Burgenländer machen „Häfn-Zeitung“

„Blickpunkte - die legale Art, auszubrechen“ - so nennen die Häftlinge der Justizanstalt Wien-Mittersteig ihre Gefängniszeitung, die auch außerhalb der Zellen gelesen wird. Die Knast-Redakteure werden beim Zeitungsmachen schon seit Jahren von Burgenländern unterstützt.

In der Justizanstalt Wien-Mittersteig sitzen Schwerverbrecher, viele von ihnen müssen lebenslange Haftstrafen abbüßen.

„Wie eine Zeitung draußen“

Mit Unterbrechungen machen Häftlinge hier seit mehr als zehn Jahren ihre eigene Gefängniszeitung, die größte Österreichs. Ihr langjähriger, ehemaliger Chefredakteur, ist der Burgenländer Alfred U.. Er sitzt seit 21 Jahren in Haft: „Im Prinzip rennt auch da herinnen die Zeitung wie eine Zeitung draußen. Es gibt einen Postverteiler, es gibt Abonnenten von außerhalb, es gibt einen internen Verteiler - das wird von den Häftlingen selber gemacht.“

Redaktionssitzung für Gefängniszeitung "Blickpunkte"

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Redaktionssitzung mit Seelsorger und Chefinspektor

Geschichten um Haftalltag zu überleben

Zu lesen gibt es meist „Häfn-Geschichten“ aus dem Alltag im Gefängnis, Informationen für andere Insassen und für die Angehörigen draußen. Einmal in der Woche treffen sich die „Häfn-Redakteure“ in der Gefängniskapelle, um die Themen für die nächste Ausgabe zu besprechen. Die Frage „Was bewegt jemanden, der in Haft sitzt?“, stehe hinter einem Großteil der Artikel, so Alfred U.. Das seien eigene Erfahrungen und Erlebnisse, wie man eben den Haftalltag am besten überlebe.

Gefängniszeitung "Blickpunkte" wird kontrolliert

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Ausgabe wird genau kontrolliert

Artikel werden genau überprüft

Die Arbeit hinter Gitter ist schwierig: Internet, Aufnahmegerät und Kamera sind verboten. Ein Redaktionsgeheimnis gibt es nicht, jede Ausgabe wird überprüft, bevor sie in den Druck geht. Die letzte Entscheidung, ob ein Artikel in Druck gehe oder nicht, habe immer die Anstaltsleiterin, erklärt Chefinspektor Rudolf Karl.

Ehemaliger Häftling jetzt in Redaktion

Ohne Unterstützung seitens der Justiz und von Freiwilligen gäbe es diese Chance für die Insassen nicht. Im Burgenland ist es bereits gelungen, einen ehemaligen Häftling in einer Redaktion in Freiheit unterzubringen. Es sei eine Genugtuung, wenn er sehe, dass sich gestrauchelte Personen in der Haft wieder fangen können und sich über ein Zeitungsprojekt sogar eine Berufsausbildung für draußen schaffen, sagt Gefängnisseelsorger Emmerich Schreiner.

Nächstes Ziel der Zeitungsmacher hinter Gittern ist es, ihre Geschichten aus dem „Häfn“ auch im Internet zu veröffentlichen.