Das Justizzentrum bzw. Gericht in Eisenstadt
ORF.at/Michael Baldauf
ORF.at/Michael Baldauf
Chronik

Terrorprozess gegen Sohn von Hamas-Gründer in Eisenstadt

Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt hat den Sohn eines Gründers der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas angeklagt. Dem 40-Jährigen wird „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vorgeworfen. Er kam im Oktober 2021 als Asylwerber nach Österreich. Der Prozess soll im Februar starten.

Am Landesgericht in Eisenstadt laufen bereits Vorbereitungen für ein Sicherheitskonzept, um das Gericht an den Prozesstagen ab Ende Februar zu schützen. Der angeklagte Sohn eines Hamas-Mitgründers sitzt seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft. Er war kurz davor nach Österreich eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Dann dürfte die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) aber einen Hinweis erhalten haben.

Laut einem Bericht des „Standard“ wird dem 40-Jährigen vorgeworfen, dass er als „Geldsammler“ für die Terrororganisation Hamas aktiv gewesen sei und auch für neue Finanzkanäle gesorgt habe. Dem Vernehmen nach soll der Vorwurf auch lauten, er habe bis zum Jahr 2019 in mehreren Staaten Informationen und Dokumentationen für die Hamas besorgt – als würde er einem Hamas-Geheimdienst angehören.

Anwalt verweist auf hamaskritische Aussagen

Der Anwalt des 40-jährigen Palästinensers, Florian Astl, bezeichnet es allerdings als „Katastrophe“, dass der Mann seit über einem Jahr in Haft sitzt. Die Vorwürfe würden nämlich fast ausschließlich auf seinen eigenen Aussagen beruhen – unter anderem seinen Aussagen im Asylverfahren, die er gemacht habe, um in Österreich Asyl zu bekommen. Außerdem gab der Palästinenser im Jahr 2019 einem israelischen Journalisten ein Interview gegeben und kritisierte die Hamas darin erheblich – als „korrupt, rassistisch und terroristisch“. Er habe sich 2019 losgesagt von der Hamas, sagte er in dem Fernsehinterview. Hamas-Führer würden nämlich in der Türkei im Luxus leben, während die Bevölkerung im Westjordanland und im Gazastreifen in Armut lebt.

Leerer Saal im Landesgericht
ORF
Der Prozess soll im Februar in Eisenstadt stattfinden

In diesem Interview gab er auch selbst an, seine Aufgabe sei gewesen, von der Türkei aus Menschen, einschließlich Kinder, für Angriffe auf Israel zu rekrutieren. Laut dem Anwalt und Pflichtverteidiger Astl gibt der Palästinenser nun an, dass er – so wie schon sein Bruder – für den israelischen Geheimdienst Mossad gearbeitet habe und dieses Fernsehinterview auch im Auftrag des Mossad gegeben habe, um der Hamas zu schaden.

Kein Zusammenhang mit Grazer Ermittlungsverfahren

Der Vorwurf der Anklage lautet aber Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und kriminellen Vereinigung – darauf stehen zwischen einem Jahr und zehn Jahre Haft. Übrigens konnte ein Zusammenhang zum Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Graz gegen mutmaßliche Mitglieder von Hamas und Muslimbruderschaft in Österreich nicht festgestellt werden – demnach dürfte der Eisenstädter U-Häftling keine nachweislichen Kontakte zu Verdächtigen im Grazer Fall gehabt haben.