Prozess wegen Täuschung der Einlagensicherung im Zusammenhang mit der Commerzialbank-Pleite
ORF/Patricia Spieß
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Chronik

Einlagensicherung getäuscht: Schuldsprüche

Der Strafprozess wegen Betrugsverdachts in Zusammenhang mit Auszahlungen der Einlagensicherung nach der Commerzialbank-Pleite hat am Dienstag in Eisenstadt mit Schuldsprüchen geendet. Angeklagt war eine Unternehmer-Familie aus Niederösterreich.

Die drei Hauptangeklagten – ein 60-jähriger Mann, seine 56-jährige Ehefrau und der 28-jährige Sohn – wurden zu 21 Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt. Die Bekannten und Verwandten, die die Sparbücher eingelöst hatten, zu jeweils acht Monaten bedingter Freiheitsstrafe. Außerdem müssen die Angeklagten Geld an die Einlagensicherung zurückzahlen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Angeklagte vor Gericht
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Die Angeklagten am Dienstag vor Gericht

Familie hatte 41 Inhaber-Sparbücher bei Commerzialbank

Die Unternehmer- und Landwirtsfamilie aus Niederösterreich hatte 41 Inhaber-Sparbücher bei der Commerzialbank-Filiale in Forchtenstein. Nach Malversationen – mutmaßlich durch Bankchef Martin Pucher – ging die Commerzialbank im Juli 2020 pleite. Die Finanzmarktaufsicht schloss die Bank. Die Einlagensicherung zahlte, wie gesetzlich vorgeschrieben, maximal 100.000 Euro pro Person an geschädigte Bankkunden aus.

Die Familie soll aber Sparbücher an Bekannte und Verwandte weitergegeben haben. Die Einlagensicherung überwies zusätzlich 340.000 Euro an diese Personen. Beim letzten Prozesstag vor einem Monat sagte nur die 57-jährige Mutter aus. Sie erklärte teils unter Tränen, sie habe die Sparbücher verschenkt, weil das über Jahrzehnte hart erarbeitet Geld der Familie sonst komplett verloren gewesen wäre. Sie sei der Ansicht, die Weitergabe der Sparbücher sei erlaubt und sie habe das Geld auch nicht zurückverlangt.

Die Verteidiger der Familie argumentierten, eine Schenkung der Sparbücher sei rechtlich möglich gewesen, die Bekannten seien zum Zeitpunkt der Auszahlung durch die Einlagensicherung verfügungsberechtigt gewesen. Außerdem wollten sie die Aussage einer Angeklagten, die zugegeben hatte, das Geld für die Familie bezogen, in bar abgehoben und anschließend an diese weitergegeben zu haben, nicht berücksichtigt wissen, weil diese von den Ermittlern nicht entsprechend über ihre Rechte aufgeklärt worden sei.

Richterin: „Moderate Freiheitsstrafe“

Die Richterin sprach in ihrer Urteilsbegründung von einer „moderaten Freiheitsstrafe“. Der Strafrahmen bewegt sich bei diesem Delikt zwischen einem Jahr und zehn Jahren. Mildernd wertete das Gericht den bisher ordentlichen Lebenswandel der Angeklagten und dass keine Erschwerungsgründe vorlagen. Die Richterin erklärte, es sei dem Senat – also dem Gericht – bewusst, dass es sich hier nicht um ein schweres Verbrechen handele, dass die Familie und die Verwandten und Bekannten versucht hätten, hart erspartes Geld zurückzubekommen. Aber es sei eben ein nicht rechtmäßiger Weg eingeschlagen worden.

Verteidigung: Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung

Die Richterin begründete die Schuldsprüche inhaltlich damit, dass „keine Schenkung vorliegt, dass von vornherein vereinbart war, dass die Sparbücher eingelöst werden und das Geld zurückfließt“. In einem Fall sei das nachgewiesen worden, weil eine Angeklagte das Geld nach der Auszahlung durch die Einlagensicherung an den 60-Jährigen überwiesen habe. Die anderen hätten den Betrag in zeitlicher Nähe in bar abgehoben. Hinzu komme die Aussage der Angeklagten, die laut Richterin sehr wohl verwertet werden dürfe. Die Urteile sind nicht rechtskräftig, weil die Verteidigung Nichtigkeitsbeschwerde und volle Berufung einlegt. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.