Ungarn-Deutsche: Vertrieben vor 70 Jahren

Vor 70 Jahren sind in der unmittelbaren Nachbarschaft des Burgenlandes Tausende Deutschsprachige von der ungarischen Regierung vertrieben worden. Anlässlich der Gedenkfeiern sind am Wochenende Hunderte ehemals Vertriebene zurückgekehrt.

Am 15. April 1946 wurden die Eltern und Großeltern von Claudia Söder aus der ungarisch-burgenländischen Grenzgemeinde Agendorf vertrieben. Damals mussten sie von einem Tag auf den anderen ihr Haus verlassen. Zahllose Familien ereilte vor 70 Jahren ein ähnliches Schicksal. Alleine aus Sopron (Ödenburg) und den drei Nachbarortschaften wurden in nur wenigen Tagen mehr 13.000 deutschsprachige Ungarn aus ihrer Heimat rund um das Ödenburgerland vertrieben.

Gedenkfeierlichkeiten 70 Jahre Vertreibung Deutschsprachiger Ungarn, Agendorf

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Mehr als 13.000 Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben

Spurensuche im Heimatmuseum

Gemeinsam mit der evangelischen Pfarre organisierte Claudia Söder die Feierlichkeiten am Wochenende. Sie machte sich gemeinsam mit ihrem Mann in Agendorf auf die Suche nach dem ehemaligen Haus der Eltern. Die Spurensuche führte das deutsche Ehepaar ins kleine Heimatmuseum von Agendorf.

Gedenkfeierlichkeiten 70 Jahre Vertreibung Deutschsprachiger Ungarn, Agendorf

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Im Heimatmuseum der Gemeinde Agendorf gibt es die einzigen Bilder der Vertreibung zu sehen

Die Ausweisung der deutschsprachigen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg beruhte auf Artikel acht des Potsdamer Abkommens, das die Überführung der deutschen Bevölkerungsanteile, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland festlegte.

Dort kann man die einzigen beiden Fotos, die es vom Tag der Vertreibung gibt. Dabei standen die Agendorfer vor Viehwaggons, die sie ins Ungewisse bringen sollten. Viele von ihnen hatten noch am Morgen die Tiere gefüttert, bevor sie aufbrechen mussten. Die älteren Leute hätten damals geweint, denn sie hätten gewusst, dass sie alles zurücklassen müssen, so Söder. Für die die es verstanden haben, sei es sehr traurig gewesen.

Gedenkfeierlichkeiten 70 Jahre Vertreibung Deutschsprachiger Ungarn, Agendorf

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Diese beiden Bilder sind die einzigen Fotos von der Vertreibung

Meinungen in Agendorf immer noch geteilt

Tatsächlich entdeckte Claudia Söder ihre Großmutter auf einem alten Foto, dabei stand sie als junge Braut inmitten der Hochzeitsgäste. Die Großeltern seien zwar in Deutschland zu Hause gewesen, seien aber in Agendorf geboren worden und in ihrer Jugendzeit dort gewesen. Für sie sei es immer „Dahoam“ gewesen, wenn sie erzählt hätten, so Söder.

Gedenkfeierlichkeiten 70 Jahre Vertreibung Deutschsprachiger Ungarn, Agendorf

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Claudia Söder entdeckte ihre Großmutter auf einem Bild

70 Jahre ist die Vertreibung der deutschsprachigen Ungarn jetzt her. In Agendorf selbst, sei es aber noch immer ein heikles Thema, sagte der evangelische Pfarrer von Agendorf, Michael Heinrichs. Er merke es immer an kleinen Stellen, dass es da noch Verletzungen geben würde und dann Menschen, die sonst ganz gut miteinander klarkommen würden, in bestimmten Situationen empfindlich reagieren würden, so Heinrichs.

Hunderte Gäste wurden zu den Gedenkfeierlichkeiten erwartet, zwei Busse kamen auch Deutschland. Die Geschichte der Vertreibung der deutschsprachigen Ungarn wurde von der Initiative Ödenburgerland auch digital aufgearbeitet. Akribisch wurden die Schicksale aller Bewohner auf der Homepage erfasst.

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