Hans-Werner Sinn: „EU bleibt bestehen“

Der deutsche Volkswirt und Hochschulprofessor Hans-Werner Sinn gilt als einer der einflussreichsten Wirtschaftsforscher in Europa. Vor kurzem hat er einen Vortrag in Jennersdorf gehalten. Seine Themen: die Eurokrise und der Brexit.

Hans-Werner Sinn glaubt an die Europäische Union, ist aber skeptisch, was die Zukunft des Euro betrifft. Sinn ist ein konservativer Ökonom und ein Star seiner Zunft. Der 70-jährige leitete eines der größten Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland und veröffentlicht regelmäßig Kommentare in einflussreichen Medien. In Jennersdorf war er auf Einladung des Ökonomischen Forums Neusiedlersee, eines Vereins, der von FPÖ-Politikern unterstützt wird.

Hans-Werner Sinn, Ökonom

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Eine kleine Runde von Politikern und Unternehmern konnte mit Hans-Werner Sinn bereits bei einem Essen reden

Auch Claudio Cocca, ein Unternehmer mit Jennersdorfer Wurzeln, war an der Einladung beteiligt. Eine illustre Runde von Politikern, Unternehmern und Funktionären kam, um ihn zu hören. Gefragt nach dem derzeit größten wirtschaftlichen Problem der EU, sagte Hans-Werner Sinn, dass dies Italien sei. „Italien hängt in den Seilen. Die Italiener haben zehn Jahre auf ein Wunder gewartet, das nicht stattfand. Es gibt eine hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Industrieproduktion ist noch weit unter dem Niveau von 2007“, so Sinn.

Hans-Werner Sinn, Ökonom

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Hans-Werner Sinn bei seinem Vortrag in Jennersdorf

„Euro müsse flexibler werden“

Italien müsste schmerzhaft Reformen umsetzen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden, doch das sei nicht in Sicht. „Man sucht jetzt eine Lösung in Heilsbringern. Da sind Parteien gewählt worden, die man gar nicht auf nationaler Ebene vermutete. Die italienische Regierung scheint zu sagen - Geld her, oder wir gehen raus“, so Sinn.

Raus aus der Eurozone, das wäre für einige Länder Südeuropas die beste Lösung, sagte Sinn dann auch bei seinem Vortrag in Jenenrsdorf. Der Euro müsse diesbezüglich flexibler werden. Das Schuldenproblem Griechenlands sei nur scheinbar gelöst. „Griechenland ist vom Kapitalmarkt abgeschnitten. Es hat jetzt noch zusätzliche Mittel bekommen, um die nächste Zeit damit zu leben. Das ist keine wirkliche Lösung. Griechenland hätte schon lange aus dem Euro austreten müssen. 2010 stellte sich diese Frage zum ersten Mal und hätte man sie damals rausgehen lassen, wären sie jetzt aus dem Schneider“, so Sinn.

Hans-Werner Sinn, Ökonom

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Der Ökonom Hans-Werner Sinn kam für einen Vortrag ins Südburgenland

„Großbritannien ein Angebot machen“

Zum Thema Brexit sagte der Ökonom, die EU solle den Briten ein großzügiges Angebot machen, damit die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU die Union doch nicht verlässt. „Ich weiß, es ist nicht so ganz wahrscheinlich, aber es sind so viele unwahrscheinliche Dinge in letzter Zeit passiert, dass ich mir vorstellen kann, ein vernünftiger Ansatz hier mit den Briten zu reden, vergrößert die Chancen, ein zweites Referendum zu machen - so dass dann möglicherweise das Unglück für alle - auch die Briten - noch abgewendet werden kann“, meinte Sinn.

Trotz aller Probleme: Die EU sei eine Erfolgsgeschichte, der Euro nicht - so die nicht unumstrittene These des konservativen Ökonomen.