Mistel: Geheimnisvoll und heilkräftig

Als Zauberkraut ist die Mistel ebenso berühmt wie die Alraune. Man nannte sie die „Alles Heilende“ und glaubte, dass die Zweige der Mistel direkt vom Himmel auf die Bäume gefallen seien. Die Mistel ist ein echtes „Wunderkraut“, wie Expertin Miriam Wiegele weiß.

Die Mistel ist alles andere als eine „normale“ Pflanze. Sie blüht im Spätwinter und fruchtet im Frühwinter. Trotz winterlicher Kälte behält sie ihre ledrigen grünen Blätter, als ob die Jahreszeiten sie nichts angingen. Als Halbschmarotzer, der seiner Wirtspflanze Wasser und Mineralstoffe entzieht, ist sie unabhängig von der Photosynthese. Als Pflanze, die im Baum wächst, entwickelt die Mistel auch keinen Geotropismus, sprich sie wächst nicht aus einer Wurzel aufrecht in die Höhe. Ihre Kugelform gibt ihr die Möglichkeit, sich an die verringerten Lichtverhältnisse in der Baumkrone anzupassen. Im Winter sehen wir dagegen die grünen Kugeln aus den Bäumen leuchten.

Mistelbotanik

Die Botaniker unterscheiden heute zwei Familien:

Die Viscum- Arten (gehören zur Familie des Sandelholzgewächse): Die Laubholzmisteln (Viscum album), die auf Laubhölzern, vor allem Pappeln, Apfel – und Birnbaum, seltener auf Eschen und extrem selten auf Eichen wachsen können, eine zweite Art, die auf Tannen (Viscum abietis) und eine dritte, die auf Kiefern (Viscum laxum) wächst. Viscum- Arten sind primär in Mitteleuropa heimisch.

Die Eichenmistel ist dagegen eigentlich die Riemenblume, bot. Loranthus europaeus (gehört zur Familie der Loranthaceae, der Mistelgewächse), die vor allem in wärmeren südländischem Klima (Gallien!) zu finden war, neuerdings aber auch im Weinviertel, vermutlich durch die wärmeren Winter sich stark verbreitet hat. Die Eichenmistel verliert im Herbst ihre Blätter und im Winter sind nur die leuchtend gelben Beeren zu sehen. Loranthus- Arten finden sich auf der ganzen Welt, vor allem in tropischen Regenwäldern..

Die Mistel (Viscum album) ist allseits bekannt mit ihren gabelig verzweigten Ästen, ledrigen Blättern und weißen, beerenartigen Früchten. Das stark klebrige Fruchtfleisch wurde schon bei den Römern als Leim für den Vogelfang genutzt, der botanische Name Viscum stammt von lat. viscosus, klebrig – zäh. Die Misteldrossel frisst die Beeren und sorgt so für die Ausbreitung, was zu dem römischen Spruch : Turdus sibi ipse maculam cacat, die Drossel kackt sich ihr eigenes Unglück, führte, da sie damit den Vogelleim, mit dem man sie fängt, selber vermehrt.

Misteln

ORF

Misteln auf einem Baum

Die Mistel in der Volksmedizin

Die Volksmedizin schätzte die Anwendung der Mistel schon immer, sicher auch, weil sie als Zauberpflanze galt. Vor allem betrachtete man die Mistel immer als Saturnpflanze. Das Prinzip Saturn regiert das Alter und somit auch die Alterskrankheiten und zeigt sich bei den Pflanzen vor allem durch immergrünes Laub. Die Mistel mit ihren zäh ledrigen Blättern und langsamem Wuchs ist aus dieser Sicht eine besondere Saturnpflanze.

Vor allem Pfarrer Kneipp schätzte die Mistel sehr und empfahl sie „bei Kreislaufschwäche und beschleunigtem Puls“. Hoher Blutdruck wird gesenkt, meinte er, und die begleitenden Erscheinungen wie „Kopfblutandrang“ und Schwindel werden verbessert.

Wissenschaftlich bestätigt konnten Wirkungen wie die Förderung der Fruchtbarkeit, die man der Mistel in der Volksmedizin ebenfalls zuspricht oder eine blutdrucksenkende Wirkung bislang allerdings nicht. Dem steht die Beliebtheit in der Volksmedizin gegenüber, die auf empirischen, positiven Erfahrungen beruht. Auch in der Homöopathie setzt man Viscum D6 gegen Schwindel, Blutdruckprobleme und Angina pectoris- ähnliche Symptom ein.

Bluthochdruck: Eine blutdrucksenkende Wirkung konnte sehr wohl in einigen Tierversuchen festgestellt werden, allerdings nur parenteral, also unter Umgehung des Magen – Darm – Kanals in Form intravenöser Spritzen. Da die Anwendung von Misteltee – oder Dragees keine Nebenwirkungen zeigt, kann empfohlen werden, zur Unterstützung einer blutdrucksenkenden Therapie Mistel anzuwenden.

Tinnitus: Einen Versuch wert ist auch die Verwendung von Mistel bei Ohrensausen, also Tinnitus, Schwerhörigkeit nach Erkältungen und überhaupt bei Schwerhörigkeit, wie mittelalterliche Kräuterdoktoren empfahlen.

Arteriosklerose: Unterstützend kann Misteltee auch bei der Behandlung von Gefäßveränderungen eingesetzt werden, da gefäßerweiternde Wirkstoffe gefunden wurden. Rheumatische Erkrankungen: Bei entzündlichen Gelenksproblemen ebenso wie bei altersbedingten Abnützungserscheinungen wird Misteltee in der Volksheilkunde ebenfalls recht zufriedenstellend verwendet.

Sendungshinweis

„Radio Burgenland Vormittag“, 9.12.2014

Zubereitung von Misteltee

2 TL Mistelkraut mit ¼ l kaltem Wasser übergießen, 8 –12 Stunden ziehen lassen. Da man pro Tag 2 –3 Tassen Tee trinken soll, kann man gleich eine entsprechend größere Menge Tee ansetzen und dann jeweils eine Tasse abseihen und auf Trinktemperatur erwärmen. Menschen, die einen unsteten Lebenswandel haben, also nicht wissen, ob sie am Abend auch zuhause sein werden, sollten Mistelkapseln verwenden.

Abschließend ist zu sagen, dass die Mistel, gleich ob als Tee oder Tinktur längere Zeit, also einige Wochen angewendet werden muss. Man muss also geduldig sein. Geduld ist eine Tugend des Alters, somit zeigt sich, dass die altüberlieferte Signaturlehre mit ihrer Meinung, dass die Mistel auch Saturnsignaturen hat und somit ein Mittel gegen Altersleiden sei, recht hat.

Die Mistel in der Krebstherapie

Die Anwendung der Mistel als Krebsmittel geht auf Rudolf Steiner, den Begründer der Anthroposophischen Medizin zurück und wird von der Schulmedizin nach wie vor angezweifelt. Allerdings wurden viele Wirkstoffe wie die Lektine von der Pharmakognosie als wirkungsvoll erkannt. Da die Misteltherapie in Form von Injektionskuren durchgeführt wird, muss ihre Anwendung dafür spezialisierten Ärzten vorbehalten bleiben. WICHTIG: Misteltee ist kein Krebsheilmittel.