Johann Werthner: Zeitzeuge berichtet

Johann Werthner war Jagdflieger im 2. Weltkrieg. Er ist um einen Tick älter als das Burgenland, wurde 1920 in Neustift bei Schlaining geboren und wurde im März 98 Jahre alt. Er war Lehrer und Direktor des Gymnasiums Oberschützen

Nach dem Krieg studierte Johann Werthner Biologie. Obwohl der ehemalige Lehrer und Direktor schon 35 Jahre in Pension ist und bald seinen 100. Geburtstag feiert, ist er noch weitgehend selbstständig und lebt allein. Mittagessen geht er zu seiner Schwiegertochter. Frühstück und Abendessen macht er sich selbst, das sei ja keine Kunst, wie er sagt.

Zeitzeuge Johann Werthner

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Bücher und Fernsehen halten fit

Wenn er aus dem Fenster blickt, hat er das Zentrum von Oberschützen mit seiner langjährigen Wirkungsstätte vor sich. Doch seine Zeit als Direktor des Gymnasiums ist lange her und die meisten Kollegen sind längst aus der Welt geschieden. Auch wenn die Sehkraft schwindet, Bücher und Fernsehen halten den 98-jährigen, allein Lebenden geistig fit.

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Steine Schleppen statt Unterricht

Er wuchs einst im benachbarten Neustift bei Schlaining auf. Die Eltern hatten da eine große Landwirtschaft und der Vater führte einen Landesproduktenhandel. In den 30er-Jahren, als er bereits das Gymnasium in Oberschützen besuchte, war dort eine Brutstätte der illegalen Nazis: „Hier war das Zentrum der Illegalität.“

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Das „Anschlussdenkmal“

Am Denkmal am Hügel in Oberschützen, am sogenannten „Anschlussdenkmal“ musste auch er mitarbeiten: „Das Denkmal haben wir Schüler bauen helfen müssen. Statt der Unterrichtsstunden mussten wir rauf gehen und Steine tragen.“

14 Monate in der JU 88

1938 war er gerade in der 6. Klasse. 1940 kam dann der Einberufungsbefehl. Auf Geheiß eines Freundes meldete er sich zur Luftwaffe, wurde Jagdflieger und war 14 Monate lang als sogenannter „Nachtjäger“ mit einer JU 88 über Norddeutschland, Holland und England unterwegs. Die Verlustquote betrug am Ende mehr als 80 Prozent. Johann Werthner wurde über dem Festland abgeschossen, sprang schwer verletzt mit dem Fallschirm ab und überlebte nur mit viel Glück.

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Glück im Unglück

Angeschossen verließ Johann Werthner auf 5.000 Meter Höhe seine JU 88.

Ausstieg auf 5.000 Meter Höhe

Auf 5.000 Meter Höhe „stieg“ er aus dem Flugzeug aus: „Dann bin ich gefallen, da kam ich wieder zu mir. Ich wollte den Schirm aufmachen und konnte nicht, weil die Hand gebrochen war. Dann habe ich mit der Linken den Schirm aufgerissen. Ich bin gar nicht lange am Schirm gehängt, da bin ich schon auf einer Esche gehängt, auf einem Baum. Mit der Schirmkappe bin ich in den Ästen hängengeblieben, so ungefähr zwei Meter über dem Boden bin ich gehängt.“

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„Ich träume nachts noch davon“

Von den Verbrechen hinter der Front und dem Geschehen in den Konzentrationslagern hätten sie damals nichts mitbekommen, betonte der 98-Jährige, den seine Kriegserlebnisse bis heute nicht loslassen: „Ich träume nachts noch davon, über diese Zeit. Dass ich in der 88 sitze, ich kann starten, aber ich finde nirgends einen Landeplatz.“

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Albträume vom Krieg

Die Kriegserlebnisse beschäftigen Johann Werthner noch heute, besonders nachts.

Sendungshinweis:

Burgenland heute, 1.5.18, 19.00 Uhr

Nach dem Krieg studierte er Biologie, heiratete, wurde zweifacher Familienvater, war Lehrer in Oberschützen und schließlich 23 Jahre lang Direktor des BRG. Er erlebte und gestaltete den Aufschwung des Landes mit und ist beeindruckt von der Entwicklung in den letzten Jahrzehnten.

Vor seinem 100. Geburtstag fürchtet er sich heute schon. Auf die Gäste könne er wohl verzichten.