Chronik

Eurofighter-Anzeige: Protest gegen Einstellung

Das Straflandesgericht Wien hat am Montag eine Betrugsanzeige gegen Eurofighter eingestellt. Die Anzeige hat 2017 der damalige Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) erstattet. Der Hauptteil des Verfahrens, unter anderem wegen Bestechung und Untreue, ist allerdings noch offen.

Laut der zuständigen Richterin hatten sich keine Beweise ergeben, dass bei den Vergleichsverhandlungen im Jahr 2007 mit Airbus und Eurofighter betrügerische Handlungen gesetzt wurden, hieß es beim Wiener Landesgericht.

Das vom Straflandesgericht Wien eingestellte Verfahren gegen Airbus betrifft allein die Betrugsermittlungen gegen einen damaligen Manager des Unternehmens. Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäscherei, Untreue und Korruption seien nach wie vor am Laufen, sagte am Montag ein Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur APA.

Doskozil: „Waschechter Skandal“

Doskozil wertete die Einstellung als „waschechten Skandal“. Es sei ein Schlag ins Gesicht der österreichischen Steuerzahler, dass die österreichische Justiz offenbar keinerlei Interesse habe, den gut begründeten Betrugsvorwürfen gegen Airbus nachzugehen.

„Erst vor kurzem hat Airbus selbst gegenüber der US-Justiz unlauteres Verhalten und politische Zuwendungen beim Eurofighter-Deal in Österreich eingestanden. In mehreren Staaten – vor allem in den USA mit rund 55 Millionen und in Deutschland mit fast 90 Millionen Euro – wurde Airbus zu Strafzahlungen verurteilt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der österreichischen Causa stehen. Dass ausgerechnet in Österreich selbst das Verfahren im Schatten der Coronavirus-Krise offenbar tatsächlich ‚daschlogn‘ werden soll, macht mich einmal mehr fassungslos“, sagte Doskozil in einer ersten Reaktion.

Hans Peter Doskozil SPÖ
ORF
Landeshauptmann Doskozil hatte als Verteidigungsminister die Betrugsanzeige eingebracht

Fordert Fortführung des Ermittlungsverfahrens

Doskozil hatte als Verteidigungsminister 2017 gegen Airbus eine Anzeige wegen schweren Betrugs eingebracht und parallel dazu auch die US-Behörden eingeschaltet. Mit der Anzeige hatte die Republik Österreich den Vorwurf erhoben, beim Abschluss der Kaufvereinbarungen im Jahr 2003 und dem sogenannten Vergleich im Jahr 2007 über den Wert der Eurofighter und die Lieferfähigkeit getäuscht worden zu sein. Bei der Anzeige Doskozils lautete der Vorwurf auf arglistige und betrügerische Täuschung beim Kauf der Jets. Die Republik Österreich hatte sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte mit einem Schaden von zumindest 183,4 Mio. Euro angeschlossen.

Die Task-Force im Verteidigungsministerium hatte die Anzeige ressortintern vorbereitet und die weiteren Schritte ausschließlich in Abstimmung mit der Finanzprokuratur gesetzt. „Schon damals war klar, dass es vonseiten der politischen Führung der Justiz und des damaligen Koalitionspartners massiven Gegenwind geben würde. Dieses Misstrauen hat sich bisher leider in allen Stadien dieser Diskussion vollinhaltlich bestätigt“, so Doskozil.

Lückenloser Aufklärung

Er halte seine Forderung nach lückenloser Aufklärung und Schadenswiedergutmachung für den Steuerzahler weiter aufrecht, betonte der Landeshauptmann. Auch die neue Bundesregierung, speziell Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), sei nun gefordert.

„Dass der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, von Tanner beauftragt wurde, weitere rechtliche Schritte zu prüfen, ist eine Selbstverständlichkeit. Ich habe volles Vertrauen, dass die Justiz zu einem anderen Ergebnis kommen wird, wenn man sie ohne politischen Druck arbeiten lässt“, so Doskozil. „Ich fordere von der Verteidigungsministerin außerdem, dass sie sämtliche rechtliche Möglichkeiten nicht nur prüfen lässt, sondern auch konkret die Fortführung des Ermittlungsverfahrens beantragt.“

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) habe den Schritt des Straflandesgerichts Wien zur Kenntnis genommen, teilte ein Sprecher ihres Ressorts der APA mit. Tanner habe unverzüglich den Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, beauftragt, alle weiteren rechtlichen Schritte zu prüfen und wenn möglich einzuleiten. Es gehe um Schadenswiedergutmachung, „und dass der österreichische Steuerzahler zu seinem Recht kommt“.

Straflandesgericht: kein subjektiver Tatvorsatz

Das Straflandesgericht geht in seiner Begründung davon aus, dass die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH jederzeit lieferfähig gewesen wäre und auch eine Umrüstung technisch möglich gewesen wäre. Zudem sei die Einpreisung von Gegengeschäftskosten nicht als unüblich anzusehen. Der Vorwurf der mangelnden Lieferfähigkeit und die Einpreisung der Gegengeschäftskosten in den Kaufvertrag waren zwei Kernpunkte der Doskozil-Anzeige. Abschließend hält das Landesgericht für Strafsachen Wien auch fest, dass den damaligen Entscheidungsträgern von Airbus und Eurofighter kein subjektiver Tatvorsatz nachzuweisen war.

Der Republik Österreich steht als Privatbeteiligte nun das Recht zu, den Einstellungsbeschluss mittels Beschwerde zu bekämpfen, was Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, auch tun will: „Ich gehe davon aus, dass der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien einer sorgfältigen richterlichen Überprüfung durch das Oberlandesgericht Wien nicht standhalten wird.“

Causa Eurofighter damit nicht ad acta gelegt

Mit dieser Einstellung ist die Causa Eurofighter aber keineswegs ad acta gelegt, auch wenn sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft schon über viele Jahre nur dahingeschleppt hatten. Anfang 2019 wanderte die Causa von der Staatsanwaltschaft Wien an die WKStA, die – Stand Februar 2020 – gegen rund 60 namentlich bekannte Beschuldigte ermittelte. Statt einer einzigen Person wie in der Staatsanwaltschaft Wien setzt die WKStA vier Staatsanwälte und einen Gruppenleiter ein und stellte sich dabei auch der Auseinandersetzung mit Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek, der das „Derschlagen“ von Nebenaspekten des Verfahrens empfohlen hatte.

Die Opposition sieht die Regierung gefordert – mehr dazu in Verfahren zu Doskozil-Anzeige eingestellt.