Commerzialbank Krensdorf
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Wirtschaft

FMA sperrt Commerzialbank: Pucher zurückgetreten

Schock im Bezirk Mattersburg – die Commerzialbank ist schwer angeschlagen. Direktor Martin Pucher ist zurückgetreten. Die Bilanzen der Bank wurden offenbar jahrelang frisiert, was erst am Dienstag entdeckt wurde. Ein Regierungskommissär leitet ab sofort die Bank. 35.000 Menschen könnten betroffen sein.

Kurz vor Dienstagmitternacht gab die Finanzmarktaufsicht (FMA) in einer Presseaussendung das vorläufige Aus der Commerzialbank Mattersburg bekannt. Die Fortführung des Geschäftsbetriebes wurde per Bescheid untersagt. Als Regierungskommissär wurde Bernhard Mechtler bestellt – er kümmert sich ab sofort um das Schicksal der Bank und ihrer Kunden.

Bei genauen Überprüfungen stellte sich am Dienstag heraus, dass die Bilanzen der Bank über Jahre offenbar frisiert und vom Wirtschaftsprüfer vermutlich falsch testiert waren. „Wir haben den Geschäftsleiter der Bank damit konfrontiert und er hat bestätigt, dass einige Positionen nicht werthaltig seien – er hat dann festgestellt, dass er keine weiteren Aussagen dazu machen will, weil er das vorher mit seinem Anwalt besprechen muss“, so FMA-Sprecher Klaus Grubelnik.

Martin Pucher
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Die Commerzialbank Mattersburg AG wurde von Martin Pucher gegründet

Vor 25 Jahren gegründet

Vorstandsdirektor Pucher sowie seine Vorstandskollegin sind zurückgetreten. Laut APA soll es auch eine Selbstanzeige geben – die Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Fall Commerzialbank Mattersburg liegt bereits bei der Justiz. Ein Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat am Mittwochvormittag den Eingang der Anzeige durch die Finanzmarktaufsicht – FMA – bestätigt. Der Verdacht lautet dem Vernehmen nach auf Basis des bisherigen Kenntnisstands auf Bilanzfälschung und Untreue.

Die Commerzialbank Mattersburg AG wurde vor ziemlich genau 25 Jahren von Pucher gegründet. Er war damals Chef der kleinen Raiffeisenkassa in Zemendorf und spaltete sich nach einem Streit über die Geschäftsausrichtung vom Raiffeisen-Sektor ab. Die Commerzialbank hat neben der Zentrale in Mattersburg acht Filialen im Bezirk – in Forchtenstein, Loipersbach, Schattendorf, Baumgarten, Drassburg, Zemendorf, Krensdorf und Hirm.

Commerzialbank, Hirm
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Der leere Parkplatz der Commerzialbank in Hirm

Bank bleibt vorerst geschlossen

Die Bank bleibt vorerst geschlossen. Für die Kunden der Bank bedeutet die Schließung, dass sie vorerst nicht auf ihre Sparguthaben zugreifen können. Das Geld der Sparer wird entweder von der Bank ausbezahlt, wenn der Regierungskommissär zustimmt – ansonsten, falls die Einlagen der Bank nicht reichen, tritt die Einlagensicherung in Kraft. Sie ist auf 100.000 Euro pro Person und Bank beschränkt, egal ob das Geld auf dem Girokonto oder dem Sparbuch liegt.

„Die Einlagensicherung bemüht sich, so rasch wie möglich, die Auszahlung einzuleiten. Es wird ein paar Tage dauern, aber innerhalb von 14 Tagen soll das abgewickelt werden können. Es geht hier um die gesetzlich gesicherten Einlagen von maximal 100.000 Euro pro Person“, sagte FMA-Sprecher Klaus Grubelnik. Was mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro passiert, werde sich erst zeigen, wenn geklärt ist, wie es um die Vermögenswerte der Bank bestellt ist. Eine endgültige Schließung und Liquidierung der Bank steht im Raum.

Bankomat
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Der Bankomat der Commerzialbank in Zemendorf

Zuletzt Bilanzsumme von 800 Millionen Euro

Laut „Standard“ (Onlineausgabe) hatte die Bank, die heute mehrheitlich einer Kreditgenossenschaft gehört und an der Pucher und andere Bank-Nahe Anteile halten, zuletzt eine Bilanzsumme von rund 800 Millionen Euro. Die Spareinlagen betrugen inklusive täglich fälliger Gelder rund 420 Millionen Euro, Einlagen von Kreditinstituten inklusive waren es rund 715 Millionen Euro.

Bei Fremdbanken konnte man am Mittwoch mit der Bankomatkarte der Commerzialbank nicht mehr Geld beheben. Bei der Commerzialbank in Zemendorf war es Mittwochfrüh noch möglich Geld beim Bankomaten zu abzuheben.

Mitteilung
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Die Bank bleibt vorerst geschlossen

Die Commerzialbank investiert gerade in ein großes Umbauprojekt in Mattersburg. Der Stadtplatz wird umgebaut, ein neues Rathaus errichtet – rund 30 Millionen Euro soll das „Impulszentrum“ kosten. Einen Großteil davon finanziert die Commerzialbank, die Stadt steuert 5,5 Millionen Euro bei. Grundeigentümer ist Pucher.

60.000 Kundinnen und Kunden betroffen

Insgesamt sind 60.000 Kundinnen und Kunden, darunter Privatkunden und Unternehmen, von den Entwicklungen der Commerzialbank betroffen. ORF-Burgenland-Redakteur Christopher Ivanschitz hat sich vor verschiedenen Commerzialbankfilialen im Bezirk Mattersburg umgehört. Während es manche Kunden gelassen nehmen, sind viele andere verunsichert.

ORF-Burgenland-Redakteur Christopher Ivanschitz hat sich bei Bankkundinnen und -kunden umgehört

Hauptsponsor des SV Mattersburg

Pucher ist auch Präsident des SV Mattersburg. Die Commerzialbank ist beziehungsweise war ein Hauptsponsor. Unter dem 64-Jährigen spielt der Verein seit 2003 in der Bundesliga, mit Ausnahme der Jahre 2013 bis 2015. 2005 bis 2009 war Pucher auch Präsident der österreichischen Bundesliga. Das Budget des SV Mattersburg lag bei 6,5 Millionen Euro.

Pappelstadion SV Mattersburg, SVM
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Der SVM wurde von der Commerzialbank gesponsert

Pucher baute rund um den SV Mattersburg auch ein kleines Firmenimperium auf. Dem Verein gehört die Fußballakademie Burgenland GmbH zu 35 Prozent, 45 Prozent hält das Land und zehn Prozent die Stadtgemeinde Mattersburg. Pucher selbst ist auch Geschäftsführer der SVM Profisport GmbH, zu der unter anderem eine Sportstättenerrichtungs- und -betriebsgesellschaft gehört.