CMB Zivilrechtsprozess
ORF/Patricia Spieß
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Commerzialbank

CBM-Prozess: Privatkunden klagen Land

Am Landesgericht Eisenstadt hat am Dienstagvormittag der erste Prozess in der Causa Commerzialbank Mattersburg begonnen. Zwei Sparerinnen klagen das Land Burgenland. Dieses habe seine Pflichten als Revisionsverband vernachlässigt, argumentierte Anwalt Ernst Brandl, der die beiden Klägerinnen bei dem Zivilrechtsprozess vertritt.

Die Klägerinnen hatten jeweils mehr als die von der Einlagensicherung abgedeckten 100.000 Euro bei der Commerzialbank veranlagt. Sie habe einen Kaufvertrag für eine Eigentumswohnung unterschrieben und deshalb alle Ersparnisse auf ein Konto bei der Bank zusammengeführt, erzählte eine der Klägerinnen, eine 46-jährige Mattersburgerin, vor Gericht. Die Zahlung sei jedoch wegen Bauverzögerungen aufgrund der Coronaviruskrise noch nicht erfolgt – „und dann kam es zum 15. Juli“, sagte die Burgenländerin. Von 246.000 Euro habe sie rund 88.000 Euro bei der Bankenpleite verloren.

Etwa 20 Jahre lang war die Mattersburgerin laut eigenen Angaben Kundin bei der Commerzialbank. „Ich habe darauf vertraut, dass das Geld bei dieser Bank, von der man ja nur Positives gehört hat, sicher ist“, betonte sie.

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426.000 Euro verloren

Rund 426.000 Euro hat die zweite Sparerin, eine 72-jährige Ärztin, verloren. Sie sei 2013 zur Commerzialbank gekommen, weil ihr Steuerberater Kontakt zu jemandem in der Bank gehabt und diesen empfohlen habe. Die Commerzialbank sei ihr „in den rosigsten Farben“ geschildert worden. Auf drei Sparbüchern waren mehr als 600.000 Euro. Die Forderung habe sie, so wie die erste Klägerin, auch im Insolvenzverfahren angemeldet, sagte die 72-Jährige.

„Revisor prüft nicht die Bank, sondern die Genossenschaft“

Das Land Burgenland, vertreten durch Anwalt Johannes Zink und Rechtsanwaltsanwärterin Daniela Dworschak, weist die Vorwürfe zurück. Engelbert Rauchbauer, ehemaliger Chef der Finanzabteilung, betonte vor Gericht, dass das Land aus seiner Sicht nur die Aufgabe gehabt habe, einen Revisor für die Eigentümergenossenschaft der Bank zu bestellen und dessen Berichte entgegenzunehmen – was auch passiert sei. Ein Mitarbeiter habe sich angeschaut, ob es Einschränkungen beim Bestätigungsvermerk oder andere Bemerkungen des Revisors gebe. Auf die Frage, ob auch das Tochterunternehmen, also die Commerzialbank, in der Revision entsprechend berücksichtigt worden sei, sagte Rauchbauer: „Der Revisor prüft meiner Ansicht nach nicht die Bank, sondern die Genossenschaft. Eine Pflicht, die Commerzialbank zu prüfen, haben wir nie gesehen beim Revisor.“

Umgang mit Revisionsbericht

Vorgaben und Richtlinien, wie mit dem Revisionsbericht umzugehen sei, habe es nicht gegeben. „Die Vorgabe war, zu sehen, ob es einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk gibt“, sagte Rauchbauer. Ein solcher sei immer erteilt worden. Die Richterin wollte wissen, ob man in der Finanzabteilung der Ansicht gewesen sei, man müsse den Revisionsbericht prüfen. „Nicht wirklich. Es ging darum, ihn anzusehen“, sagte Rauchbauer.

Mitarbeiter mit einer speziellen Ausbildung oder Erfahrungen im Bereich der Revision habe es im Land seines Wissens nach nicht gegeben. Teilweise habe man auf externe Berater zurückgegriffen. 2012 habe eine Mitarbeiterin angeregt, dass bei der Genossenschaft tiefer geprüft werden müsse. Er habe sie daraufhin an Berater verwiesen, was weiter passiert sei, wisse er nicht, sagte Rauchbauer.

Land wollte Tätigkeit als Revisionsverband beenden

Im Jahr 2015 unternahm das Land dann einen Versuch, die Tätigkeit als Revisionsverband loszuwerden. Bei der Durchforstung der Landesaufgaben habe man festgestellt, dass diese einen Fremdkörper in der Verwaltung darstelle. Letztlich sei die Auslagerung aber nicht geglückt und die Tätigkeit weiter beim Land geblieben. Sie wurde laut Rauchbauer unverändert weitergeführt. Er habe nie Zweifel an der Gebarung der Commerzialbank gehabt und auch keinen Grund gesehen, die Fähigkeit der Wirtschaftsprüfer von TPA anzuzweifeln.

Unverständnis bei der Richterin

Ähnliches erzählte auch jener Mitarbeiter, der die Revisionsberichte von 2007 bis 2018 durchgesehen hat. Er habe die Berichte auf Auffälligkeiten und Ungereimtheiten geprüft, sie seien immer einwandfrei gewesen. Geschäftsberichte der Commerzialbank habe er dazu nicht herangezogen. Er sei auch nicht der Ansicht, dass sich der Revisor mit der Bank auseinandersetzen müsse, sagte der Beamte. Die Richterin betonte, dass sie diesen Ansatz nicht verstehe und seine Argumentation, warum die Revision sich nicht auch auf Tochterunternehmen zu erstrecken hat, nicht nachvollziehen könne. Der Mitarbeiter sah das Land dafür aber nicht zuständig.

Gebarung der Genossenschaft

Die Finanzabteilung habe auch Jahresberichte der Commerzialbank bekommen – wie Werbebroschüren hätten diese ausgesehen. Sie seien aber nie zeitgleich mit dem Revisionsbericht vorgelegen. „Und das haben Sie sich nie angeschaut?“, wollte Brandl wissen. „Ich hab es überflogen“, antwortete der Beamte. Er sei auch der Meinung, dass es einen Revisionsvertrag direkt zwischen Wirtschaftsprüfer TPA und der Genossenschaft gegeben habe – den habe er aber nie gesehen. Warum das Land die Tätigkeit als Revisionsverband übernommen habe, könne er nicht sagen. Zweck sei es aus seiner Sicht aber, „die Gebarung der Genossenschaft zu prüfen, um sie im Extremfall vor einem finanziellen Ruin zu bewahren“.

Nach den vier Zeugenbefragungen wurde die Beweisaufnahme am Donnerstagnachmittag abgeschlossen. Das Urteil ergeht schriftlich.