Herwig Udo Graf wurde 1940 in Wiener Neustadt geboren. Er studierte 1958–1964 an der Technischen Hochschule Wien. Nach Abschluss des Studiums und Tätigkeit in mehreren Wiener Architekturbüros kehrte Graf 1965 ins Burgenland zurück und startete seine Karriere in Mattersburg. In den 1970er-Jahren zählte das Büro Graf – neben jenem seines Kollegen Matthias Szauer – zum meistbeschäftigten des Bundeslandes.
Mehr als 300 Bauten und Projekte
Grafs Werk umfasst mehr als 300 Bauten und Projekte. Ein Schwerpunkt lag dabei im öffentlichen Sektor – vom Kulturzentrum über den Schulbau bis zum Gemeindeamt- und Verwaltungsbau. Bei seinen Bauvorhaben setzte er häufig neue Maßstäbe und brach mit bestehenden Konventionen. Besondere Bedeutung erlangten Graf und Matthias Szauer als Hauptvertreter des „Burgenländischen Brutalismus". Mit dem nach den Plänen Grafs in den 1970er Jahren errichteten Kulturzentrum Mattersburg erreichte der „Burgenländische Brutalismus“ seinen Höhepunkt.
Ab 2014 Diskurs über Brutalismus
Nachdem die großen öffentlichen Bauoffensiven im Burgenland Anfang der 1980er-Jahre zu Ende gegangen waren, zog sich Graf, der bis in die 2000er-Jahre sein Architekturbüro betrieb, vor allem auf das Feld des sozialen Wohnbaus zurück. Durch die Debatte über die Zukunft des Kulturzentrums Mattersburg setzte ab 2014 ein Diskurs über den Umgang mit den Bauten des Brutalismus ein, der über das Burgenland hinaus ging.
Im Jahr 2018 wurde vom Bundesdenkmalamt eine umfassende Inventarisierung der Nachkriegsarchitektur in Auftrag gegeben, in der Folge eine Reihe an Objekten unter Schutz gestellt. Heute stehen unter anderem die von Herwig Graf geplante ehemalige „Sauerbrunner Sparkasse“ in Mattersburg (1970–1972), die Leichenhalle Kaisersdorf (1972-1975) und die Volksschule Strem (1968–1973) unter Denkmalschutz. Ein Unterschutzstellungsverfahren für das Kulturzentrum Oberschützen (1977–1982) ist im Gange.
Doskozil: „Periode der Architekturgeschichte mitgeprägt“
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) zeigte sich am Donnerstag in einer Aussendung betroffen vom Ableben Grafs. „Herwig Graf hinterlässt ein umfangreiches Werk, das hunderte Bauten umfasst. Als Vertreter des Brutalismus hat er eine vielschichtige Periode der Architekturgeschichte mitgeprägt. Meine Anteilnahme gilt in diesen schweren Stunden besonders seinen Angehörigen“, so der Landeshauptmann.