Stefan Pichler zu Gast in Burgenland heute zum Commerzialbank Skandal Mattersburg
ORF
ORF
Wirtschaft

WU-Experte zur Causa Commerzialbank

Stefan Pichler vom Institut für Bank- und Finanzwirtschaft der Wiener Wirtschaftsuniversität WU wunderte sich im „Burgenland heute“-Interview, dass die Täuschungen in der Commerzialbank nicht früher aufgefallen sind. Es sei aber noch zu früh, um von einem Systemversagen zu sprechen.

Schon relativ kurz nach dem Auffliegen des Commerzialbankskandals war klar, dass die Bilanzfälschungen wohl schon von rund drei Jahrzehnten ihren Anfang genommen haben – mehr dazu in Commerzialbank: Malversationen schon in 1990ern. Seither stellt sich immer wieder die Frage, ob in diesem Kriminalfall das ganze Bankenaufsichtssystem versagt hat.

Wirtschaftsprüfer hätte Fälschungen entdecken müssen

„Es wundert mich auch sehr, dass das so lange nicht aufgefallen und dadurch der Schaden so groß geworden ist, es ist aber noch viel zu früh, um hier von einem kompletten Systemversagen zu sprechen“, sagte Stefan Pichler von der Wirtschaftsuniversität Wien im „Burgenland heute“-Interview. Auffallend sei aber auf jeden Fall, dass die Wirtschaftsprüfungskanzlei nicht früher darauf gekommen ist.

Talk mit Stefan Pichler

Stefan Pichler spricht über den Fall Commerzialbank. Er ist vom Institut für Bank- und Finanzwirtschaft der WU-Wien.

Bei großen Salden-Bestätigungen hätte man nachtelefonieren können, denn Dokumentenfälschungen habe es früher in anderen Fällen ja auch schon gegeben. Hätte man das gemacht, wäre man irgendwann draufgekommen. „Also entweder man hat das unterlassen oder die Täuschungen waren so gut, dass man auch über diese Hürde drüber gekommen ist“, so Pichler – mehr dazu in Wie fälschte die Commerzialbank Belege?.

Dass es eine Haftung etwa der Finanzmarktaufsicht oder der Nationalbank geben könnte, sei nicht vorstellbar. „Das würde ich mir als Steuerzahler auch nicht wünschen“, so Pichler. Die gesetzliche Grundlage für beide Institute sei die Erhaltung der Finanzmarktstabilität. Die Insolvenz einzelner Banken zu verhindern würde aber nicht das primäre Ziel sein. Theoretisch könnte es möglich sein, dass es ein Versagen der Aufsicht gegeben habe, aber generell sei das nicht Sache der Bankenaufsicht, sagte Pichler.

Ratingagenturen und Haftungsverbände

„Wenn man einen Betrag anlegt, der über die 100.000 Euro die durch die Einlagensicherung gedeckt sind hinaus geht, muss man ganz genau hinschauen, welche Bonität die Bank hat“, so Pichler. Für jene, die das nicht tun wollen oder können, sei es das Beste, das Geld auf mehrere Banken aufzuteilen. Viele Sparer und Großanleger hätten sich in diesem Fall Verluste erspart. Für einen Einzelnen sei es natürlich schwer eine Bonitätsprüfung durchzuführen. Man könne sich aber auf die Bonitätsprüfung von anderen, etwa externen Ratingagenturen, verlassen.

Viele Banken hätten sich aber auch zu Haftungsverbänden zusammengeschlossen, wo dann die Banken füreinander haften bevor Anleger und Sparer zu Schaden kommen würden. Im Zweifelsfall solle man also eher zu einer Bank gehen, die auch in einem besseren Haftungsverbund drinnen ist oder so groß ist, dass auch entsprechende Ratingagenturen darauf schauen, sagte Pichler.