Nachtkerze, Heilpflanze für die Schönheit

Im 17. Jahrhundert kannte man die Nachtkerze vor allem als Zierpflanze. Ihre Bedeutung als Heilpflanze ist erst in den letzten Jahren so richtig bekannt geworden. Heute wird sie unter anderem bei Hautkrankheiten wie etwa Neurodermitis eingesetzt.

Wenn es zu dämmern beginnt, entfaltet die Nachtkerze ihre Schönheit, wenn sie beginnt, ihre Blüten langsam zu öffnen. Als „Schinkenwurzel“ wurde sie in Kriegszeiten genutzt. Neophyten (griech. neos, jung, frisch, phytos, Pflanze) nennt man Pflanzen, die aus fernen Ländern zu uns kommen und sich hier so wohl fühlen, dass sie sich einbürgern und verbreiten.

Manchmal werden solche Neophyten ein Problem für unsere Flora, weil sie heimische Pflanzen verdrängen können. Die Nachtkerze breitet sich zwar durch Selbstaussaat aus, wird aber in ihrer Ausbreitung nie lästig.

Nachtkerze, Immigrantin aus Amerika

Ihre Heimat ist Nordamerika, vom östlichen Waldland bis Mexiko. Die Indianer schätzten sie nicht nur als Nahrungsmittel, die Irokesen kauten die Samen als magisches Mittel „gegen Faulheit“. Die Indianer des Südwestens, vor allem die Navajos kochten die Wurzel und rieben ihre Haut zur Stärkung mit diesem Absud ein.

1612 wurde die Nachtkerze in dem berühmten Botanischen Garten von Padua erstmals angepflanzt und bald fand sie Eingang in die Gärten der Aristokratie, da sie wirklich was Besonderes ist. Eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang öffnen sich die schwefelgelben Blütenblätter und es beginnt sich ein vanilleähnlicher Duft zu verbreiten, der die Nachtschmetterlinge anlockt.

Sendungshinweis:

„Radio Burgenland Vormittag“, 11.8.15

Bald konnte auch jeder bürgerliche Gartenbesitzer diese Pflanze sein Eigen nennen und sie wurde „Schlafende Jungfrau“ oder „Faules Mädchen“ genannt, weil die Blüten bis zum Abend schlafen, dann nur eine Nacht blühen und am nächsten Morgen verwelken. Es dauerte aber noch rund hundert Jahre, bis fleißige Gärtnerinnen entdeckten, dass die Nachtkerze nicht nur eine Zierpflanze ist, sondern die Wurzeln der zweijährigen Pflanze im ersten Jahr zart und schmackhaft sind.

Weil die Wurzeln eine rosa Farbe haben, die an gekochten Schinken erinnert, nannte man sie „Schinkenwurzel“ und dachte, dass sie „mehr Kraft gibt als Ochsenfleisch“. Rapontika wurde die Nachtkerze auch genannt und in Kriegskochbüchern wurde sie als Ergänzung für die karge Nahrung sehr geschätzt. Heute, wo die Wildkräuterküche plötzlich wieder Hochsaison hat, wird alles von der Nachtkerze verkocht, also auch Blätter und Blüten.

Das Nachtkerzensamenöl

In der heimischen Volksmedizin fand die Nachtkerze keinen Eingang, manchmal wurden die Sprossspitzen als Tee gegen Husten empfohlen. Anders in Amerika, da wird sie noch immer von Indianern, aber auch in der Volksmedizin verwendet und zwar sowohl gegen Atemwegsbeschwerden als auch Magenprobleme. Die Cherokee verwenden übrigens einen Tee aus der Wurzel gegen Fettsucht.

In den 1980er Jahren begannen englische Wissenschafter sich für das Samenöl zu interessieren. Sie entdeckten, dass das Öl vor allem aus ungesättigten Fettsäuren, nämlich zu 65- 80% Linolsäure und als Besonderheit noch bis zu 14% Gamma- Linolensäure (GLS) besteht. An sich ist GLS ein Abkömmling der Linolsäure, das heißt, dass im Körper mit Hilfe eines Enzyms, der Delta-6-Desaturase die GLS von selber gebildet wird. Bei vielen Menschen wird das Enzym aber nicht ausreichend produziert und damit kommt es zu Mangelerscheinungen der essentiellen (lebensnotwendigen) GLS. Die Gamma- Linolensäure ist eine dreifach ungesättigte Fettsäure, die auch im Boretschsamen- und Hanföl vorkommt.

Sie wird zum Aufbau der Zellmembranen benötigt und damit diese elastischer werden. Ihre zweite wichtige Funktion ist, zu Eicosanoiden im Körper metabolisiert zu werden, hormonähnlichen Substanzen, die das Zellwachstum regeln und auch die Blutfette, das Cholesterin, den Blutdruck und die Blutgerinnung, sie sind wichtig für eine gesunde Haut und den Erhalt der geistigen Funktion. Es ist also nicht verwunderlich, dass man dem Nachtkerzenöl, das reichlich Gamma- Linolensäure enthält, ein breit gefächertes Wirkungsspektrum zuschreibt.

Nachtkerze als Heilpflanze

Besonders hilfreich ist der Einsatz von Nachtkerzensamenöl bei Neurodermitis, die heute eine der häufigsten Hautkrankheiten ist und vor allem über 10% der Kinder betrifft. Atopische Dermatitis (griech. atopos, nicht am Platz, übertrieben, nicht zuzuordnen) nennt man diese Erkrankung, die mit Juckreiz und roten, oft nässenden, aber auch trockenschuppigen Hautausschlägen einhergeht. Da als Ursache eine Schwäche der Bildung des Enzyms Delta-6-Desaturase angenommen wird und der Körper somit zu wenig GLS bildet, muss diese direkt über das Nachtkerzensamenöl zugeführt werden.

Insgesamt kann man sagen, dass das Nachtkerzensamenöl entzündungshemmend und etwas immunmodulierend wirkt. Es macht die Haut elastisch, feucht und geschmeidig, hilft daher bei trockener Haut und wird auch gerne in Pflegeprodukten für alternde Haut eingesetzt. Die Wirksamkeit des Öles bei der Behandlung von Ekzemen wurde durch mehrere klinische Studien belegt.

Dank des GLS- Gehaltes wird das Nachtkerzensamenöl heute auch beim PMS (Prämenstruelles Syndrom) und auch bei Multipler Sklerose, Diabetes oder bei der Hyperaktivität von Kindern begleitend, zu spezifischen Therapien eingesetzt.

Anwendung des Nachtkerzensamenöles

In Ölpressen werden die Samen zerkleinert und mit oder ohne Wärmezufuhr ausgepresst. In der Apotheke wird das Öl meist in Weichgelatinekapseln zur oralen Anwendung angeboten. Offen angeboten wird es leicht und schnell ranzig. Für äußere Anwendungen können die Kapseln angestochen und dann das Öl direkt dünn aufgetragen werden. Man kann das Öl auch in Joghurt, Müsli, etc innerlich anwenden.

Tagesdosis: Therapeutischer Effekt tritt erst ab einem Gehalt von 240- 320 mg Gamma- Linolensäure im Öl/ Tag ein, empfehlenswert ist eine Einnahme von vier bis zwölf Wochen. Durch die Verwendung von Salben oder Kosmetika , die ausreichend Nachtkerzensamenöl enthalten kann die orale Einnahme wirkungsvoll unterstützt werden.

Achtung: Anwendung nicht bei Säuglingen und Kleinkindern unter einem Jahr, während der Schwangerschaft besser mit ärztlicher Rücksprache. Keine Anwendung bei Epilepsie.

Nebenwirkungen: Sind selten, gelegentlich Übelkeit.