Luise Renner
Imperial War Museum, London
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Die „First Lady“ aus dem Burgenland

Karl Renner war der erste Bundespräsident der Zweiten Republik. Der sozialdemokratische Politiker hatte von 1945 bis zu seinem Tod im Dezember 1950 das Amt des Bundespräsidenten inne. Die erste „First Lady“ von Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg, seine Frau Luise Renner, stammte aus dem Burgenland.

Filmmaterial gibt es von Luise Renner – geborene Stoicsics – kaum. In einigen Aufnahmen sieht man sie stets neben ihrem Mann Karl Renner. Auch sonst hat sich Luise Renner im Hintergrund gehalten. Über ihre Güssinger Herkunft ist nur wenig bekannt. In der Ausstellung auf Burg Güssing erfahren Besucherinnen und Besucher auf einer kleinen Informationstafel, dass die Frau des ersten Bundespräsidenten aus Güssing stammt.

Sechs Jahre nach der Geburt der Tochter wird geheiratet

Geboren wurde sie 1872, als eines von sechs Kindern einer Wirtstochter aus St. Nikolaus und eines Berufssoldaten kroatischer Herkunft. Luise Stoicscs verließ ihre Heimat Güssing mit 16 Jahren, um als Stubenmädchen in Wien zu arbeiten. Im Jahr 1890 lernte sie dort Karl Renner kennen. Sie wurden ein Paar – ohne Heirat, aber dafür bald mit Kind. Das war für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich. Erst sechs Jahre nach der Geburt von Tochter Leopoldine wurde dann doch geheiratet.

Luise Renner
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Informationstafel auf Burg Güssing

„Luise und Karl Renner pflegten seit dem Moment ihres Kennenlernens zeitlebens eine innige Beziehung. Auch in jungen Jahren ließ diese Beziehung das Rechtsinstitut der Ehe nicht als notwendig erscheinen. Geheiratet wurde erst, nachdem klar wurde, dass Karl Renner als Bibliothekar in der Reichsratsbibliothek verbeamtet werden soll. Da war es notwendig, dieses unmoralische Konkubinat zu beenden – das war der Grund für die Hochzeit“, so Historiker Michael Rosecker.

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Die Familienvilla in Gloggnitz ist heute ein Museum

Familienvilla ist heute ein Museum

Im Jahr 1910 erwarb Luise Renner eine Villa in Gloggnitz. Das Haus wurde der Familiensitz, drei Generationen lebten zeitweise unter einem Dach. Von den Erben, die in Amerika lebten, wurde die Villa in den 1970er-Jahren verkauft. Das Haus wurde letztlich zu einem Museum, in dem derzeit eine Sonderausstellung über das Leben von Luise Stoicsics-Renner zu sehen ist, anlässlich ihres 150. Geburtstages im Vorjahr.

Sendungshinweis

„Burgenland heute“, 9.9.2023

Ihren Mann begleitete Luise Renner immer wieder auf Reisen. Auch sonst dürften das Dorfkind Luise und der politische Denker Karl ein glückliches Paar gewesen sein. „Zeitlebens war das eine stabile Beziehung. Karl Renner konnte seine politische Karriere und sein Wirken ausleben. Luise Renner hat ihm den Rücken frei gehalten und den Haushalt organisiert. Sie war ihm auch immer wieder Beraterin und Rückhalt in dunklen Stunden. Luise Renner hat im Hintergrund gearbeitet. Er als Renner Bundespräsident wurde, gibt es mehrere Auftritte von ihr als Präsidentengattin“, so Rosecker.

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Im Rennermuseum gibt es derzeit eine Sonderausstellung zu Luise Renner

Mitbegründerin der Volkshilfe

Aber nicht nur ihr Mann war ein Präsident: Luise Renner hat 1947 die Volkshilfe mitbegründet und wurde auch die erste Präsidentin der Hilfsorganisation in Österreich. „Das traf auch den Kern ihrer Persönlichkeit genau: Sich für jene einzusetzen, die benachteiligt sind und hier in dieser schweren Nachkriegszeit in Österreich Menschen zu helfen und darauf zu schauen, dass vor allem auch Kinder ihren Weg ins Leben finden“, sagte Rosecker.

Es war ein bewegtes Leben: Aus bescheidenen Verhältnissen aus Güssing zur First Lady Österreichs, Luise Renner wurde 91 Jahre alt. 1963 ist sie in Wien gestorben und an der Seite ihres Mannes am Wiener Zentralfriedhof begraben. Zu sehen ist diese Sonderausstellung über Luise Renner in Gloggnitz noch bis Ende September.