Lehrer in Schulklasse
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Bildung

Kritik: Zu wenig Lehrer, zu hohe Belastung

Lehrermangel und überlastetes Lehrpersonal sind aktuell in ganz Österreich ein Thema. Auch im Burgenland schlagen die Gewerkschaft und Personalvertreter der Pflichtschullehrer nun Alarm. Sie kritisieren, dass es nur auf dem Papier genügend Lehrer gebe.

Jeder fünfte Junglehrer, der in den vergangenen zwei Jahren eingestellt worden sei, habe noch keine Lehramtsprüfung gehabt, und die Belastung durch die wachsende Bürokratie sei für alle ein Riesenproblem, heißt es. Beispielhaft für die derzeitige Situation ist die Tätigkeit von Alfred Moser. Er unterrichtet seit einem Jahr an der Mittelschule in Kobersdorf (Bezirk Oberpullendorf) Englisch und Geschichte sowie als Fremdfach einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt.

Lehrer in Schulklasse
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Alfred Moser

In seinem ersten Jahr als Lehrer hat er sein Studium erst abgeschlossen und dann gleich – wie vorgeschrieben – das Masterstudium begonnen. Damit muss er neben dem Unterricht und verpflichtenden Fortbildungsmaßnahmen zusätzlich noch viele Kurse besuchen. Für den Junglehrer ein großes Arbeitspensum, daher hat er auf die halbe Lehrverpflichtung reduziert.

„Junglehrerinnen und -lehrer sind sehr belastet“

„Damit ist der Junglehrer nicht die ganze Woche für mich greifbar an der Schule. Zusätzlich ist natürlich auch bemerkbar, dass die Junglehrerinnen und Junglehrer sehr belastet sind. Sie brauchen viel Unterstützung“, sagt die Schulleiterin der Mittelschule Kobersdorf. Werba leitet neben der Mittelschule Kobersdorf auch noch die Volksschulen Kobersdorf und Oberpetersdorf.

Carina Werber an ihrem Computer
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Schulleiterin Carina Werba

Sie ist Ansprechperson für knapp 230 Kinder und deren Eltern sowie für 29 Lehrerinnen und Lehrer und verantwortlich für die Organisation und Verwaltung der drei Schulen. Ein Sekretariat hat sie nicht. Für sie ist die Antwort auf die Frage nach der größte Herausforderung in den Pflichtschulen klar. „Die Verwaltung. Eine Liste hier, eine Liste da. Ein Konzept ist hier zu erstellen, dann muss Feedback eingeholt werden. Es sind die vielen Nebengeräusche, die in einer Schule aufschlagen. Es bräuchte einfach viel mehr Unterstützungspersonal“, so Werba.

Lehrkräfte von Bürokratie „erschlagen“

Die Lehrerinnen und Lehrer können sich nicht mehr auf den Unterricht und die Erziehung der Kinder konzentrieren, sondern werden von der Bürokratie erschlagen, kritisiert auch die Personalvertretung der Pflichtschullehrer. Dazu komme noch der allgemeine Lehrermangel. „Die Belastung steigt enorm und das Personal wird uns in Zukunft fehlen. Noch mehr, als jetzt schon“, sagt Manuel Sulyok von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst.

Manuel Sulyok, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
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Manuel Sulyok

„Man stützt ein System in Schieflage“

„Der Lehrermangel bewirkt folgendes: Wir haben ja in der Mittelschule Doppelbesetzungen. Diese Doppelbesetzungen müssen aber oft aufgelöst werden, damit der Unterricht in anderen Klassen stattfinden kann. Man nimmt aber damit den Kindern der einen Klasse die Ressource weg und steckt sie in die andere Klasse. Somit stützt man ein System, das sich in der Schieflage befindet“, kritisiert auch Christoph Windisch vom Zentralausschuss der Pflichtschullehrer im Burgenland.

Christoph Windisch, Zentralausschuss Pflichtschullehrer Burgenland
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Christoph Windisch

Bildungsdirektion sieht keinen Lehrerengpass

Einen Lehrerengpass sieht man in der Bildungsdirektion Burgenland noch nicht, auch wenn laut Gewerkschaft jeder fünfte Junglehrer, der in den vergangenen zwei Jahren angestellt worden ist, mit seinem Studium noch nicht fertig war. Aktuell seien es im höheren Bereich und im Pflichtschulbereich zirka 50 Lehrerinnen und Lehrer, die noch im Studium stünden, erwiderte Jürgen Neuwirth von der Bildungsdirektion Burgenland.

„Wir reden da aber wirklich von knapp über einem Prozent der gesamten Lehrerinnen und Lehrer. Die Studenten, die wir einsetzen, sind kurz vor dem Abschluss. Das heißt, es ist nicht entscheidend, ob das Zertifikat jetzt da ist oder nicht. Sie werden nicht viel mehr qualifiziert werden, wenn sie kurz vor dem Bachelor stehen als danach.“

Jürgen Neuwirth, Bildungsdirektion Burgenland
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Jürgen Neuwirth

Die Lehrergewerkschaft fordert angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle in den nächsten Jahren auf jeden Fall Maßnahmen um das Image der Lehrer zu verbessern und den Beruf wieder attraktiver zu gestalten.