Der Pfarrhof von Walbersdorf wurde im Sommer für zehn Tage zum Heurigenlokal. Chef war Pfarrer Günther Kroiss, er dirigierte seine Schützlinge durch Küche, Schank und Hof. Der Pop-up-Heurige gehörte zum sozialpädagogischen Beschäftigungsprojekt „Savio“, das Günther Kroiss ins Leben gerufen hat. Maturanten vor dem Bundesheer arbeiteten hier genauso wie etwa ehemalige Drogenabhängige oder junge unbegleitete Flüchtlinge. Die jungen Leute fanden hier nicht nur Ausbildung und Arbeit, sondern auch Orientierung. „Also das Savio ist ein Kreisverkehr und du merkst, wie viele Möglichkeiten es gibt irgendwo rauszufahren. Du fährst also so lange, bis dir irgendwann klar ist, was du probieren willst. Und wenn alles gut geht, fährst du nicht dort raus, wo du reingefahren bist bist“, so Kroiss.

Jugendlichen Struktur und Sicherheit bieten
Der Verein „Savio“ betreibt in Mattersburg eine Cafe-Bar. Die Gastronomie mit ihren vielfältigen Anforderungen ist für Günther Kroiss, selbst Wirtssohn aus Illmitz, ein ideales Betätigungsfeld für seine Klienten: „Eigentlich ist das schon von zuhause gekommen, weil meine Mutter auch immer wieder Jugendliche aus dem Dorf angestellt hat, wo sie gewusst hat, die brauchen mehr als einen Job, die brauchen regelmäßig ein warmes Essen, die brauchen eine Struktur und die brauchen Sicherheit.“

Das Gespräch alleine reicht nicht
Schon während seiner Schulzeit fand Günther Kroiss auch ein geistliches Vorbild: „Das war Don Bosco, der sich sehr um Jugendliche gekümmert hat – mit sehr praktischen Dingen, weil er hat das ja auch so gemacht, dass er Werkstätten eingerichtet hat, dass er geschaut hat, dass sie was lernen – also nicht nur das Gespräch, sondern das ganze Erden.“
Sendungshinweis
Heimat großer Töchter und Söhne, 26.10.21, 22.43 Uhr, ORF2
Der Herrgott hat uns Hirn und Hände gegeben
Günther Kroiss ist hauptberuflich seit mehr als 20 Jahren römisch-katholischer Priester. Zur Zeit betreut er fünf Pfarren im Bezirk Neusiedl am See. „Beten alleine ist wichtig, weil man braucht die guten Ideen, man brauch die Zeichen, aber die muss man dann auch umsetzen. Also nur beten und glauben, das wird alles von alleine gehen, wird zu wenig sein. Ich glaube, der Herrgott hat uns ein Hirn gegeben, damit wir uns anstrengen und selber auf Ideen oder Lösungen draufkommen, und er hat uns zwei Hände gegeben, damit wir das auch umsetzen können.“

Es geht um gute Beziehungen
Wie sein Vorbild Don Bosco, widmet er sich also vor allem jungen Menschen. Sein erstes großes Projekt war vor gut zwei Jahrzehnten ein Verein namens „2getthere“. Die Idee: ältere Schülerinnen und Schüler unterstützen jüngere. „Die Nachhilfe ist ja eigentlich das Werkzeug für etwas anderes: Es geht ja an und für sich um Beziehung. Und jeder Mensch brauch gute Beziehungen, und die sollen stabilisieren.“

Ein Flow, ein Spirit, ein heiliger Geist
Mit dem Verein „Savio“ ist Günther Kroiss auch im Ausland tätig. Unter anderem unterstützt er Kriegsweisen in der Ostukraine oder bedürftige Kinder in Rumänien. Der Heurigen im Sommer in Walbersdorf war ein großer Erfolg, für die zahlreichen Gäste und für die fleißigen Mitarbeiter: „Der Heurige ist dann ein Erfolg, wenn viele Leute da sind, wenn sie sich wohlfühlen und wenn es den Burschen und Mädchen taugt, und wenn so ein Flow da ist, ein Spirit, und den kannst du nicht machen, der passiert nur dann, wenn viele gute Menschen da sind und viele gute Menschen zusammenarbeiten. Das nennt man dann heiligen Geist“, so Kroiss – ein lächelndes „Amen“ konnte er zum Schluss nicht mehr zurückhalten.