Die fünf beteiligten Firmen müssen Verbandsgeldbußen von bis zu 29.200 Euro zahlen. Die acht Angeklagten hatten sich vor Gericht geständig gezeigt. Dass die Angeklagten weder finanziell davon profitiert noch die Auftraggeber geschädigt haben, sei bei der Festlegung der Strafen mildernd berücksichtigt worden, erläuterte Richterin Birgit Falb. Es handle sich aus ihrer Sicht um „moderate Strafen“, die je nach Einkommen unterschiedlich hoch ausfallen – von 4.800 über 28.800 bis zu 75.000 Euro. Der Gewerbeverlust wird bei allen unter einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Die Verbandsgeldbußen für die fünf Unternehmen variieren von 3.000 bis 29.200 Euro. Auch diese seien mild bemessen, „weil ich dem Rechnung tragen will, mit welchen Problemen Sie sich derzeit herumschlagen in der Baubranche“, sagte Falb.
83 Vergabeverfahren betroffen
Das österreichweite Baukartell mache auch vor dem Burgenland nicht halt, so begann die Staatsanwältin am Dienstag beim Prozess am Landesgericht ihre Ausführungen. Die acht angeklagten Vertreter von Baufirmen hätten bei 83 Vergabeverfahren zwischen 2012 und 2017 durch Absprachen den Wettbewerb eingeschränkt. Betroffen waren großteils Projekte von gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaften, aber auch von Städten, Gemeinden sowie privaten Auftraggebern zwischen 2012 und 2017.
Die Tatbestände folgten immer dem gleichen Schema: Die Angeklagten gaben zum Schein Angebote für Bauaufträge ab, die sie, weil sie zu groß waren, gar nicht machen wollten. Der Grund: Sie befürchteten, dass sie beim nächsten Mal nicht mehr zur Anbotslegung eingeladen worden wären, wenn sie ein paar Mal nicht mitgeboten hätten. Das Problem: Von diesem Verhalten profitierte der Baukonzern TEERAG-ASDAG, der sich intensiv um die Aufträge bemüht hatte.
Staatsanwaltschaft lehnte Diversion großteils ab
Die Staatsanwaltschaft gestand den Angeklagten zu, dass sie keine Schwerverbrecher seien. Die von den Verteidigern geforderte Diversion, also eine Entscheidung ohne strafrechtliche Verurteilung, gestand die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aber nur einem Angeklagten zu. Das Verhalten der Unternehmer dürfe nicht bagatellisiert werden, allein wegen der großen Anzahl an Fällen, hielt die Staatsanwältin fest.
Wutzlhofer: Mandanten profitierten wirtschaftlich nicht
Im Burgenland wurden gegen einen Baumeister, einen Gesellschafter und sechs Geschäftsführer von Baufirmen Strafanträge eingebracht. Zwei von ihnen wurden von Rechtsanwalt Johannes Wutzlhofer vertreten. Er hatte in einem Interview mit dem ORF Burgenland vor dem Prozess betont, dass seine Mandanten vergleichsweise kleine Fische seien. Sie hätten keines der Bauverfahren, die angezeigt seien, tatsächlich ausgeführt und wirtschaftlich in keinster Weise von Absprachen profitiert.
Ermittlungen seit 2016
Die Ermittlungen in der gesamten Causa Baukartell starteten bereits 2016. In Kärnten wurde bei der Firma Kostmann – einer der späteren Kronzeugenfirmen – ein Ordner gefunden, der die Sache auffliegen ließ.
„In diesem Ordner befanden sich vor allem handschriftliche Notizen mit den Worten Abtausch, mit einem gewissen Punktesystem, also sehr schwer verständlich eigentlich“, erläuterte die Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf-Borsch, im Ö1-Morgenjournal am Dienstag. Die Ermittler hätten die eigene Sprache der Baufirmen für die kriminellen Machenschaften „erst lernen“ müssen. Wenn von „Enten“ die Rede war, so handelte es sich dabei etwa um zu teure Scheinangebote.
Unverständnis bei VIBÖ
Die Vereinigung Industrieller Bauunternehmungen Österreichs (VIBÖ) reagierte mit Unverständnis auf die genannten Schadenswerte: „Angesichts der aktuellen Berichterstattung zum Thema Baukartell sind wir sehr verwundert über die im Raum stehenden Behauptungen zum Schaden. Die genannten Summen sind aus der Luft gegriffene Phantasiezahlen, entbehren jeglicher Basis und sind in keinster Weise nachvollziehbar“, teilte VIBÖ-Präsident Peter Krammer der APA am Dienstagnachmittag mit. Die Bauindustrie stehe zu ihrer Verantwortung. „Wir haben unser Fehlverhalten aufgearbeitet und Vorsorgen getroffen, um in Zukunft derartige Vorfälle zu verhindern.“ Die VIBÖ-Mitglieder seien compliance-zertifiziert, „um sicherzustellen, dass derartige Vorfälle der Vergangenheit angehören“.
„Wir befinden uns aktuell mit einigen Auftraggebern in Gesprächen über mögliche Schadenersatzansprüche. Diese Gespräche verlaufen sehr konstruktiv, sind aber noch nicht abgeschlossen“, betonte Krammer. Die in den Medien kolportierten Zahlen entsprächen bei weitem nicht jenen Beträgen, die sich aus dieser „seriösen Aufarbeitung“ ergäben.