Ortstafel Forchtenstein
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Politik

Forchtenstein: Bürgermeisterwahl muss wiederholt werden

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat der von der ÖVP Forchtenstein eingebrachten Anfechtung der Bürgermeisterstichwahl in Forchtenstein (Bezirk Mattersburg) vom 23. Oktober 2022 stattgegeben. Die Wahl ist ab dem Zeitpunkt vor der Kundmachung der engeren Wahl zu wiederholen, hieß es am Freitag in einer Aussendung des VfGH.

Die Wahlleiterin der Gemeindewahlbehörde hat den Wahlakt entgegen den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung eigenmächtig geöffnet und dann unverschlossen zur Bezirkswahlbehörde gebracht. Dies verstoße gegen das Gebot der sicheren Verwahrung der Wahlakten. Da als Folge dieser Rechtswidrigkeit das Wahlergebnis anhand der Wahlakten objektiv nicht verlässlich festgestellt werden könne, musste die Stichwahl aufgehoben werden, begründete der VfGH. Wiederholt werden muss die Wahl in Forchtenstein spätestens Anfang Oktober. Der Fristenlauf beginnt ab Kundmachung der VfGH Entscheidung, also ab jetzt. Die Landesregierung fixiert den genauen Termin.

Alexander Knaak Bürgermeister
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Alexander Knaak, SPÖ

Die ÖVP Forchtenstein hatte die Vorgänge rund um die Stichwahl wiederholt kritisiert und sich, nachdem die Landeswahlbehörde die Wahlanfechtung abgewiesen hatte, an den VfGH gewandt. Das Ergebnis der Stichwahl war sehr knapp, SPÖ-Kandidat Alexander Knaak gewann mit fünf Stimmen Vorsprung gegenüber ÖVP-Vizebürgermeister Josef Neusteurer. Die frühere SPÖ-Bürgermeisterin habe den unversiegelten Wahlakt mit nach Hause genommen, bevor sie diesen nach etwa einer Stunde der Bezirkswahlbehörde übermittelt habe, so Neusteurer im Februar.

Die Landeswahlbehörde hielt gegenüber der APA fest, dass die Entscheidung nur die engere Wahl der Bürgermeisterwahl betrifft und das Wahlverfahren ab dem Zeitpunkt der Kundmachung der Stichwahl zu wiederholen ist. Die Wiederholung wird durch die Landesregierung binnen sechs Wochen nach Zustellung des VfGH-Erkenntnisses ausgeschrieben. Gemäß B-VG habe die Wiederholungswahl innerhalb von 100 Tagen nach der Zustellung des Erkenntnisses stattzufinden. Der Bürgermeister bleibe bis zur Angelobung des durch die Wahlwiederholung gewählten Bürgermeisters im Amt, so die Landeswahlbehörde.

Neusteurer: Demokratie funktioniert

Gegenüber dem ORF Burgenland sagt ÖVP-Kandidat Neusteurer, dass die Entscheidung des VfGH beweisen würde, dass die Demokratie funktioniere. Ansonsten gibt sich Neusteurer noch wortkarg. „Ich muss mich jetzt mit meinen Fraktionskollegen zusammensetzen. Wir müssen jetzt beraten wie wir mit dieser Situation umgehen“, so Neusteurer.

Josef Neusteurer
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Josef Neusteurer (ÖVP)

Über die Stichwahl, die nun wiederholt werden muss, sagt Neusteurer, dass der Wähler entscheiden werde. „Es kommt jetzt darauf an, wer jetzt die Stimmung auf seine Seite bekommt. Wir werden versuchen, die Gegensätze aufzuzeigen. Ich hoffe und bitte natürlich die Wähler, dass sie noch einmal von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen“, so Neusteurer. Vielleicht könne man die Wahlbeteiligung sogar noch steigern, sagt Neusteurer. ÖVP-Landesparteiobmann kritisiert in einer Reaktion die SPÖ: Sie sei verantwortlich für das „Wahlchaos“, so Sagartz. „Von Anfang an gab es berechtigte Zweifel an der korrekten Abwicklung der Stichwahl“, so der Landesparteiobmann der ÖVP.

Knaak respektiert VfGH-Entscheidung

SPÖ-Kandidat Alexander Knaak reagierte Freitagmittag auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof. Er respektiere die Entscheidung und verweist darauf, dass der Verfassungsgerichtshof das Ergebnis der Stichwahl nicht angezweifelt habe. Die Frage, ob Knaak enttäuscht sei, „sei nicht angebracht. Es ist ein Ergebnis des höchsten Gerichtes und das ist zu respektieren“, so Knaak.

Alexander Knaak Bürgermeister
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Das Gemeindeamt in Forchtenstein

Von SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst heißt es in einer Aussendung, dass die Entscheidung des VfGH natürlich zu akzeptieren sei. Auch er verweist darauf, dass der VfGH das Ergebnis der Stichwahl nicht in Frage gestellt habe. Bürgermeister Knaak habe in seiner bisherigen Amtszeit gezeigt, „dass er mit seinem Team sehr engagiert und mit vollem Elan an der Umsetzung vieler wichtiger Themen arbeitet“, so Fürst.

FPÖ-Landesparteisekretär Christian Ries kritisiert in einer Aussendung vor allem die SPÖ. In der Partei müsse man „eine grundsätzliche Nachschulung vornehmen, was Demokratie und Wahlrecht betrifft“, so Ries. „Wahlen sind das Fundament jeder Demokratie. Dieses Fundament beginnt aber zu bröckeln, sobald das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Prozesse aus Sorglosigkeit oder gar Mutwilligkeit verspielt und untergraben wird“, so Ries.

Mattersburg: Gemeindevorstand-Anfechtung abgewiesen

Abgewiesen hat der VfGH hingegen die Anfechtung der Wahl des Gemeindevorstandes von Mattersburg vom Oktober 2022 durch die Liste „TVM – Tschürtz Vorwärts Mattersburg“ – mehr dazu in Nach Wahl: Tschürtz will VfGH einschalten. Die Liste mit Johann Tschürtz, im Landtag FPÖ-Klubobmann, begründete ihre Anfechtung damit, dass die Anwendung des d’Hondtschen Verfahrens bei der Wahl des Gemeindevorstandes dem Grundsatz der Verhältniswahl sowie dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, weil es größere Parteien systematisch bevorzuge. Dies führte in Mattersburg dazu, dass TVM, die drei Mandate erreichte, keinen der insgesamt sieben Sitze im Gemeindevorstand bekam.

Rathaus Mattersburg
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Das Rathaus in Mattersburg

Der VfGH verwies in diesem Fall auf das Bundes-Verfassungsgesetz, wonach jede im Gemeinderat vertretene Partei „nach Maßgabe ihrer Stärke“ Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand habe. Das B-VG verweise damit auf die Grundsätze des Verhältniswahlrechts, der Gesetzgeber ist dabei jedoch nicht an ein bestimmtes System der Mandatsverteilung gebunden. Dass gegen das d’Hondtsche Verfahren bei der Wahl des Gemeindevorstandes keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, habe der VfGH bereits wiederholt entschieden, wurde betont. Tschürtz erklärt gegenüber dem ORF Burgenland, dass er die Entscheidung des VfGH „als höchstes Organ selbstverständlich zur Kenntnis“ nehme.