Schüler entwickeln Schoah-Mahnmal

Schüler des Gymnasiums Kurzwiese haben ein Schoah-Mahnmal entwickelt, das das Erinnern an ehemalige jüdische Schülerinnen und Schüler lebendig hält. Das Projekt nennt sich „Wanderndes Mahnmal“.

In Eisenstadt gibt es bis heute keine eigene Gedenkstätte für Opfer der Schoah. Doch engagierte Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Kurzwiese haben nun eine beeindruckende und berührende Weise gefunden, das Erinnern an ehemalige jüdische Schülerinnen und Schüler lebendig zu halten - mit dem Projekt „Wanderndes Mahnmal“. Betreut und begleitet wurde das Projekt von Gerda Aigner-Silvestrini, die das Fach Bildnerische Erziehung unterrichtet.

wanderndes Mahnmal Shoah Schüler

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Im Geschichtsunterricht „sitzen“ auch zwei Schüler aus dem Jahr 1938

Schüler von 1938 im Unterricht „anwesend“

Im Geschichtsunterricht in der 3D-Klasse spricht Birgit Steiner mit ihren Schülerinnen und Schülern über die Zeit des Nationalsozialismus. Ebenso im Raum sind immer Paul Rosenbaum und Erich Brunner - in Form von weißen Büchern. Diese zwei Schüler wurden 1938 der Schule verwiesen, sie hatten damals die dritte Klasse besucht. „Er musste die Schule in der dritten Klasse verlassen“, sagte Schüler Benno Probst. „Es ist etwas Besonderes, dass wir jetzt die beiden Schüler in der Klasse stehen haben. Das sollte man nicht vergessen, das war ein sehr tragischer Moment, auch für die Schule“, so Schüler Aron Baumann.

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Paul Rosenbaum und Erich Brunner wurden 1938 der Schule verwiesen, heute sind sie in Form von weißen Büchern „anwesend“

Weiße Bücher und digitale Biografien

1938 hat es 13 Kinder und Jugendliche mosaischen Glaubens am Gymnasium gegeben, sie alle mussten die Schule verlassen. Für jedes der 13 Opfer des Nationalsozialismus wurde ein versiegeltes Buch angefertigt. Auf dem Buchrücken befindet sich ein QR-Code, der zu den Biografien führt. „Es ist wichtig. Die Schüler konnten damals die Matura nicht machen wegen der Judenverfolgung. Und jetzt ist es wichtig für uns, dass sie das wieder nachholen können“, sagte Schülerin Mona West.

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Ein QR-Code führt zu weiteren Informationen über die jüdischen Schülerinnen und Schüler

Ehemalige Schüler immer mit dabei

Die Idee zu dem „Wandernden Mahnmal“ hatten Brigitte Ibasich und Berill Karlovits - sie haben im Fach Bildnerische Erziehung mit ihrer Lehrerin dieses besondere Gedenken entwickelt. „Es kommt mir vor, als würde man Mahnmale, die einfach dastehen, irgendwann einfach vergessen, auch wenn sie eigentlich dazu da sind, dass man sich erinnert. Und ich finde, bei einem wandernden Mahnmal, da man es ja immer mitnehmen muss, erinnert man sich daran, dass das einmal ein Mensch war, der sich auch durch die Zeiten bewegt hat, genauso wie wir heute“, erklärte Initiatorin und Schülerin Ibasich. „Ich glaube, in diesem Prozess haben wir beide eine emotionale Bindung zu diesen Büchern aufgebaut, so als wären sie tatsächlich diese Personen“, sagte Karlovits, ebenso Initiatorin und Schülerin.

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Brigitte Ibasich und Berill Karlovits haben im Fach Bildnerische Erziehung mit ihrer Lehrerin Gerda Aigner-Silvestrini dieses besondere Gedenken entwickelt

Biografien und persönliche Details gehen nahe

Schülerinnen und Schüler aus dem Wahlpflichtfach Geschichte erforschte - gemeinsam mit der burgenländischen Forschungsgesellschaft - die Biografien der 13 Mitschüler. Zum Beispiel die des elfjährigen Hans Mandl. „Er hat die meiste Zeit im Bundeskonvikt verbracht, weil er in Großpetersdorf gewohnt hat, wo die Familie auch ein kleines Geschäft hatte. Nach dem Schulverweis aufgrund seines Glaubens ist uns nichts Weiteres über seine Geschichte bekannt“, erzählte Schülerin Hannah Vachut.

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Durch die Bücher sind die vertriebenen Schülerinnen und Schüler im Gymnasium wieder präsent

Tochter einer Zeitzeugin berichtet über Vorfälle

Ein Blick ins Klassenbuch zeigt, dass es in der Zeit vor 1938 eine Handvoll Schülerinnen und Schüler jüdischen Glaubens gegeben hat, danach keine mehr. Die Tochter einer Zeitzeugin erzählte am Gymnasium Kurzwiese von damals. „Sie hat von einem Erlebnis erzählt zum Beispiel, da hat ihre Mutter erzählt, dass die Lehrer eigentlich am schlimmsten waren. Ein Lehrer hat sie vor der ganzen Klasse nach vorne geholt und gesagt: ‚So schaut eine echte Jüdin aus.‘ Also sie hat Diskriminierung und Antisemitismus immer schon gespürt“, erinnerte sich Lina Pavicsits an die Erzählungen.

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Die Bücher werden immer mitgenommen und schaffen so Bewusstsein und eine Verbindung zu den ehemaligen Schülern

„Damit es in den Gedanken der Menschen bleibt“

Die 13 Bücher stehen nun für achtsames und würdiges Gedenken an die 13 Mitschülerinnen und Mitschüler. „Es ist einfach so eine wichtige Geschichte, die man immer und immer wieder erzählen muss, damit es in den Gedanken der Menschen bleibt und dass man daran erinnert wird, dass es so eine schlimme Zeit gegeben hat und dass man aber auch von dieser Zeit lernen kann“, stellte Hannah Bader abschließend fest.