Die junge Frau stellt aufsehenerregende Forderungen. Marlene Engelhorn verlangt, dass reiche Menschen – wie sie selbst – deutlich mehr Steuern zahlen müssen: „Wenn ich jetzt auf die eine Seite falle und ich habe zu viel. Dann habe ich einen Exzess, der woanders fehlt. Das muss umgeschichtet werden. Das ist Aufgabe des Staates. Denn das ist legitimerweise und demokratischerweise der Dritte, der das machen kann.“
„Der Staat ist immer effektiver“
Die 31-jährige Germanistin ist Spross einer milliardenschweren Industriellen-Dynastie. Freiwillige Spenden von Superreichen sind für sie der falsche Weg. Sie erzählt von einem Beispiel: „Der Cousin meines Großvaters Curt Engelhorn hat in seinem Leben vielleicht 40 oder 50 Millionen Euro gespendet. Er hat aber auch beim Verkauf seiner Anteile von Boehringer Mannheim neun Milliarden gemacht, die er unversteuert bekommen hat. Das ist ein winziger Bruchteil. Wenn man ehrlicherweise runden würde, könnte man sagen, er hat nichts gespendet. Hätte der Staat von diesem Verkauf die Steuern abgezogen und hätte das nutzen können, um den Sozialstaat auszubauen, es wäre ein wesentlich höherer Betrag gewesen, als diese über die Lebenszeit aufgerechneten 40 oder 50 Millionen. Soll heißen: Der Staat ist immer effektiver, als irgendeine Spendenaktion von irgendeiner reichen Pappnase wie mir.“
Möchte auf Großteil des Vermögens verzichten
Engelhorn fordert nicht weniger als eine Umverteilung von Reichtum und Macht. Sie selber möchte auf mindestens 90 Prozent ihres zukünftigen Erbes im zweistelligen Millionenbereich verzichten. Das ist wohl für viele kaum vorstellbar, dass sich jemand freiwillig von so viel Geld trennt. „Ich glaube, das ist genau der Kernpunkt, das kann man gar nicht verstehen. Weil zwei Perspektiven sich einer Frage widmen: Wie viel ist eigentlich genug?“, sagt Engelhorn. Politisch ist es für Engelhorn erst genug, wenn Vermögen auf der ganzen Welt gerecht verteilt wird.