Wirtschaft

Commerzialbank: Neue Anklage gegen Pucher und Co.

Nach der Großpleite der Commerzialbank Mattersburg im Sommer 2020 gibt es eine neue Anklage durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Ex-Bankchef Martin Pucher und Ex-Bankvorständin Franziska Klikovits werden „wegen Veruntreuung von Bankgeldern, Untreue, betrügerischer Krida u. a. angeklagt“. Auch drei Unternehmer werden angeklagt.

Die eingebrachte Anklage ist ein Teilaspekt des laufenden strafrechtlichen Verfahrens zur Aufarbeitung der Insolvenz der Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG (kurz: Commerzialbank Mattersburg). Die Schadenshöhe der Tatvorwürfe aus der eingebrachten Anklage beläuft sich auf insgesamt rund 70 Millionen Euro. Der Strafrahmen für Veruntreuung, Untreue und betrügerische Krida beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Martin Pucher
APA/GEORG HOCHMUTH
Ex-Bankchef Martin Pucher

„Veruntreuung, Untreue und betrügerische Krida“

Den beiden ehemaligen Vorständen der Bank wird unter anderem Veruntreuung, Untreue und betrügerische Krida vorgeworfen. Sie sollen Bankgelder von knapp 40 Millionen Euro veruntreut und mittels Scheinrechnungen unrechtmäßig den Unternehmen ihnen nahestehender Unternehmer zukommen haben lassen, teilte die WKStA mit. Ebenso sollen sie Kredite von insgesamt über 30 Millionen Euro an diese Unternehmen vergeben haben, obwohl diese wirtschaftlich nicht vertretbar und nicht ausreichend besichert gewesen sein sollen.

Darüber hinaus müssen sich Pucher und Klikovits wegen Geldwäscherei und im Zusammenhang mit Scheckfälschungen und deren Verwendung verantworten, mit denen unrechtmäßig Bargeld aus der Bank behoben wurde. All das sei zum Nachteil der Bank und damit ihrer Einleger und anderer Gläubiger geschehen.

Drei Unternehmer mitangeklagt

Mitangeklagt sind drei Unternehmer, deren Firmen sich in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hatten. Sie hätten sich durch ihre Kreditanträge an den strafbaren Handlungen der Bankvorstände beteiligt und seien als Aussteller von Scheinrechnungen bzw. Kreditnehmer die Empfänger der Millionenbeträge gewesen. Zwei von ihnen hätten damit auch gefälschte Bilanzen erstellt. Ihnen werden Beteiligung an der Veruntreuung und Untreue der Bankvorstände vorgeworfen, ebenso Geldwäscherei und betrügerische Krida sowie unterschiedliche Bilanzdelikte.

Commerzialbank
ORF
Im Sommer 2020 wurden die Malversationen bekannt

WKStA: Schaden von 600 Millionen Euro

Der Anklage waren laut WKStA umfangreiche Ermittlungen und unter anderem die Einholung mehrerer Gutachten vorausgegangen. Nach dem Bekanntwerden schwerer Malversationen war die Bank im Juli 2020 von den Behörden geschlossen worden. Zur Last gelegt werden diese insbesondere Pucher, der vergangene Woche in einem ersten Teilverfahren rund um die Causa nicht rechtskräftig zu einer bedingten Haftstrafe von elf Monaten verurteilt wurde. Die Pleite ist laut den Gläubigerschutzverbänden die größte Insolvenz des Burgenlands, die es je gegeben hat. Zuletzt beliefen sich die Forderungen auf über 800 Mio. Euro. Die WKStA geht laut den Angaben von Montag von einem „Schaden in Höhe von 600 Millionen Euro“ aus.

Auf Basis der Ermittlungsergebnisse wurden andere Verfahrensstränge dann zum Teil eingestellt. Den Angaben zufolge gilt das unter anderem für die Ermittlungsverfahren gegen die beiden Bankvorstände sowie gegen einen der Unternehmer im Zusammenhang mit weiteren Kreditvergaben und Forderungsverzichten zum Nachteil der Bank und gegen die drei Unternehmer wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen im Zusammenhang mit der Insolvenz ihrer Unternehmen. Selbiges gilt etwa auch für ein Ermittlungsverfahren gegen drei Familienmitglieder eines der Unternehmer als Beteiligte an Untreue und Geldwäscherei.

Martin Pucher
APA/Robert Jäger
Pucher im Untersuchungsausschuss im Februar 2021

Ermittlungen gegen 35 Beschuldigte

Im Verfahrenskomplex Commerzialbank ermittelt die WKStA gemeinsam mit der SOKO Commerz und dem Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) zudem derzeit weiterhin gegen 35 Beschuldigte, darunter neun Verbände, unter anderem wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs, Untreue, betrügerischer Krida, Bilanzfälschung, Geldwäscherei und wegen diverser Korruptionsvorwürfe. Allein im Stammverfahren wird noch gegen 14 natürliche Personen und acht Verbände ermittelt.

Insgesamt sind im Commerzialbank-Komplex neben dem Stammverfahren derzeit fünf weitere Verfahren offen. Der Akt besteht mittlerweile aus 62 Bänden mit rund 2.200 Ordnungsnummern. Es wurden Daten im Ausmaß von 80 Terabyte sichergestellt, die teilweise noch ausgewertet werden. Zu den übrigen Faktenkreisen laufen die Ermittlungen noch. So sind etwa noch das Hauptgutachten sowie Gutachten zu weiteren Teilbereichen offen, hieß es am Montag.