Scheinanmeldungen: Affäre zieht Kreise

Die Affäre rund um Scheinanmeldungen ausländischer Schüler in burgenländischen Gemeinden zieht immer weitere Kreise. Mittlerweile wird laut Staatsanwaltschaft in 17 Gemeinden ermittelt. Das ruft nun auch Kritiker auf den Plan.

Die Kritiker stören der Umfang und der beträchtliche Aufwand, mit dem diese Ermittlungen betrieben werden - mehr dazu in Scheinanmeldungen: Bürgermeister im Visier. Die Schulen würden zum Tatort gemacht, Lehrer und Bürgermeister würden stundenlang verhört und fühlen sich kriminalisiert, sagt etwa der oberste Personalvertreter der Pflichtschullehrer und Gewerkschafter Johann Farkas.

Bei ihm melden sich verunsicherte Kollegen - Lehrer, die wegen möglicher Scheinanmeldungen ausländischer Schüler einvernommen wurden. „Die Art und Weise, wie das vor sich geht, anonyme Anschuldigungen, stundenlange Verhöre und auch Zustände wie im Kriminalfilm - ‚Alles was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden‘ - das ist natürlich nicht sehr erfreulich und für die Kollegen auch sehr befremdend“, sagt Farkas.

Stundenlange Einvernahmen

Farkas ist dienstfrei gestellter Hauptschuldirektor in Lockenhaus (Bezirk Oberpullendorf). Dort waren zwei Schüler aus Ungarn gemeldet. Die Folge: stundenlange Einvernahmen und eine mit großem Aufwand betriebene Recherche von Schülerdaten.

„Natürlich müssen Gesetzesübertretungen untersucht und geahndet werden, aber hier schießt man meiner Meinung nach mit Kanonen auf Spatzen. Es ist bei Gott nicht angenehm, wenn die Polizei vor der Türe steht und nach Namen bohrt und Kolleginnen und Kollegen kriminalisiert werden“, so Farkas.

Ermittlungen in 17 Gemeinden

Die Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungen in mittlerweile 17 Gemeinden. Ein Hintergrund ist, dass Hauptschulen mit weniger als 90 Schülern von der Schließung bedroht waren. Offenbar haben deshalb viele Gemeinden Schüler aus Ungarn aufgenommen - und diese nur zum Schein im Ort angemeldet, mit Wissen der Bürgermeister.

Die Justiz ist erstmals beim früheren Bürgermeister von Zurndorf (Bezirk Neusiedl am See), Werner Falb-Meixner (ÖVP), tätig geworden. Er wurde wegen Amtsmissbrauchs verurteilt und ist als Agrarlandesrat zurückgetreten.

Steier vermutet politische Hintergründe

Derzeit prominentester Politiker im Visier der Justiz ist SPÖ-Landtagspräsident Gerhard Steier, früherer Bürgermeister von Siegendorf (Bezirk Eisenstadt Umgebung). Die Hauptschule hatte immer mehr als 120 Schüler und war somit nie von der Schließung bedroht. Laut Steier habe es möglicherweise einen ungarischen Hauptschüler gegeben, der in Siegendorf gemeldet war.

Er vermutet politische Hintergründe hinter der neuen Anzeigenwelle. „Vernaderung, Verunglimpfung, in irgendeiner Form den anderen ein Hackl ins Kreuz werfen - das ist quasi heute Grundstoff der Politküche“, so Steier.

Justizministerium entscheidet über Anzeigen

Wer auch immer die Anzeigen erstattet hat - Justiz, Polizei und Gemeindeverwaltungen haben jede Menge Arbeit. Es wird nämlich in allen Fällen wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch ermittelt.

Das bringt unruhige Stunden für viele Bürgermeister mit sich - und das ein paar Monate vor der Gemeinderatswahl. Und die Affäre könnte sich noch ausweiten, denn ausländische Schüler hat es in viel mehr Gemeinden gegeben.

Ermittler weisen Kritik zurück

Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt und das Landeskriminalamt weisen die Kritik an den Ermittlungsmethoden in dieser Causa zurück. Die Ermittlungen würden sich in der Bearbeitungsweise von keinem anderen Fall unterschieden, heißt es aus dem Landeskriminalamt zu den Vorwürfen von Farkas.

Der Leitende Staatsanwalt Wolfgang Swoboda sagte dazu, dass die Form und Art der kriminalistischen Arbeit Sache der Ermittler sei. Er könne sich vorstellen, dass es länger dauere, wenn etwa alte Meldedaten überprüft werden müssen. Er habe aber vollstes Vertrauen, dass die Kriminalpolizei nicht nur ordnungsgemäß vorgehe, sondern auch sachgerecht ermittle, so Swoboda.

Reaktion

Die Grünen sprechen von „Politgefechten auf dem Rücken von Kindern“. Die Landesregierung mache Gesetze, die die eigenen Leute dann umgehen, sagt die Landessprecherin der Grünen, Regina Petrik.