Februarske bitke
„Geschichte im Gespräch“

Die Zeit des Austrofaschismus

In Österreich war die Zeit von 1933/34 bis 1938 vom Austrofaschismus geprägt. Historiker Michael Schreiber von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft behandelt in der Serie zu 100 Jahre Burgenland „Geschichte im Gespräch“ diesmal die vielen Facetten, die letztlich zum sogenannten „Anschluss“ Österreichs führten.

Ausgehend von Italien unter Benito Mussolini breitete sich ab den 1920er Jahren in einigen Staaten Europas der Faschismus aus. Gekennzeichnet ist die Politik des Faschismus durch einige Gemeinsamkeiten: das Prinzip eines Führers, eine extrem nationalistische Politik und die Etablierung antidemokratischer Werte, indem es nur eine Partei gibt und alle Opposition verboten ist. Unter Engelbert Dollfuß und später unter Kurt Schuschnigg kam von 1933 bis 1938 die österreichische Spielart des Faschismus auf: der Austrofaschismus.

Wegbereiter des Austrofaschismus

Nach den Ereignissen des Jahres 1927 – mit den Schüssen von Schattendorf und dem Brand des Wiener Justizpalastes – wurde das politische Klima zunehmend rauer. Alle politischen Lager hatte nun ihre privaten Militärverbände, die immer häufiger aneinander gerieten, was 1929 zu einem ersten Aufmarschverbot führte. 1930 teilte sich die burgenländische Heimwehrbewegung in die „Burgenländischen Landesschützen“, die christlichsozial ausgerichtet waren, und den Starhembergischen „Österreichischen Heimatschutz im Burgenland“. Die daraus resultierende Rivalität innerhalb der Heimwehrbewegung war in den Ortschaften spürbar. Anfang der 1930er Jahre machten auch die Nationalsozialisten mit einer Reihe von Anschlägen auf sich aufmerksam.

Die weltweite Wirtschaftskrise zeigte auch in Österreich Wirkung. Nach der Pleite der Creditanstalt nahm die Zahl der Arbeitslosen ebenso zu wie die Budgetbelastungen des Staates und die Zahl der Firmenpleiten, bei gleichzeitigem Absinken der Löhne und Gehälter.

Machtübernahme im Parlament

Nach einem Eisenbahnstreik am 1. März 1933 wurde für den 4. März eine Sondersitzung des Nationalrates einberufen. Formfehler und Geschäftsordnungsprobleme in der Sitzung führten zum Rücktritt aller drei Nationalratspräsidenten, womit eine formale Schließung der Sitzung nicht möglich schien. Nachdem auch der damalige Bundespräsident Wilhelm Miklas nicht einschritt, obwohl er die rechtliche Möglichkeit dazu gehabt hätte, ergriff die Regierung Dollfuß die Möglichkeit und schaltete das Parlament aus, indem sie ein neuerliches Zusammentreten der Parlamentarier durch die Polizei verhindern ließ.

Dollfuß i Miklas 1932. ljeta u Beču
Wikimedia commons
Engelbert Dollfuß und Wilhelm Miklas 1932 in Wien

Der Republikanische Schutzbund wurde noch im März verboten, während die Heimwehr aus staatlichen Beständen ausgerüstet wurde. Der Konstituierungsprozess des Austrofaschismus kam mit der Verkündung einer neuen Verfassung am 1. Mai 1934 zu einem Abschluss. Die neue Verfassung organisierte den Staat nach Berufs-Ständen, weswegen die Selbstbezeichnung „Ständestaat“ lautete.

Bundeskanzler Dollfuß in Eisenstadt

Nach der Ausschaltung des Parlaments in Wien wurde die „Vaterländische Front“ als Einheitspartei gegründet, die KPÖ und NSDAP wurden verboten. Im Burgenland stand der Einheitspartei bis 1938 Hans Sylvester vor, sein Stellvertreter war der Großwarasdorfer Lorenz Karall. Als Abschluss des Werbemonats für die „Vaterländische Front“ kam auch Bundeskanzler Dollfuß nach Eisenstadt. Die „Illustrierte Kronenzeitung“ schrieb damals von 12.000 Menschen, die in Eisenstadt waren, um Dollfuß einen Empfang zu bereiten. Interessant war auch der Inhalt seiner Rede, in der er sich ganz klar dazu bekannte, dass das Burgenland ein Teil Österreichs sei. Der Hintergrund dieser Aussage war, dass der damalige Ministerpräsident von Ungarn Gyula Gömbös in Deutschland gewesen war und offensichtlich auch versucht hatte, die Burgenland-Frage mit Hitler neu zu erörtern.

Februarkämpfe 1934

Das Verbot des Republikanischen Schutzbundes war eine von vielen gegen die Sozialdemokratie gerichteten Maßnahmen, die einen Konflikt unausweichlich machten. Zu diesem Konflikt kam es am 12. Februar 1934 im Zuge der drei Tage dauernden Februarkämpfe, die im Tod einiger Hundert Menschen und dem Verbot der Sozialdemokratie mündeten.

Koloman Tomšić iz Čembe
Glasilo
Koloman Tomsich, Landesleiter des Republikanischen Schutzbundes

Im Burgenland wurden die politischen Führer der SDAP verhaftet, darunter auch der Landesleiter des Republikanischen Schutzbundes im Burgenland, Koloman Tomsich aus Schandorf. Zu Zwischenfällen kam es im Burgenland lediglich in Neufeld an der Leitha, Pöttsching, Siegendorf und Neutal, wo es zu mehreren Verhaftungen kam, sowie in Mörbisch, wo Nationalsozialisten durch die Straßen zogen.

Putsch der Nationalsozialisten

Nachdem Adolf Hitler 1933 zum deutschen Reichskanzler ernannt wurde, wurde der Druck aus dem Deutschen Reich auf Österreich immer größer. Mit der Tausend-Mark-Sperre wollte Hitler der österreichischen Wirtschaft derart zusetzen, dass es zu einem nationalsozialistischen Regierungswechsel kommen sollte. Im Juli 1934 gab er den österreichischen Nationalsozialisten grünes Licht zu einem Putsch. Der Putsch der Nationalsozialisten am 25. Juli 1934 scheiterte, jedoch wurde der damalige Bundeskanzler Engelbert Dollfuß angeschossen und starb wenig später. Als neuer Bundeskanzler wurde Kurt Schuschnigg installiert, der sich bis zum sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 in dieser Position halten konnte.

„100 Jahre Burgenland“ im ORF Burgenland

Auch die Volksgruppenredaktion des ORF Burgenland widmet sich ein Jahr lang dem Jubiläum „100 Jahre Burgenland“. In 50 Hörfunk-Beiträgen, die jeden Montag um 18.15 Uhr in kroatischer Sprache auf Radio Burgenland zu hören sein werden, erzählt Schreiber die Geschichte des Burgenlandes beginnend mit den ersten Eingliederungsideen und dem Nikitscher Aufstand bis hin zur Rolle der Esterhazys – mehr dazu in Povijest Gradišća od samih početkov.

Sendungshinweis

„Radio Burgenland Extra“, 24.6.2021, 20.04 Uhr

In Anlehnung an die wöchentliche Serie in der Volksgruppen-Kultursendung ist in „Radio Burgenland Extra“ die 13-teilige Gesprächsreihe mit Historiker Michael Schreiber in deutscher Sprache zu hören. Unter dem Titel „100 Jahre Burgenland – Geschichte im Gespräch“ führt Kulturredakteurin Bettina Treiber Interviews mit dem 32-jährigen Historiker aus Nikitsch zur Geschichte des Burgenlandes. Die Gesprächsreihe wird jeden letzten Donnerstag im Monat um 20.04 Uhr in „Radio Burgenland Extra“ ausgestrahlt.