Ein karger Bühnenraum mit Türmen aus aufgeschichteten Aktenkartons. Frühstück spielt, wie immer barfuß, eine romantische Melodie auf einem Bösendorfer-Flügel. Aulitzky in schwarzem Anzug und weißem Hemd zählt heiter Parkanlagen und Erholungszonen samt dazugehöriger Wiener Adressen auf, mit dem ernüchternden Schlusssatz: „Aufenthalt für Juden hier überall verboten.“ Der Beginn dieser 70 Minuten dauernden Tour de Force durch den Wahnsinn der NS-Tötungsmaschinerie.
Simple Listen, Verordnungen, Verbote, Statistiken, aber auch Aussagen von Tätern und Briefe von Opfern als Dokumente der Holocaust-Bürokratie. Von Aulitzky teils leise, teils explosiv und teils mit Megafon schreiend vorgetragen. Und dazu Frühstück, die am Flügel nicht nur mit den Tasten spielt, sondern das Instrument als Ganzes einsetzt, malträtiert und den Soundtrack zum Schrecken liefert, bis hin zum rhythmischen Klappern mit dem Klavierdeckel als Begleitung zu Vollzugsmeldungen aus dem Vernichtungslager.
Sprache genügt, um das Grauen verständlich zu machen
Bäcker hat diese „nachschrift“ 1986 verfasst. In Analogie zu Hannah Arendts „Banalität des Bösen“ wollte er zeigen, dass es genügt, die Sprache der Täter und Opfer zu zitieren, um das Grauen verständlich zu machen. Inszeniert hat die intensive Bühnenfassung als Sprachoper Regisseur Bernd Liepold-Moser. Ausgestattet wurde sie von Aurel Lenfert. Die fesselnde und gleichzeitig beklemmende Performance endet damit, dass Aulitzky rund um den Flügel eine Mauer aus den Karteikartons aufbaut – die Musik wird immer leiser und erstirbt. Dunkelheit. Erst nach einer Minute Stille folgt begeisterter Premierenapplaus.
„nachschrift“, eine Sprachoper nach Heimrad Bäcker, läuft noch bis 18. November im Theater Nestroyhof Hamakom in Wien.