Commerzialbank
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VfGH: Bund haftet gegenüber CB-Kunden nicht

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in der Causa Commerzialbank Mattersburg entschieden, dass der Bund nicht für Schäden haftet, die Kunden durch die Insolvenz einer Bank erlitten haben. Das wurde am Dienstag in einer Aussendung mitgeteilt.

Diese Regelung sei verfassungskonform, es bestehe keine Amtshaftung gegenüber geschädigten Bankkunden, hieß es in der Aussendung. Die Bankenaufsicht solle den Finanzmarkt schützen und nicht den einzelnen Anleger.

Klagsanträge abgewiesen

Rund 30 ehemalige Kunden der Commerzialbank hatten Amtshaftungsklagen gegen den Bund und Anträge auf Aufhebung der Bestimmung, wonach die Republik gegenüber Kunden nicht hafte, eingebracht, weil sie diese für verfassungswidrig hielten. Der VfGH wies diese Anträge nun ab. Die Entscheidung wurde den Betroffenen am Dienstag zugestellt. Auch das Land Burgenland hatte den Bund über die Energie Burgenland und das Regionalmanagement (RMB) geklagt und eine Prüfung der Bestimmung angeregt – mehr dazu in Land klagt Republik nun auch via RMB

Der VfGH begründete seine Entscheidung damit, dass das Finanzmarktaufsichtsrecht darauf abziele, das ordnungsgemäße Funktionieren des Finanzmarktes zu gewährleisten. Den Kunden solle so Vertrauen in das System ermöglicht werden. Ziel sei es aber nicht, die einzelnen An- und Einleger schadenersatzrechtlich vor Aufsichtsfehlern zu schützen, hieß es.

Bericht VfGH zu Commerzialbank
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Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat entschieden, dass der Bund nicht für Schäden haftet, die Kunden durch die Insolvenz einer Bank erlitten haben.

VfGH: Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt

Die Bestimmung verletzt laut VfGH den Gleichheitsgrundsatz nicht und ist folglich nicht verfassungswidrig. Anspruch auf Amtshaftung hätten lediglich Banken und Unternehmen, die der Aufsicht unterliegen. Die Klagen von Kunden gegen den Bund, wie etwa vom Land Burgenland, haben daher keine Aussicht auf Erfolg.

Peschorn: VfGH-Klarstellung „erfreulich“

Der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, sagte gegenüber der APA, die Klarstellung des VfGH sei aus Sicht der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erfreulich und gehe über den Kriminalfall der Commerzialbank Mattersburg hinaus. Auch Anleger, die von einem Fonds oder einer Versicherung geschädigt würden, könnten nun nicht mehr aus der Aufsichtstätigkeit der FMA und OeNB Amtshaftungsansprüche gegen die Republik Österreich ableiten. In der Causa Commerzialbank sind gegen die Republik Österreich derzeit 42 Amtshaftungsklagen anhängig, mit denen insgesamt Schadenersatz in Höhe von knapp über einer Milliarde Euro aus der Staatskasse gefordert wird. In 22 Fällen gibt es bereits eine erstinstanzliche Entscheidung. Bisher wurden alle Klagen abgewiesen.

Bestimmungen 2008 geschaffen

Die Bestimmung im Finanzaufsichtsgesetz, dass der Staat nicht für Schäden von Anlegern haftet, wenn eine Bank insolvent ist, wurde 2008 angesichts der Finanzkrise und zahlreicher Anlegerskandale vom Gesetzgeber geschaffen. Gleichzeitig wurde damals die Einlagensicherung bei Banken auf 100.000 Euro aufgestockt.

Finazmarktaufsichtsbehördengesetz
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Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz

Doskozil: Land prüft Gang zum EuGH

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sieht den Weg zu einer Amtshaftung durch die Republik aber „nicht verschlossen“. Der VfGH habe lediglich einen Passus des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes geprüft. Zum einen gebe es aus seiner Sicht aber auch andere Organe, denen man Kontrollversäumnisse vorwerfen könne, zum anderen bleibe noch der Gang zum EuGH. Diese Option werde das Land prüfen. „Es kann nicht sein, dass sich der Bund wegduckt und 10.000 Sparer durch die Finger schauen, obwohl Versäumnisse von Bundesbehörden offensichtlich sind“, betonte Doskozil.

Zink: Gesetzgeber müsse bessere Lösungen finden

Anwalt Johannes Zink, der das Land Burgenland in der Commerzialbank Causa vertritt, findet es unverständlich, dass durch die VfgH-Entscheidung zwar die Bank geschützt wird, aber nicht der einzelne Kunde. „Das führt dazu, dass dann, wenn ein Unternehmer zum Straftäter wird, und Gelder von Kunden einsammelt, zwar absurderweise dieses Unternehmen, die Bank geschützt ist, nicht jedoch der einzelne Sparer, der im Vertrauen darauf, dass die Finanzmarktaufsicht auch auf diese Gelder aufpassen wird, sein Geld in diese Bank gelegt hat“, so Zink.

Der Gesetzgeber sei gefordert hier für die Zukunft bessere Lösungen zu finden, sagte Zink. Er will für das Burgenland trotz der VfGH-Entscheidung weiter versuchen die Republik haftbar zu machen und die Nationalbankprüfer ins Visier nehmen.

Commerzialbank Hirm
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Kritik von ÖVP und FPÖ

ÖVP-Klubobmann Markus Ulram sprach hingegen von einer „Abfuhr“, die der VfGH dem Land erteilt habe, und forderte die SPÖ Burgenland dazu auf, „endlich selbst für Aufklärung zu sorgen“. Kritik kam am Dienstag auch von der FPÖ: Obmann Alexander Petschnig sagte, dass schon vor einem Jahr im Untersuchungsausschuss sonnenklar gewesen sei, dass der Bund nicht für die Fehler von Vorständen, Aufsichtsräten und Abschlussprüfern haften werde.

Auch der Anwalt Ernst Brandl hatte sich in der Causa an den VfGH gewandt hatte. Er erklärte gegenüber der APA am Dienstag, man akzeptiere die Entscheidung, teile die Ansicht des Gerichtshofs aber „naturgemäß nicht“. Die Aufsicht habe die Machenschaften des Bankvorstands jahrelang ignoriert und dadurch Menschen, die im Vertrauen auf die Aufsicht ihre Ersparnisse bei einer Bank eingelegt hatten, enttäuscht. Auch widerspreche es dem „Mission Statement“ der FMA, wonach der Schutz der Anleger ein wesentlicher Teil der Aufgabe der FMA sei.