPÖ-Wahlkommission verkündete das totale Fiasko. Beim Auszählen ist ein Fehler passiert, die Ergebnisse wurden vertauscht. Nun stand fest, dass Andreas Babler neuer SPÖ-Bundesparteivorsitzender ist, und nicht Doskozil. „Es wird genug Häme geben, es wird genug Spot geben, das müssen wir uns in dieser Situation auch gefallen lassen“, kommentierte damals Doskozil die Ereignisse – mehr dazu in SPÖ: Ergebnis falsch – Babler doch vorne und Doskozil: „Kapitel Bundespolitik abgeschlossen“.

Doskozil bei seiner  Siegerrede
ORF
Doskozil beim Bundesparteitag in Linz

Nach dem Scheitern im Bund konzentrierte sich Doskozil auf das Burgenland. Die Landesregierung arbeitet das ganze Jahr über Themen aus dem Regierungsprogramm ab: Der Wärmepreisdeckel etwa soll die hohen Energiekosten abdecken und wurde im Dezember verlängert. Beim großen Infrastrukturprojekt – dem Krankenhaus-Neubau in Oberwart – wurde die Gleichenfeier gefeiert. Und im Budget 2024 kommt es zu keiner Neuverschuldung – mehr dazu in Richtfest für Krankenhaus Oberwart und Landtag: Budget 2024 beschlossen.

Landtag: 15 Gesetzesanträge einstimmig beschlossen

Im Landtag werden heuer 37 Gesetzesanträge beschlossen, 15 davon einstimmig. Kritik von der Opposition gibt es laufend, etwa zur Baulandmobilisierungsabgabe, den Landesfinanzen oder den neuen Busfahrplänen – mehr dazu in Debatte über Baulandmobilisierung und Supermärkte, ÖVP drängt auf mehr Sparsamkeit bei Landesprojekten, Neue Busfahrpläne als „neues Zeitalter“ und Land bessert bei Busverbindungen nach.

Landtag
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37 Gesetzesanträge wurden heuer im Landtag beschlossen

Als Gegengewicht zur SPÖ sieht sich vor allem die ÖVP. Vor allem die Finanzgebarung des Landes wird von der größten Oppositionspartei regelmäßig kritisiert – mehr dazu in ÖVP wird Budget 2024 nicht zustimmen und ÖVP bringt sich für Landtagswahl in Stellung. Landesparteiobmann Christian Sagartz kündigte im Juni den Rückzug aus dem EU-Parlament an, sowie die ÖVP bei der Landtagswahl als Spitzenkandidat anzuführen – mehr dazu in Sagartz tritt bei nächster EU-Wahl nicht mehr an.

Christian Sagartz
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Christian Sagartz bei seiner Grundsatzrede im Juni

Der Jennersdorfer Bernhard Hirczy hat im Oktober den Bundesrat verlassen, auf ihn folgte der Mogersdorfer Philipp Kohl – mehr dazu in „Es war eine coole Zeit“: Hirczy geht als Bundesrat und ÖVP entsendet Philipp Kohl in den Bundesrat.

Dunst geht als Landtagspräsidentin, Hergovich folgt

Zur Personaländerung ist es heuer auch an der Spitze des Landtages gekommen: Verena Dunst hörte im September als Landtagspräsidentin auf, sie bleibt einfache Abgeordnete. Ihr Nachfolger ist der bisherige SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich – mehr dazu in Dunst: „Politik muss wachsam sein!“ und Hergovich zum neuen Landtagspräsidenten gewählt. Hergovichs Nachfolger als SPÖ-Klubchef ist der bisherige Landesgeschäftsführer Roland Fürst – mehr dazu in SP-Klubobmann Fürst: Auftakt mit Aktionismus.

SITZUNG DES BURGENL€NDISCHEN LANDTAGS MIT WAHL DES NEUEN PR€SIDENTEN: HERGOVICH/DUNST
APA/ROBERT JAEGER
Robert Hergovich und Verena Dunst im September

Bei der FPÖ hat im September Landtagsabgeordnete Ilse Benkö nach 23 Jahren den Landtag verlassen. Ihr Nachfolger ist Markus Wiesler – mehr dazu in FPÖ: „Blaue Lady“ Benkö geht in Politpension und Landtag im Zeichen der personellen Änderungen. Alexander Petschnig wurde im September mit 91 Prozent der Stimmen als Landesparteiobmann wiedergewählt – mehr dazu in Petschnig mit 91,4 Prozent wiedergewählt.

Tschürtz
Landtag Burgenland
Die Rede von Johann Tschürtz im Landtag sorgte bundesweit für Schlagzeilen

Für die heuer wohl umstrittenste Rede im Landtag sorgte Mitte November Klubobmann Johann Tschürtz, als er die migrantisch-klingenden Namen von Volksschülern in Wiener Neustadt vorgelesen hat – mehr dazu in Empörung über Tschürtz-Rede im Landtag. Kritik kam damals sogar von der Bundes-FPÖ. Tschürtz entschuldigte sich schließlich per Aussendung – mehr dazu in Tschürtz: „Fehler tut mir leid“.

Generationenwechsel bei den Grünen

Bei den Grünen kündigte Landessprecherin Regina Petrik im ORF Burgenland-Sommergespräch mit Patricia Spieß ihren Rückzug für das kommende Jahr an – mehr dazu in Grünen-Chefin Petrik vor Rückzug. Im Oktober wurde mit der Eisenstädter Gemeinderätin Anja Haider-Wallner ihre Nachfolgerin an der Parteispitze gewählt – mehr dazu in Grüne wählen Haider-Wallner mit 91,1 Prozent.

Anja Haider Wallner
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Die neue Landessprecherin der Grünen: Anja Haider-Wallner

Ende November wurde Doskozil zum sechsten Mal am Kehlkopf operiert, der Eingriff ist gut verlaufen – mehr dazu in Doskozil wird erneut operiert und Doskozil nach OP zurück im Büro. Der Landeshauptmann kündigte an, bei den Landtagswahlen – voraussichtlich im Jänner 2025 – wieder anzutreten – mehr dazu in Doskozil wird sich 2025 der Wiederwahl stellen.

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil
ORF
Doskozil wird sich bei den Landtagswahlen 2025 der Wiederwahl stellen

Doskozil blickt auch schon auf die Nationalratswahlen im kommenden Jahr. „Wir brauchen ein gutes Wahlergebnis. Das ist ja auch unser Interesse in der Sozialdemokratie, um in weiterer Folge auch gestaltende Politik auf Bundesebene machen zu können“, so Doskozil.

Spieß: „Alle gegen SPÖ“

Im „Burgenland heute“-Studiogespräch analysiert am Mittwoch Politikredakteurin Patricia Spieß das politische Jahr 2023 und was für das kommende Jahr zu erwarten ist. „Seit dem Bundesparteitags-Debakel hat sich Doskozil tatsächlich zurückgehalten, bis auf die Diskussion mit der Bundespartei, weil die SPÖ Burgenland einen besseren Mandatsplatz haben wollte bei der Europawahl“, so Spieß. Man solle davon ausgehen können, dass die Disziplin halten werde, „aber mit der Disziplin ist es ja so eine Sache, es kommen auch in der Politik immer wieder Emotionen dazu und wer weiß schon ob eventuell nicht nach der Nationalratswahl nicht doch die eine oder andere Wortmeldung fallen wird“, so Spieß.

Raphaela Pint und Patricia Spieß
ORF/Krenn
„Burgenland heute“-Moderatorin Raphaela Pint und Patricia Spieß

Im Hinblick auf die kommende Landtagswahl hat der Landeshauptmann angekündigt, dass der Wahltermin im Jänner 2025 sicher sei. Es sei logisch aus Sicht der SPÖ, dass nicht früher gewählt werde, sagt Patricia Spieß, „Denn die Landesregierung kann derzeit mit der absoluten Landtagsmehrheit ihre Projekte ungehindert umsetzen“ – mehr dazu in Doskozil: Erstes Interview nach OP.

Bei der Wahl selbst werde das Match lauten „Alle gegen die SPÖ“, so Spieß. „Das hat man beispielsweise beim Budgetbeschluss gesehen, wo alle Oppositionsparteien gegen die SPÖ gestimmt haben. Das war ein Signal, wie es im Landtagswahlkampf ablaufen wird“, so Spieß.

Analyse des Jahres 2023

Die Landesparteien haben sich neu aufgestellt. In knapp einem Jahr wird ein neuer Landtag gewählt.