Auf den Spuren der Großeltern

Die Dokumentation „Verlorene Heimat - eine Annäherung“ wurde vor der TV-Ausstrahlung am Sonntag im Kulturzentrum Eisenstadt präsentiert. Das Publikum zeigte sich beeindruckt und gerührt.

Zu Fronleichnam ist die Dokumentation „Verlorene Heimat - eine Annäherung“ auf ORF 2 zu sehen. Dabei geht es um die Nachfahren von vertriebenen Juden aus dem Burgenland, die die Heimat ihrer Groß- und Urgroßeltern zum ersten Mal besuchen. Der Film, der am Sonntag vorab im Kulturzentrum Eisenstadt präsentiert wurde, wurde von Erich Schneller und Anton Fennes gestaltet.

Schewa Kehilot (hebr.)

Unter diesem Begriff werden die ehemals jüdische Gemeinden im Nord- u. Mittelburgenland zusammengefasst:

  • Eisenstadt
  • Mattersdorf
  • Kobersdorf
  • Lackenbach
  • Frauenkirchen
  • Kittsee
  • Deutschkreutz

Spurensuche in der Schewa Kehilot

Für die Dokumentation wurden die Nachkommen vertriebener Juden aus dem Burgenland auf ihrer Spurensuche in den ehemals jüdisch geprägten Gassen und Vierteln der seinerzeit berühmten sieben jüdischen Gemeinden Schewa Kehilot begleitet. Die Nachkommen des Holzhändlers Emanuel Fried gingen im Frühsommer 2016 gleich zu sechst auf Spurensuche in Frauenkirchen und beteten am Grab der Urgroßeltern das Kaddisch. Die Enkel des letzten Rabbi von Kittsee Jakob Schapira besuchten Kittsee und Pressburg und die Amerikanerin Celia Wortman kam in Begleitung ihres Mannes nach Deutschkreutz.

Präsentation Dokumentation Verlorene Heimat Judenfriedhof Jüdischer Chor

ORF

Die Dokumentation begleitet die Nachkommen vertriebener Juden auf ihrer Spurensuche

Einlassen auf die Begegnung mit der früheren Heimat

Noch Jahrzehnte nach dem Krieg und oftmals bis zu ihrem Tode wollten Überlebende der Shoa nichts mit jenen Orten zu tun haben, aus denen sie einst vertrieben oder deportiert worden waren. Doch ihre Kinder und Enkelkinder lassen sich immer öfter auf eine Begegnung mit der früheren Heimat der Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern ein.

Verlorene Heimat - eine Annäherung: Fronleichnam, 15. Juni, 17.35 Uhr auf ORF 2

„Es hat wohl damit zu tun, dass die Vertrieben selbst, wie man an dem einen Fall des Emanuel Fried aus Frauenkirchen sieht, so eingestellt waren, dass sie mit dem Burgenland nichts mehr zu tun haben wollten“, so ORF-Redakteur Erich Schneller, einer der zwei Gestalter der Dokumentation. Das habe sich teilweise auf die Kinder übertragen: „Das war dann so Familienkonsens: Das Burgenland ist tabu. Aber die Enkel, die wollen es jetzt wissen und die kommen vermehrt.“ Auch ORF-Redakteur und Gestalter Anton Fennes sieht den Abstand als Grund: „Ich glaube, dass diese Generation durchaus bereit ist, das distanziert zu sehen, aber auch die Leute versteht, die jetzt in diesem Land leben.“

Emotionale Annäherung an das Thema

Irmgard Jurkovich aus Kittsee berührte der Film sehr: „Wenn ich das so sehe, die Emotionen dieser ‚Heimkehrer‘ - das macht mich schon sehr betroffen und ich finde, der Film ist gut.“

Verlorene Heimat - eine Annäherung: Gestaltung: Erich Schneller, Anton Fennes; Cutter: Thomas Bonfert;

Auch Ernst Holzinger aus Rohrbach gefiel der Film: „Zurückzukehren in diese Heimat, in diese verlorene, das ist, glaube ich, für die Menschen sehr schwer, aber ich denke auch für die Personen, die das begleiten.“ Christian Dvorak aus Eisenstadt meinte: „Das ist wirklich interessant, auch für die Generationen danach, das zu erleben, wie Menschen, die jetzt in unserer Generation sind, das mitbekommen, wo ihre Wurzeln sind, und wie sie das bei uns im Burgenland erleben.“

Doppelte Premiere

Bei der Erstaufführung der Dokumentation gab es eine weitere Premiere: Der Wiener Jüdische Chor trat zum ersten Mal in Eisenstadt auf und zwar mit seinem neuen Programm „Shalom Eisenstadt“. Den Sängerinnen und Sängern ist es ein Anliegen, das jiddische Lied wiederzubeleben. „Diese Idee, Geschichten und Erinnerungen ins Heute lebendig herüberzuholen - das verfolgt der Film genauso wie wir und damit hat das sehr gut zusammengepasst“, so Florian Pollack, Präsident des Wiener Jüdischen Chors.

Präsentation Dokumentation Verlorene Heimat Judenfriedhof Jüdischer Chor

ORF

Der Jüdische Chor Wien umrahmte die Premiere, wirkte aber auch im Film selbst mit

Die jüdische Vergangenheit heute

Der Wiener Jüdische Chor zog im Zuge des Filmdrehs gleich als 60-köpfige Gruppe durch das ehemalige jüdische Mattersburg. Sie alle interessierte, wie es heute aussieht in den Städten und Gemeinden der einstigen Schewa Kehillot (Sieben-Gemeinden) und wie man dort mit der Vergangenheit und dem jüdischen Erbe umgeht.

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