Martin Pucher
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Wirtschaft

Commerzialbank: Malversationen schon in 1990ern

Die Malversationen in der Commerzialbank Mattersburg haben schon in den 1990er Jahren begonnen. Damals wurde die Commerzialbank sogar von der Raiffeisenlandesbank Burgenland aus dem Raiffeisen-Sektor ausgeschlossen, sagte der ehemalige Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Burgenland Julius Marhold.

Sogar mit dem Frisieren von Bilanzen dürfte Ex-Commerzialbank-Chef Martin Pucher noch in seiner Raiffeisen-Ära begonnen haben, berichtete der „Standard“ am Montag und berief sich auf Aussagen im Strafverfahren – bis ins Jahr 1995, da war Pucher noch Chef der Raiffeisenbank Zemendorf.

Commerzialbank von Raiffeisen-Gruppe ausgeschlossen

Die bisherige Erzählung war, dass sich diese Bank dann umbenannt hat in Commerzialbank Mattersburg und abgespaltet habe von der Raiffeisen Landesbank Burgenland. Aber Marhold widerspricht nun: „Nein, das war keine Abspaltung, das war ein Ausschluss, weil unsere Revision festgestellt hat, dass diese Form der Geschäfte nicht zu Raiffeisen passen.“

„Begonnen mit Größenwahn, geendet im Verbrechen“

Damals habe, so Marhold, die Revision der Raiffeisenlandesbank Burgenland von der Raiffeisenbank Zemendorf verlangt,
„dass Herr Pucher als Geschäftsleiter abberufen wird, weil er Geschäfte tätigen wollte bzw. getätigt hat, die ansonsten nur von Großbanken gemacht wurden“. Es sei auch um Spekulationsgeschäfte gegangen. Wenn die Deutsche Bank das macht, können wir das auch, soll Pucher gesagt haben. Ex-Generaldirektor Marhold sagt dazu im Interview: „Begonnen hat es mit Größenwahn, geendet hat’s im Verbrechen.“

Warteschlange vor der Commerzialbank
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Schlangen vor der Commerzialbank Mattersburg

Pucher sollte als Geschäftsleiter abtreten

Aber die Bankorgane in Zemendorf um den späteren Aufsichtsratschef der Commerzialbank Josef Giefing hätten die Abberufung von Pucher damals abgelehnt, sagte Marhold. Auf die Frage, ob es damals auch schon den Verdacht von Bilanzfälschung gab, sagte Marhold: „Ob es Bilanzfälschungen waren, ist mir nicht in Erinnerung. In Erinnerung ist mir, dass die Bank von der Revision der Raiffeisenlandesbank Burgenland keinen Bestätigungsvermerk mehr erhalten hat, und das war der Grund, warum die Organe der Bank aufgefordert wurden, Pucher als Geschäftsleiter abzulösen.“

Puchers Anwalt bestätigt Malversationen bis 1990er Jahre

Auf die Frage, ob er eine Erklärung dafür habe, warum die Bankenaufsicht nicht früher härter durchgegriffen habe, antwortete Marhold: „Da hab ich keine Erklärung dafür.“ Zu der Frage, ob Revisionsberichte an die Bankenaufsicht weitergegeben werden, sagte Marhold: „Die Finanzmarktaufsicht erhält natürlich die Prüfberichte von Raiffeisenbanken und nimmt auch stichprobenartig Prüfungen bei Raiffeisenbanken vor.“ Auch Norbert Wess, der Anwalt von Ex-Commerzialbank-Chef Pucher, bestätigte am Montag, dass die Malversationen bis in die 1990er Jahre zurückreichen.