Hans Peter Doskozil bei Martin Ganster im Interview
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Politik

Doskozil verteidigt Budgetpolitik

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat am Mittwoch in „Burgenland heute“ die Budgetpolitik der Landesregierung verteidigt. Entscheidend sei aus seiner Sicht der Darlehensschuldenstand des Landes.

Am Mittwoch begann im burgenländischen Landtag die zweitägige Debatte über den Landesvoranschlag 2023. Die Opposition sparte dabei nicht mit Kritik am Budget und der Finanzpolitik von Landeshauptmann Doskozil – mehr dazu in Budget: Kontroverse Debatte im Landtag. Mittwochabend nahm Doskozil in „Burgenland heute“ Stellung zu der geäußerten Kritik.

burgenland.ORF.at: Herr Landeshauptmann, die Schulden des Landes steigen. Nächstes Jahr sollen die Ausgaben höher sein als die Einnahmen. Eine Frage, die heute auch viele gestellt haben und die auch sonst viele stellen: Wer soll denn das alles bezahlen?

Hans Peter Doskozil: Man darf eines nicht vergessen: Wir lassen uns regelmäßig bewerten, wir haben Standard & Poor’s, die uns ständig auch im Budget begleiten. Wir haben positive Aussichten. Viele Länder machen das gar nicht mehr. Und auf der anderen Seite muss man sich, um auch das beurteilen zu können, das heurige Budget anschauen. Wir haben für das heutige Budget in der Prognose gehabt, dass wir 50 Millionen zusätzlich benötigen, also für das Budget 2022. Und wir haben es geschafft, dieses Budget ohne zusätzliche Darlehensaufnahme zu bewältigen, mit Zahlungsmittelreserven auf der einen Seite und auf der anderen Seite natürlich mit Einnahmen. Das heißt, wir werden für nächstes Jahr natürlich in der Budgetvorschau, in der Prognose, ein Defizit ausweisen, wie Sie dargestellt haben. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir auch korrespondierend dazu ein Darlehen aufnehmen müssen. Und das ist für mich der wesentliche Aspekt. Wie hoch ist der Darlehensschuldenstand des Landes? Der ist im heurigen Jahr gleich geblieben. Und ob er im nächsten Jahr auch gleich bleibt – das ist das Ziel – das werden wir sehen.

Hans Peter Doskozil bei Martin Ganster im Interview
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Landeshauptmann Doskozil im Gespräch mit Martin Ganster

burgenland.ORF.at: Sie sind hier offensichtlich zuversichtlich. Der Landesrechnungshof hat aber in seinem jüngsten Bericht zu den Finanzschulden des Landes kritisiert, dass fast die Hälfte aller Schulden nicht laufend zurückgezahlt werden, sondern eben erst am Ende der Laufzeit, also endfällige Kredite. Die Rückzahlung würde also auf künftige Generationen verschoben und es fehle eine Finanzierungsstrategie. Das sagt der Landesrechnungshof. Was entgegnen Sie?

Doskozil: Da kann ich auch den Bundesrechnungshof zitieren. Ich glaube, das ist doch eine renommierte Stelle. Und der Bundesrechnungshof hat klar der öffentlichen Hand vorgegeben und auch empfohlen, dass die Verschuldung, die Darlehensaufnahme über die österreichische Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) stattzufinden hat. Das ist die Empfehlung. Die OeBFA gibt nur mittel und langfristige Kredite zu den günstigsten Konditionen, die endfällig sind. Das sind Konditionen, die wir im privaten Markt gar nicht bekommen. Die haben auch den Vorteil, dass die Inflation über die Jahre konsumiert werden kann. Und wir haben nicht nur weit nach vorliegende endfällige Kredite, sondern die ersten werden auch schon in sechs bis sieben Jahren fällig. Und ich hoffe doch, dass ich beispielsweise in sechs sieben Jahren noch zu dieser Generation gehöre.

Hans Peter Doskozil bei Martin Ganster im Interview
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burgenland.ORF.at: Im Landtag ist heute – apropos Budgetausgaben – auch über den Ärztemangel gesprochen worden. Sie haben gemeint, dass an den Ärztegehältern ordentlich gedreht werden muss. Aber von welcher Größenordnung sprechen wir denn da? Um wieviel wollen Sie denn die Ärztegehälter anheben, damit der Beruf des Arztes im Burgenland tatsächlich attraktiv ist?

Doskozil: Wir haben derzeit die Situation, wo wir noch intensiv verhandeln müssen, auch mit unserer Personalvertretung: Wie wollen wir nächstes Jahr grundsätzlich die Gehaltserhöhungen gestalten? Da haben wir teilweise andere Vorstellungen als der Bund und da werden wir auch auf die niedrigen Gehälter besonders bedacht nehmen. Das ist mein persönliches Ziel. Und wir haben speziell eine Arbeitsgruppe schon seit Mitte des Jahres eingerichtet, um den Beruf des Arztes im Burgenland attraktiver zu machen. Da geht es um Ausbildung, da geht es um Angebote, da geht es auch um die finanzielle Abgeltung. Und unser Ziel ist es, dass wir mit Ende des Jahres fertig sein werden mit diesen Arbeitsgruppen. Die letzte Sitzung ist beispielsweise am 21 Dezember und ich hoffe, dass wir dann ein Ergebnis vorliegen haben, dass wir als Burgenland – in den burgenländischen Spitälern, aber auch im niedergelassenen Bereich – wenn es um Wochenenddienste geht, wenn es um Nachtdienste geht, attraktiv sind, dass Ärzte auch zu uns kommen.

Hans Peter Doskozil bei Martin Ganster im Interview
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burgenland.ORF.at: Bleiben wir gleich im Gesundheitsbereich. Viele Burgenländerinnen und Burgenländer werden sich vorige Woche geschreckt, als es aus Wien geheißen hat, dass man dort keine Gastpatienten aus anderen Bundesländern mehr aufnehmen möchte, nur mehr in Notfällen sozusagen. Sie haben ausrichten lassen, dass das noch überprüft wird und dass kein Grund zur Sorge besteht. Was sollen die Leute im Burgenland jetzt denken und vor allem, was sie jetzt tun? Halten die Termine im nächsten Jahr, die sie sich schon ausgemacht haben?

Doskozil: Also ich gehe auf jeden Fall davon aus, dass die Termine halten. Man darf nicht vergessen, es gibt korrespondierend dazu Zahlungsflüsse nach Wien, auch in andere Bundesländer, dort, wo es Gastpatienten gibt. Und es gibt bestehende Verträge. Und zum Dritten darf man eines nicht vergessen: Wir beginnen jetzt aktuell noch im Dezember die ersten Gespräche mit dem Finanzminister und es geht um den Finanzausgleich. Und ein zentraler Punkt im Finanzausgleich ist die Finanzierung der Krankenanstalten, des Gesundheitssystems. Und da positioniert sich natürlich jedes Land, weil jedes Land genau mit diesen Ausgaben zu kämpfen hat. Und aus meiner Sicht ist es eher eine Positionierung von Seiten Wiens für die Finanzausgleichs-Verhandlungen.

Hans Peter Doskozil zum Budget

Die Schulden des Landes Burgenland steigen, wer das bezahlen soll, erklärt Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ).

burgenland.ORF.at: Ganz kurz noch ein Wort zum Schengen-Veto Österreichs bezüglich Bulgarien und Rumänien. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner unterstützt das Veto, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig nicht. Wie ist da Ihre Linie?

Doskozil: Das kann man nicht einfach mit schwarz oder weiß beantworten. Ich war vor einigen Tagen in Ungarn beim ungarischen Innenminister. Und sogar der ungarische Innenminister hat die Meinung vertreten, dass die Schengen-Erweiterung speziell Richtung Bulgarien notwendig ist, wenn man die türkische Fluchtroute Richtung Bulgarien beachtet. Und zwar vor dem Hintergrund, dass man in weiterer Folge dann dort konzentriert an einer Stelle Grenzkontrollen durchführen kann. Nicht nur bulgarische Kräfte, auch ungarische Kräfte, möglicherweise auch österreichische Kräfte, die ja jetzt auch in Ungarn stationiert sind. Das wäre aus meiner Sicht durchaus ein viel effektiverer Grenzschutz und würde auch den Bedürfnissen der Wirtschaft, einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu haben, Rechnung tragen. Ich verstehe die Diskussion, aber man darf niemals vergessen wir kontrollieren jetzt Schengen-Grenzen. Wir haben Soldaten und Polizei an der Grenze – genau wie Ungarn, genau wie Bulgarien. Und wir haben Rekordaufgriffe in Österreich. Und ich glaube das wäre jetzt die Möglichkeit des Finanzministers gewesen, diese effektiven Grenzkontrollen in Bulgarien zu fordern und auf der anderen Seite auch die Verfahrenszentren einzufordern. Das wäre die richtige Forderung gewesen, die Innenminister Karner in Brüssel deponieren hätte sollen.

Das Interview führte „Burgenland heute“-Moderator Martin Ganster.

Schengen: Karner kontert Doskozil

Nach der Kritik Doskozils zum Schengen-Veto, meldete sich Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zu Wort und wies die Kritik zurück. Man habe bei der EU-Kommission effektive Grenzkontrollen und Verfahrenszentren, auch in Bulgarien, verlangt. Karner verwies auch auf einen Fünf-Punkte-Aktionsplan, der unter anderem bauliche Maßnahmen und Verfahrenszentren an der EU-Außengrenze vorsieht.