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Gesundheit

Kinderliga fordert Kinderministerium

Der Wohnort darf nicht über Zugang zu Therapien für Kinder und Jugendliche entscheiden – das ist die Kernaussage des 14. Berichts der Österreichischen Liga für Kinder – und Jugendgesundheit. Noch immer gebe es regional große Unterschiede in der Verteilung der Versorgungsangebote, so die Kinderliga, die unter anderem ein Kinderministerium fordert.

Die Österreichische Liga für Kinder – und Jugendgesundheit ist ein interdisziplinäres Netzwerk mit über 100 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Gesundheitsversorgung, Kindeswohl, Bildung und soziale Integration. In ihrem aktuellen Bericht, analysiert die Kinderliga auf Basis von Daten der Österreichischen Gebietskrankenkasse (ÖGK) die Gesundheitsversorgungssituation in Österreich mit dem Fokus auf Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie.

„Wir vergeben immer wieder Chancen“

Zu oft hänge es vom Wohnort ab, wie schnell man einen Therapietermin bekommt, der auch von der Krankenkasse gezahlt wird. Die Angebote richten sich zumeist nicht am Bedarf, wenn man Gesundheitsrisiken wie Armutsgefährdung oder geringes Bildungsniveau, Arbeitslosenrate etc. berücksichtigt, sondern seien je nach Vertrags- und Verrechnungsmöglichkeiten historisch gewachsen, heißt es.

Die Wartezeiten betragen durchschnittlich vier bis sechs Monate. Das führt zu gesundheitlicher Chancenungleichheit, sagt Caroline Culen, Psychologin und Geschäftsführerin der Kinderliga: „Wenn wir aber sagen, das sind therapeutische Angebote für junge Kinder, im Vorschul- oder Volksschulalter, dann sind das wichtige Entwicklungsphasen – und wir wissen, welche Entwicklung ein Kind in einem halben Jahr durchmachen kann – dann vergeben wir immer wieder Chancen, zeitgereicht einzugreifen.“

Versorgungslandkarte im Bereich Physiotherapie
Österreichische Kinderliga

West-Ost-Gefälle bei Physiotherapie

Bei der Physiotherapie sei ein starkes West-Ost-Gefälle bemerkbar, heißt es in dem Bericht. Pro 1.000 Kinder und Jugendliche sind es im Burgenland durchschnittlich 156,6 mit der Sozialversicherung abgerechnete Stunden. Das ist österreichweit der vorletzte Platz.

Um den angegebenen überschüssigen Bedarf zu decken, müssten jährlich zusätzlich etwa 12 Prozent an verrechneten Stunden abgegolten werden, heißt es im Bericht. „Wir wünschen uns die Einbindung von Physiotherapeutinnen und – therapeuten in den Bewegungsalltag von Kindern sowie den direkten Zugang zur Physiotherapie, um eine niederschwellige und ökonomische physiotherapeutische Versorgung zu gewährleisten und die Familien und das System zu entlasten“, sagt Constance Schlegl, Präsidentin von Physio Austria und fordert die Anbindung der Physiotherapie an ELGA.

Versorgungslandkarte im Bereich Logopädie
Österreichische Kinderliga

Tinhof: „Kassenverträge müssen nachgeschärft werden“

Bei der Logopädie liegt das Burgenland – mit im Schnitt 128 Stunden – an fünfter Stelle. Eleonora Tinhof, Leiterin des Kompetenzzentrums Freiberuflichkeit Logopädie Austria und Logopädin in Müllendorf, sagt, dass es mehr Anreiz für Berufseinsteigerinnen brauche. „Ich sehe da schon die Notwendigkeit, dass Kassenverträge nachgeschärft und attraktiver gestaltet werden müssen, als sie jetzt sind. Da geht es ums Geld, um die Honorierung der logopädischen Leistung, vielleicht geht es auch darum, dass jüngere Menschen einen leichteren Zugang zu einem Kassenvertrag bekommen“, erläutert Tinhof.

Versorgungslandkarte im Bereich
Österreichische Kinderliga

Ergotherapie: Sieben Monate Wartezeit

Bei der Ergotherapie liegt das Burgenland mit im Schnitt 128,0 mit der Sozialversicherung abgerechneten Stunden an dritter Stelle. Die durchschnittliche Wartezeit wurde bei der Ergotherapie mit rund sieben Monaten angegeben. „Eine Verbesserung der Situation könnte durch die Aufnahme ergotherapeutischer Leistung ins Mutter-Kind-Pass-Gesetz, durch die Umsetzung von schul- und kindergartenbasierter Ergotherapie, durch direkten Zugang von Ergotherapie und durch Aufnahme der Ergotherapie in die ELGA erzielt werden“, erklärt Ergotherapeutin Marion Hackl, Präsidentin des Berufsverbandes Ergotherapie Austria.

Kinderliga fordert eigenes Kinderministerium

Über ein Fünftel aller armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Menschen in Österreich sind Kinder, heißt es in dem Bericht. Sie haben damit deutlich weniger Startchancen, erklärt Christoph Hackspiel, Präsident der Österreichischen Kinderliga.

„Wir haben zwei große Forderungen, die über allem stehen, das eine ist, dass wir stärker wahrgenommen werden mit unseren Anliegen und am besten wäre das über ein eigenes Kinderministerium möglich. Kinder sind unsere Zukunft und repräsentieren einen großen Teil der Bevölkerung und haben keine eigene politische Vertretung. Wir fordern weiters, als eine der Sofortmaßnahmen, eine Kindermilliarde, die die oft mangelnde Versorgung, die wir in diesen Bereichen haben, beheben hilft“, so Hackspiel, der betont, dass Investitionen in Kinder und Jugendliche volkswirtschaftlich sinnvoll und nachhaltig seien.