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Geschichte

Misstöne um burgenländische Hymne

Nach Kritik an den Landeshymnen von Ober- und Niederösterreich, Kärnten und Salzburg hat die IG Autorinnen Autoren am Montag in einem offenen Brief eine neue Landeshymne für das Burgenland gefordert. Laut dem Historiker Herbert Brettl meldete sich deren Komponist Peter Zauner 1938 als NSDAP-Parteianwärter.

Zauner dürfte zwar kein künstlerischer NS-Propagandist gewesen sein wie der Salzburger Hymnen-Komponist, Ernst Sompek, sondern eher ein NS-Landwirtschaftsfunktionär, er habe aber seine Musik bzw. die seiner Kapelle in den Dienst der NS-Propaganda gestellt, so die IG Autorinnen Autoren. Für ihn gelte, was auf alle Hymnenkomponisten zutrifft – ihr Werk könne und solle sich weiter nach ihrem Wert behaupten. Um ein Bundesland der demokratischen Republik Österreich zu repräsentieren, sei es aber ungeeignet.

Notenbuch für Burgenländische Landeshymne
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Die Ablöse der bisherigen burgenländischen Landeshymne durch eine neue sollte laut IG Autorinnen Autoren leicht fallen, da diese auf ausdrücklichen Wunsch der österreichischen autoritären Ständestaatsregierung zustande gekommen sei und ihre Wiedereinsetzung 1949 mehr ihrer Abschaffung durch den NS-Staat als ihrer demokratischen Unanzweifelbarkeit geschuldet gewesen sei. Die Suche nach einer neuen Landeshymne würde dem Burgenland die Chance bieten, ein demokratisches, heutiges und zukunftsorientiertes Bild des Bundeslandes abzugeben, hieß es weiter.

Bild von Peter Zauner
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Peter Zauner

Doskozil: Wissenschaftliche Aufarbeitung wichtig

Aus dem Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hieß es Montagvormittag dazu, dass er dieses Schreiben „sehr ernst nehme“. "Es gilt daher jetzt, die wissenschaftliche Aufarbeitung der Biographie Peter Zauners zu intensivieren. Es besteht aber keinerlei Notwendigkeit, die Landeshymne selbst infrage zu stellen – sie war bisher ein Bestandteil der burgenländischen Identität, und sie sollte es auch bleiben“, so das Büro des Landeshauptmannes.

Man habe sofort Kontakt mit dem Historiker Herbert Brettl aufgenommen, der mit seiner Recherche die aktuelle Diskussion angestoßen habe. Dieser empfehle eine Kontextualisierung der Landeshymne, vor allem durch Ergänzung der Urheber-Biografien, sehe aber auch selbst keine Veranlassung zu einer Änderung oder Streichung.

Brettl sieht Zauner als „NS-Opportunisten“

Im Interview mit dem ORF Burgenland, sagte Brettl: „Peter Zauner hat sich im Dezember 1938 als Parteianwärter gemeldet bei der NSDAP. Er dürfte aber bis Ende des Krieges nicht aufgenommen worden sein, war aber sehr aktiv oder schon aktiv.“ So habe Zauner der Abteilung „Kampf dem Verderben“ – das sei eine Abteilung des Reichsnährstandes gewesen – angehört und diese auch kurz geleitet. Zauner habe die erste „Kraft durch Freude“-Fahrt mit seiner Musikkapelle begleitet. Das sei ein Aktions- und Freizeitprogramm für die Nationalsozialisten gewesen, dem im März 1938 500 Personen gefolgt seien. Es ging zur Messe nach Leipzig, bei der auch Adolf Hitler aufgetreten sei. „Also ich würde ihn nicht als Nazi bezeichnen, sondern als NS-Opportunisten“, erklärte Brettl.

Zauners Komposition wurde 1936 – also in der Zeit des Austrofaschismus – als burgenländische Landeshymne ausgewählt. Der Text von Ernst Görlich sei seiner Zeit geschuldet, so Brettl: „Er ist nicht faschistisch, nationalsozialistisch oder antisemitisch, sondern er ist pathetisch, so wie es damals eigentlich bei den meisten Hymnen gebräuchlich war. Heute braucht man einfach einen kritischen Blick auf die Entstehung und auf die beiden Gestalter.“ Es gebe einige Forschungen über Zauner und Görlich. Diese müssten zusammengeführt werden und gleichzeitig müsse die Entstehung der Hymne in deren Kontext gestellt werden. Eine neue Landeshymne brauche es seiner Meinung nach bezüglich des Textes nicht, so Brettl.

Steiger-Moser: Hymne mehrmals wiederbestätigt

Die Pöttschinger Historikerin Susanna Steiger-Moser bezog sich in einem Artikel in den „Pöttschinger Nachrichten“ im Herbst 2021 über die Geschichte der Landeshymne auf die Forschungsarbeit von Gerhard Winkler: „Die Hymne wurde noch 1936 formell beschlossen, sie galt jedoch nur zwei Jahre bis 1. Oktober 1938 – da wurde das Land Burgenland auf die Reichsgaue Niederdonau und Steiermark aufgeteilt. 1949 wurde die Hymne wiederbestätigt – mit Genehmigung des russischen Hochkommissariats, da sie keine mit ‚demokratischen Tendenzen unvereinbare Tendenz‘ enthalte, obwohl sie unter einem diktatorischen Regime entstanden war. Eine abermalige Wiederbestätigung der Hymne und der anderen Landessymbole fand im März 1971 und im November 1990 statt.“

Sagartz: „Hymne wichtiges kulturelles Erbe“

ÖVP-Landesparteiobmann Christian Sagartz betonte in einer Aussendung: „Die burgenländische Landeshymne ist kein politischer Spielball, sondern ein wichtiges kulturelles Erbe. Daher geben wir ein klares Bekenntnis ab, die Hymne muss bleiben.“

Petrik für neue Hymne

„Eine neue Hymne ist auch eine Chance, um zu zeigen, dass sich das Burgenland in 100 Jahren sehr viel weiter entwickelt hat. Das Burgenland hat noch einige braune Flecken und wenn diese in Zusammenhang mit der Landeshymne stehen, dann müssen diese Flecken entfernt werden“, forderte die Klubobfrau der Grünen Regina Petrik in einer Aussendung.

Petschnig gegen Änderung der Hymne

Die FPÖ sprach sich gegen eine Änderung der burgenländischen Landeshymne aus. „Mit uns wird es sicher keinen symbolischen Bildersturm Jahrzehnte nach der Einführung unserer Landeshymne geben“, so FPÖ-Landesparteiobmann Alexander Petschnig in einer Aussendung.