Commerzialbank, Commerzialbank-Filiale in Mattersburg
ORF/Spieß
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Wirtschaft

Commerzialbank: Täglich neue Erkenntnisse

Diverse Medien berichten, dass die Commerzialbank Mattersburg schon lange konkursreif gewesen sei. Laut „Standard“ wurden bisher 500 gefälschte Konten ermittelt. Laut „Presse“ wird nicht einmal soviel Vermögen übrig bleiben, um die von der Einlagensicherung ausgelegten Millionen zurückzuzahlen.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt ermitteln im Bilanzfälschungsskandal Commerzialbank Mattersburg. Ex-Chef Martin Pucher und eine Exkollegin wurden bisher zweimal einvernommen, sie haben die Verantwortung für die Malversationen übernommen. Laut „Standard“ ist der Stand der Dinge: 500 gefälschte Konten, erfundene Bilanzposten von 688 Mio. bei 800 Mio. Euro Bilanzsumme. Der „Presse“ zufolge wird wohl nicht einmal ausreichend an Vermögen übrig bleiben, um die von der Einlagensicherung ausgelegten 490 Mio. Euro zurückzuzahlen.

„Kronen Zeitung“: 8-12 Prozent des Geldes floss in SV Mattersburg

Sie hätten sich selbst nicht bereichert, beteuerten die zwei Exbanker in ihren Einvernahmen, für sie gilt die Unschuldsvermutung. Allerdings sei viel Geld aus der Bank geflossen, etwa für Sponsoring des SV Mattersburg, dessen Präsident Pucher auch war. Laut „Kronen Zeitung“ gab der Ex-Banker bei seiner Einvernahme letzten Donnerstag zu Protokoll: Es seien acht bis zwölf Prozent des Geldes in den Profiklub geflossen. Der Rest habe der „Verschleierung“ gedient, also um das Luftschloss Mattersburg zu erhalten, schrieb das Blatt unter Berufung auf Puchers Anwalt Norbert Wess. Seinem Mandanten gehe es nicht gut, er leide neben dem psychischen Stress an den Folgen von zwei Schlaganfällen. „Mein größter Fehler war es, mir nicht eingestanden zu haben, dass die Bank längst konkursreif war“, zitierte Anwalt Wess seinen Mandanten.

Martin Pucher
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Martin Pucher und einer weitere Mitarbeiterin geben an, sich selbst nicht bereichert zu haben

„Standard“: Prüfer 2015 „nahe dran gewesen“

Pucher selbst soll dem „Standard“ (Freitagausgabe) zufolge in den vergangenen zehn Jahren 250 Mio. Euro mittels gefälschter Barschecks abgehoben haben, ein Großteil dürfte wieder in der Bank gelandet sein: Getarnt als Zins- oder Tilgungszahlungen für gefälschte Kredite, um zu belegen, dass diese nicht wertzuberichtigen seien. Nach einer Vor-Ort-Prüfung 2015 soll sich das Volumen der Luftgeschäfte weiter massiv erhöht haben. Bei dieser von der Finanzmarktaufsicht (FMA) bei der Nationalbank (OeNB) beauftragten Prüfung seien die Bankenaufseher schon sehr knapp dran gewesen, gefunden haben die Vor-Ort-Prüfer die Malversationen damals aber nicht. Den von einem Whistleblower in den Raum gestellten Schaden hätten sie zudem für unplausibel und unwahrscheinlich gehalten.

Kreditkonto-Kennzeichen „58“

Ein Angelpunkt sollen damals diskrete (vorstandsbetreute) Kreditkonten mit dem Kennzeichen „58“ gewesen sein, Pucher habe viel in bar abgehoben, der Schaden wird mit 50 Mio. Euro beziffert. Namentlich genannte Mitarbeiter hätten Kopien der Unterlagen daheim gehabt, andere Bescheid gewusst. Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt habe die FMA um Amtshilfe ersucht, woraufhin die Behörde die ohnedies bereits aktiven OeNB-Prüfer mit Recherchen beauftragte. 58er-Konten seien nicht gefunden worden, aber zig schwere Mängel und Gesetzesverstöße im Risiko- und Kreditmanagement des Instituts. Man habe eine kreditfinanzierte Eigenkapitalzufuhr gefunden, die die FMA wegen Untreueverdachts anzeigte. Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt habe keine Ermittlungen eingeleitet, die Bilanz habe aber geändert werden müssen. Abschlussprüfer TPA hatte, so der „Standard“ mit Hinweis auf den Prüfbericht, bei der Konstruktion beraten und die Bilanz – auch jene, in der das Eigenkapital revidiert werden musste. Wären wirklich Kredite in dem Ausmaß gefälscht, müsste man auch Zinserträge fälschen, hielten die OeNB-Prüfer laut „Standard“ im Bericht sinngemäß fest.

Kundinnen und Kunden stehen vor  der Servicestelle der Einlagensicherung in der Commerzialbank Zemendorf Schlange
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Schlangen vor der Servicestelle in Zemendorf

Masserverwalter holt Vermögenswerte ein

Heuer hätten die Prüfer Pucher zwei unplausible Kreditfälle vorgehalten, woraufhin der „umgefallen“ sei und sinngemäß eingestanden habe, die halbe Bilanzsumme sei gefälscht. Jene erfundenen Kredite, die in einer Anzeige von Februar 2020 angeführt und Teil der Ermittlungen seien, hätten die Prüfer nicht gefunden. Im schon eingeleiteten Insolvenzverfahren ist es nun Aufgabe des Masseverwalters, alles, was an Vermögenswerten einzuholen ist, einzutreiben, um die Verluste für die betroffenen Sparer und Unternehmer möglichst gering zu halten. Im Zuge dessen dürfte er sich auch an die Republik Österreich, also an die Steuerzahler, wenden, schreibt die „Presse“ am Freitag. Wegen „erfundener“ Gewinne und darauf abgeführter Steuern.