27-Jähriger von Mordanklage freigesprochen

Mit einem Freispruch für den Angeklagten vom Vorwurf des Mordes hat Donnerstagnacht in Eisenstadt der Prozess um den Überfall auf den Juwelier Hohensteiner im Jahr 2005 geendet. Das Urteil: Sechs Jahre Haft wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang und schweren Raubes.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verurteilte erbat Bedenkzeit, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Mit fünf zu drei Stimmen verneinten die Geschworenen die Frage, ob der 27-jährige Serbe des Mordes schuldig sei. Die Verurteilung wegen schweren Raubes und wegen Körperverletzung mit Todesfolge erfolgte jeweils einstimmig.

Dabei handelt es sich um eine Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf eine Verurteilung in Spanien. Der 27-Jährige war am 22. Jänner dieses Jahres von einem Madrider Strafgericht ebenfalls wegen Raubes zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.

Staatsanwalt hatte Höchststrafe gefordert

In seinem Schlussplädoyer hatte der Staatsanwalt zuvor für den wegen Mordes angeklagten 27-jährigen Serben die Höchststrafe: „Ich bin fest davon überzeugt, dass er der Todesschütze ist, der diese schreckliche und abscheuliche Tat begangen hat“, erklärte Ankläger Christian Petö. Bei dem Raubüberfall vor neun Jahren wurde ein junger Mitarbeiter des Juweliergeschäfts ins Gesicht geschossen. Er blieb gelähmt und starb im März es Vorjahres.

Jahrelange Ermittlungen und die Zeugenaussagen hätten gezeigt, dass es für die Existenz des vom Angeklagten belasteten vierten Räubers „keinen Anhaltspunkt“ gebe: „Er hat es halt einfach selbst erfunden.“

Hohensteiner-Prozess

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Der Angeklagte bestreitet, der Schütze gewesen zu sein

Verteidigerin: Noch Fragen offen

Für eine Verurteilung wegen Mordes gebe es nicht die ausreichende Sicherheit, hielt die Verteidigerin dem Staatsanwalt entgegen.Ihr Mandant sei zum Raub geständig, sage aber: „Ich bin kein Mörder. Ich habe auf niemanden geschossen“, erklärte Verteidigerin Heike Sporn.

Für die Rechtsanwältin blieben auch nach zwei Prozesstagen Fragen offen: Für eine Verurteilung wegen Mordes sei die Überzeugung notwendig, dass der Beschuldigte die Tat „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ begangen habe, erinnerte sie die Geschworenen.

Angeklagter: Vierter Täter war Schütze

Nachdem er zuvor die Aussage verweigert hatte, wartete der Angeklagte zu Prozessbeginn am Mittwoch mit einer Überraschung auf. Er bekannte sich schuldig des schweren Raubes, doch den folgenschweren Schuss auf den jungen Uhrmacher habe ein vierter Mittäter abgegeben, sagte der angeklagte Serbe zu Prozessbeginn - mehr dazu in Juwelierraub: Angeklagter bestreitet Mord.

Für die Anklage sprachen dagegen DNA-Spuren des 27-Jährigen, die im hinteren Teil des Fluchtwagens gefunden worden waren und nach Ansicht der Staatsanwaltschaft diverse Zeugenaussagen. Der Angeklagte soll zu Pink Panther gehören - einer kriminellen Großorganisation, über die Hintermänner schwieg er. Aber er gestand, dass er für den Raub in Eisenstadt 15.000 Euro kassierte.

Freund des „vierten Mannes“ als Zeuge

Einer der zwei Zeugen, die die Angaben des Angeklagten am Donnerstag vor Gericht untermauern sollten, war ein in der Justizanstalt Graz Karlau einsitzender Serbe, der selber zu neuneinhalb Jahren Haft wegen schweren Raubs verurteilt wurde. Er kommt aus derselben Stadt wie der Angeklagte und war mit dem ominösen vierten Mann vom Eisenstädter Raubüberfall befreundet.

Vierter Mittäter soll Mutter Schuss gestanden haben

Die andere Zeugin war die Mutter des vermeintlichen vierten Mannes beim Raubüberfall. Der Mann starb 2011 bei einem Motorradunfall. Sie bestätigte vor Gericht, dass ihr Sohn bei dem Überfall geschossen habe. Das Gericht wollte von der 49-Jährigen sehr detailliert wissen, wie ihr Sohn gelebt habe und wie es dazu kam, dass er ihr von der Tat erzählte.

Etwa drei bis vier Jahre nach dem 2005 verübten Raub habe er begonnen, sich „eigenartig“ zu verhalten, berichtete die Frau. Als er einmal betrunken nach Hause gekommen sei, habe er ihr erzählt, „dass er bei einem Raub in Österreich einen Burschen verletzt hat und dass er geschossen hat.“ Auch von einem Überfall auf eine Tankstelle habe er berichtet.

Zeugin: Will keine Gewissensbisse haben

Details ließ die Befragte mehrmals unbeantwortet: „Ich weiß nur, dass es gegen Ende 2005 war“, antwortete sie auf die Frage, wann der Raub, von dem ihr der Sohn erzählte, stattgefunden habe. Dass sich nun der 27-Jährige wegen einer Tat, die eigentlich ihr Sohn begangen habe, verantworten müsse, habe sie durch Zufall von der Mutter des Angeklagten erfahren.

Richter Wolfgang Rauter wollte von der Zeugin wissen, warum eine Frau, wenn sie eine liebende Mutter sei, die Information weitergebe, dass ihr Sohn ein Mörder sei und damit das Ansehen des Toten beschmutze. „Das ist meine moralische Verpflichtung“, gab die Frau zur Antwort, sie wolle „keine Gewissensbisse“ haben.

Hohensteiner-Prozess

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Gericht skeptisch

Das Gericht begegnete ihren Aussagen mit Skepsis. Staatsanwalt Christian Petö beantragte eine gesonderte Protokollierung. Die Frau musste das Protokoll, das von der Dolmetscherin übersetzt wurde, unterschreiben.

Ermittler: Keine Spur vom vierten Mann

Zuletzt wurde am Donnerstagnachmittag ein Kriminalbeamter, der Mitglied des zwölfköpfigen Ermittlerteams ist, befragt. Er und seine Kollegen konnten die Spuren des Angeklagten inklusive zweier Komplizen von der Einreise im September 2005 bis zur Ausreise nach der Tat ziemlich genau aufspüren und nachzeichnen. Ein vierter Mann, namentlich der vom Angeklagten genannte, komme darin nicht vor, so der Kriminalbeamte.

Kriminelle Vorgeschichte

Aus der Befragung des Angeklagten am Donnerstagvormittag war noch einmal klar hervorgegangen, an welchen Straftaten der junge Serbe schon mit 15, 16 und 17 Jahren beteiligt gewesen sein soll. Seine DNA wurde bei einer ganzen Serie von Einbrüchen und PKW-Diebstählen in Deutschland nachgewiesen. Die diesbezügliche Strafverfolgung steht noch aus. In Spanien wurde er zu sechs Jahren verurteilt, aber unter einem anderen Namen.

Beisitzender Richter Wolfgang Rauter richtete an den Angeklagten die Frage: „Warum sollen wir glauben, dass die Geschichte mit dem vierten Mann nicht erfunden ist, wenn die kriminelle Organisation, der sie angehören, so professionell agiert, dass sie in Spanien mit gefälschten Papieren und unter falschen Namen verurteilt wurden?“ Der Angeklagte antwortete darauf trocken, dass die Geschichte die Wahrheit sei.