100. Geburtstag: „Dem Herrgott dankbar“

Als sie geboren wurde, war der erste Weltkrieg noch in vollem Gang: Agnes Lehner aus Oberwart feierte im Jänner den hundertsten Geburtstag. Die rüstige Dame lebt im Altenwohnheim, macht noch fast täglich einen Spaziergang und hat viel zu erzählen.

Zum Beispiel über den März 1938, als ihr damaliger Arbeitgeber von den Nazis verhaftet wurde. Viel lieber aber spricht sie über ihre Kinder und Enkelkinder und blickt zurück auf ein langes, glückliches Leben.

Agnes Lehner

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Im Jänner feierte Agnes Lehner ihren 100. Geburtstag

Agnes Lehner wurde am 5. Jänner 1918 in Bärnbach in der Steiermark geboren. Aufgewachsen ist sie mit insgesamt sechs Geschwistern, und das in wirtschaftlich sehr schweren Zeiten. „Ich war immer eine gute Schülerin und wäre gerne Lehrerin geworden. Es war aber nicht möglich. Mein Vater hat als Zimmermann gearbeitet. Damals waren zwei oder drei Goschen viel Geld. Es war nicht einfach, und konnte das von meinen Eltern nicht verlangen“, erklärt die 100-Jährige.

Chef wird von Nazis beschimpft

Mit ungefähr 16 Jahren kommt sie als Kindermädchen nach Bernstein. Sie wohnt im Madonnenschlössl und betreut die beiden Kinder der Schwester des Grafen Almasy. Frau Lehner bezeichnet diese Jahre als glückliche Zeit. Das änderte sich im März 1938 schlagartig, als die Nazis im Zuge des sogenannten „Anschlusses“ auch nach Bernstein gekommen sind.

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„Hab mir gedacht: ‚Um Gottes Willen‘“

Die Kindheit, der Anschluss, die Hochzeit, die gesunde Familie - die hundertjährige Agnes Lehner erzählt über ihr ereignisreiches Leben.

„Die erste Nacht sind sie zu uns ins Haus gekommen und haben den Chef geholt. Er war ungarischer Staatsbürger und hat sich zu viel in die österreichische Politik eingemischt und war Nazi-Gegner. Da haben sie ihn geholt und haben sie so beschimpft - ich habe es mitgehört und gedacht ‚Um Gottes Willen‘“, so Frau Lehner.

Familie mit zwei Kindern

Ihr Arbeitgeber flieht mit der Familie nach Ungarn. Agnes bleibt zurück und arbeitet während des Krieges im Landkreisamt Oberwart. Ihr Verlobter, der Chauffeur beim Grafen Almasy war, musste einrücken und ist nach Russland an die Front geschickt worden.

Agnes Lehner

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Agnes Lehner blickt auf ein bewegtes Leben zurück

Nach dem Krieg leben Agnes und ihr Mann Karl Lehner in Oberwart. 1947 und 1949 kommen die Tochter und der Sohn auf die Welt. Frau Lehner ist „dem Herrgott dankbar“, dass ihre Kinder gesund sind - und auch dafür, dass sie selbst keine Schmerzen hat. „Wir haben keine kranken Menschen in der Familie. Das heißt sehr viel“, so die rüstige Oberwarterin. Im Altenwohnheim spielt sie regelmäßig Karten - gegen die Langeweile, wie sie sagt. Agnes Lehner blickt zufrieden zurück auf ihr hundertjähriges Leben.

(Sendungshinweis: Burgenland heute, 17.04.2018, ORF 2 Burgenland)