Commerzialbank Mattersburf
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Commerzialbank

Erste fünf Anklagen werden erwartet

Drei Jahre nach der Pleite der Commerzialbank Mattersburg dauern die Ermittlungen der Justiz weiter an. Noch gibt es keine Anklagen, aber nun übermittelte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einen Vorhabensbericht bezüglich fünf Beschuldigter an die Oberstaatsanwaltschaft.

Vor drei Jahren wurde die Commerzialbank Mattersburg behördlich geschlossen – mehr dazu in FMA sperrt Commerzialbank: Pucher zurückgetreten. Zuvor hatte Commerzialbank-Gründer und -Vorstand Martin Pucher Mitte Juli 2020 Selbstanzeige erstattet. Es folgte die bisher größte Pleite in der Geschichte des Burgenlands. Im Juni 2021 wurde eine Bank abverkauft, das Inventar versteigert. Die Commerzialbank Mattersburg, lange ein selbstbewusstes, eigenständiges Geldinstitut, endete als Scherbenhaufen. Zu lange hatte niemand genau hingeschaut, hatte niemand erkannt, dass die Geschäfte dieser Bank zum Teil frei erfunden waren.

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Inventar der Commerzialbank wird abgeholt
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Versteigerung von Commerzialbank-Inventar
Menschen stellen sich vor der Commerzialbank an, um jene Gegenstände abzuholen, die sie ersteigert haben
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Auch Ablagen konnten ersteigert werden
Neue Besitzer
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Neu Besitzer von Cb-Inventar
Tresor
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Tresore standen ebenfalls zum Verkauf
Inventar der Commerzialbank
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Büromöbel
Inventar der Commerzialbank wird abgeholt
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Abtransport von Bürozubehör
Martin Puchers Schreibtischsessel
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Martin Puchers Sessel brachte rund 500 Euro
Inventar der Commerzialbank wird abgeholt
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Alles kam unter den Hammer
Dokumentenmappe
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Jede Kleinigkeit wurde angeboten
Bilder
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Bilder waren auch dabei
Frau trägt ein Bild, das sie ersteigert hat
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Abtransport eines ersteigerten Bildes
Inventar der Commerzialbank wird abgeholt
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Alles kam weg
Inventar der Commerzialbank
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Der Erlös ging an die Masseverwalter

Verantwortung Puchers vor Gericht unwahrscheinlich

Während die kleinen Sparer von der Einlagensicherung entschädigt wurden, begann die Justiz mit der Aufarbeitung dieses Wirtschaftskrimis, die sich bis heute zieht. Der Vorhabensbericht bezüglich der fünf Beschuldigten geht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien und das Justizministerium. Wenn diese grünes Licht geben, kann Anklage erhoben werden. Ob sich Pucher, der als einer der Hauptverantwortlichen für die Bankenpleite gilt, tatsächlich vor Gericht verantworten muss, gilt als unwahrscheinlich. Er könnte aus gesundheitlichen Gründen als nicht verhandlungsfähig eingestuft werden, so wie übrigens auch Ex-BEGAS-Chef Rudolf Simandl.

Martin Pucher
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Archivaufnahme von Martin Pucher

Die Malversationen durch Pucher dürften weiter zurückliegen als bisher bekannt. Ex-Vorständin Franziska Klikovits soll gegenüber Ermittlern angegeben haben, dass es ab 1981 durch Pucher Manipulationen gegeben habe, damals noch bei der Cb-Vorläuferin Raiffeisenbank Zemendorf-Krensdorf-Stöttera-Hirm, berichtete der „Kurier“ am Mittwoch.

Ermittlungen gegen 35 beschuldigte Personen

Das Ermittlungsverfahren zieht sich, denn die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft arbeitet 20 Jahre Bankengeschichte auf. Es wurden 30 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Aktuell wird gegen 35 beschuldigte Personen – darunter Martin Pucher und seine Stellvertreterin – und elf Verbände ermittelt.

Ermittlungsstand Commerzialbank Mattersburg
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Geschenkannahme: Keine Anklage, vier Diversionen

Abgearbeitet wurde auch eine Liste von mehr als 1.000 Kundinnen und Kunden der Bank, die Geschenke angenommen haben – von Sektflaschen über Blumensträuße bis zu Silber- und Goldplättchen. Rund 120 von ihnen waren oder sind Amtsträger, gegen sie wurde ein Korruptionsverfahren wegen Geschenkannahme geführt. Ergebnis nach eineinhalb Jahren Ermittlungen: Es wurde bis dato keine einzige Anklage erhoben. In vier Fällen gab es eine Diversion – mehr dazu auch in Geschenkannahme: Diversion für Illedits.

Hausdurchsuchungen heuer im März

Eingestellt wurden auch die Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Finanzmarktaufsicht. Gegen die Wirtschaftsprüfer laufen sie noch – mehr dazu in Musterklage gegen Wirtschaftsprüfungskanzlei. Dazu fanden heuer am 22. März Hausdurchsuchungen an insgesamt fünf Unternehmensstandorten beziehungsweise in Privaträumlichkeiten in zwei Bundesländern statt.

Garfik mit den Zahlen zum Insolvenz-Verfahren
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417 Gläubiger, 820 Millionen Euro Forderungen

Nicht weniger mühsam ist die Arbeit der Masseverwalter. Die aktuellen Zahlen zum Insolvenzverfahren: 417 Gläubiger meldeten Forderungen in Höhe von 820 Millionen Euro an. Davon sind derzeit 787 Millionen Euro geprüft und festgestellt. Als größter Gläubiger fordert die Einlagensicherung 482 Millionen Euro. Bisher wurden an sie rund 74 Millionen Euro ausbezahlt. Die Höhe der Quote kann noch nicht abgeschätzt werden, auch nicht wie lange das Insolvenzverfahren noch dauern wird. Allerdings kann nur die Einlagensicherung mit Geld rechnen.

Einlagensicherung getäuscht: Verfahren wird wiederholt

Neu aufgerollt wird auch das Verfahren gegen eine Familie aus Niederösterreich. Es geht um mögliche Täuschungshandlungen im Zusammenhang mit der Auszahlung von Sparguthaben. Acht Angeklagte waren zunächst schuldig gesprochen worden – mehr dazu in Einlagensicherung getäuscht: Schuldsprüche. Der OGH lässt das Verfahren nach einer Berufung nun wiederholen. Fazit: Der Commerzialbank-Skandal wird die Justiz an vielen Fronten noch lange beschäftigen.