Commerzialbank in Mattersburg
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Wirtschaft

Commerzialbank: Aufsichtsrat weist Vorwürfe zurück

Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, hat Dienstagfrüh scharfe Vorwürfe gegen den Aufsichtsrat der Commerzialbank Mattersburg erhoben. Jetzt wehrte sich erstmals ein Aufsichtsrat im Interview mit Ö1.

Peschorn sagte Dienstagfrüh im Interview mit Ö1, dass der Geschäftsleitung und dem Aufsichtsrat wahrscheinlich aufgefallen sei, was in der Bank passiert, aber sie hätten anscheinend kriminelle Energie in Bilanzfälschungen gesteckt – mehr dazu in Commerzialbank: Republik rechnet mit langwierigen Verfahren.

„Wir sind jetzt die Depperten“

Der Gastwirt und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Wilhelm Grafl aus Schattendorf sagte, der Aufsichtsrat habe sich auf Wirtschaftsprüfer, Nationalbank und Finanzmarktaufsicht (FMA) verlassen und nichts gewusst von Whistleblower-Anzeigen. Man habe nur das zu sehen bekommen, was gezeigt werden wollte, so Grafl. „Und wir sind jetzt die Depperten. Dort wo wir uns auf die Profis verlassen haben, auf die TPA, auf die Nationalbank und auf die FMA, und die haben immer eine weiße Weste bescheinigt. Das Problem ist, dass uns die FMA im Aufsichtsrat nicht informiert hat, dass es hier Verdachtsmomente gibt“, sagte Grafl.

„Warum soll uns etwas auffallen, wenn Profis nicht dahinterkommen?“

Die Prüfung 2015 sei dem Aufsichtsrat als „normale“ Prüfung gemeldet worden, nicht als eine Prüfung mit besonderem Anlass, so Grafl. „Dass hier Whistleblower dahinter waren, ist nie ein Thema gewesen“, so Grafl. „Warum soll uns etwas auffallen, wenn nicht einmal Profis draufkommen, dass hier kriminelle Machenschaften dahinter sind?“, so der stellvertretende Aufsichtsratschef der Commerzialbank im Gespräch mit Bernt Koschuh von Ö1.

Schadenersatzklagen möglich

Auf den Aufsichtsrat könnten allerdings Schadenersatzklagen zukommen – vor allem aber auch gegen die Republik – wegen angeblichen Kontrollversagens. Peschorn wies im Ö1-Morgenjournal aber auf ein Gesetz hin, dass solche Klagen vielleicht unmöglich macht. Im Paragrafen drei des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz steht nämlich, dass der Bund für Schäden durch Fehler der Finanzmarktaufsicht nur gegenüber Banken haftet – also nur gegenüber den geprüften Rechtsträgern. Das ist eine Passage, die 2008 in das Gesetz eingefügt wurde und den Staat vor Schadenersatzklagen in Höhe von Hunderten Millionen schützen soll. Ernst Brandl, einer der Anwälte, die Großgeschädigte der Commerzialbank vertreten, bestätigte das: „Also ich würde nicht sagen, dass wir keine Chance haben, allerdings ist das natürlich eine Hürde, über die wir springen müssen.“

Gang zum Verfassungsgerichtshof für Geschädigte

Die Geschädigten werden wohl früher oder später zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) gehen müssen, wenn sie den Bund, die Republik, erfolgreich klagen wollen. Anwalt Brandl sagte: „Natürlich, diese Schleife wird man einbauen müssen, es verlängert die Sache. Aber ich glaube, dass das Ganze gegen die Verfassung verstößt, dass das eine sehr zweifelhafte Regelung ist, den Bund von der Haftung für das Fehlverhalten einer Behörde auszunehmen. Ich glaube, dass das eine Auswirkung hat auf die Arbeitsweise der Behörde, wie man ja auch gesehen hat.“

Kunden, die bis zu 100.000 Euro in der Bank liegen hatten, werden ohnehin entschädigt. Größere Gläubiger, die müssten vor Klagen gegen den Bund oder im Zuge von Amtshaftungsklagen gegen den Bund erst einmal erreichen, dass der VfGH diese Regelung aufhebt. Anders schaut es laut dem Rechtsanwalt aus, wenn man das Land Burgenland klagen will. Das Land hatte auch eine gewisse Kontrollaufgabe nämlich über die Genossenschaft, der die Bank gehört. Allerdings will SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ja ebenfalls den Bund auf Amtshaftung klagen – und da wird wohl auch er den Weg über den VfGH gehen müssen.