Gedenkstätte für jüdische Gemeinde eröffnet

In Mattersburg ist am Sonntag die Gedenkstätte zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde eröffnet worden. Hunderte Menschen, darunter der Bundespräsident, nahmen daran teil. Auch in Lackenbach wurden Kränze niedergelegt.

Neben Bundespräsident Alexander Van der Bellen kamen auch Isaac Ehrenfeld, Oberrabbiner der orthodoxen Gemeinde Kyriat Mattersdorf bei Jerusalem, Talya Lador-Fresher, Botschafterin des Staates Israel, und Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, zu dem Festakt nach Mattersburg. Der Oberkantor des Wiener Stadttempels, Shmuel Barzilai, sang zudem das Totengebet „El Maleh Rachamim“.

Mattersburg erinnert an ehemalige jüdische Gemeinde

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Die Gedenkstätte zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde

„Ein sehr positives Zeichen“

Talya Lador-Fresher, die Botschafterin des Staates Israel, sprach in ihrer Ansprache über die Wichtigkeit des Gedenkens: „Dass die zweite und dritte Generation der Österreicher ihre eigene Vergangenheit nachspürt und sich ihrer historischen Mitverantwortlichkeit stellt, ist ein sehr positives Zeichen. Es ist bedeutend, dass wir an diesem Platz, an dem wir heute stehen, und wo sich damals die Synagoge befand, nun ein für die Öffentlichkeit gut sichtbares Denkmal enthüllen können.“

Mattersburg erinnert an ehemalige jüdische Gemeinde

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Mehrere hundert Menschen haben an dem Festakt teilgenommen

Enkel des letzten Rabbiners von Mattersburg

Vor mehreren Hundert Festgästen erinnerte der Enkel des letzten Rabbiners von Mattersburg, Oberrabbiner Isaac Ehrenfeld, an das Schicksal der Vertriebenen und daran, dass einige von ihnen in Jerusalem, in Kirjat Mattersdorf, eine neue Heimat fanden: „Ich stehe heute mit großen Emotionen hier. In Mattersburg liegen meine Wurzeln. Sechs Generationen lang waren meine Vorfahren Rabbiner von Mattersburg.“

Mattersburg erinnert an ehemalige jüdische Gemeinde

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Unter den Besuchern waren auch viele Ehrengäste

„Gräueltaten dürfen sich nicht wiederholen“

Das Mahnmal sei auch ein Versprechen, dass sich die Gräueltaten nicht wiederholen dürfen, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Rede: „Das heißt aber auch, jenseits der unmittelbaren Erinnerung an die jüdischen Tragödien hier in Mattersburg, dass wir jeden Ansatz, jeden Anflug von Antisemitismus, Rassismus gegen wen auch immer, Hetze oder die gezielte Zerstörung der Würde von Menschen keinen Platz geben.“

Der Bundespräsident betonte in seiner Rede auch die Kultur des respektvollen Umgangs: „Ich bin überzeugt, dass der Blick zurück uns hilft, den einzig richtigen Weg in die Zukunft zu gehen - nämlich für eine Kultur des friedlichen, respektvollen Miteinanders, das auch zu leben, für die Freiheit und die Einhaltung der Menschenrechte, der Bürgerrechte, der Minderheitenrechte einzutreten. Das ist nicht nur die Zukunft Österreichs. Darin sehe ich auch die Zukunft Europas, jedenfalls jenes Europas, das sich Europäische Union nennt.“

Mattersburg erinnert an ehemalige jüdische Gemeinde

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Erinnerung als Voraussetzung für Wachsamtkeit

Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) betonte, dass die Erinnerung die Voraussetzung dafür sei, dass man wachsam bleibe, denn wer die Vergangenheit nicht sehe, bleibe auch blind für die Zukunft, so Niessl.

Die Bürgermeisterin von Mattersburg, Ingrid Salamon, sprach von einem unverzeihlichem Verbrechen, das damals geschehen ist: „Ich bin davon überzeugt, dass diese Gedenkstätte Anlass bietet hier inne zu halten, nachzudenken - was ist die Geschichte, was war die Geschichte, was hat sie gebracht - aber auch in die Zukunft zu schauen.“

Zum Schluss der Veranstaltung wurden in Erinnerung an die Verstorbenen, einer jüdischen Tradition folgend, Steine an der Gedenkstätte abgelegt.

Mattersburg erinnert an ehemalige jüdische Gemeinde

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Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft

Das Denkmal wurde von Michael Feyer entworfen: „Bei der Gestaltung war mir wichtig, Bezug auf Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft zu nehmen, was ich in Form von drei Stelen zum Ausdruck bringe.“ Die Gegenwart soll die Erinnerung aufrechterhalten. Die Vergangenheit soll die Geschichte der jüdische Gemeinde symbolisieren. Auf der Stele, die die Zukunft darstellt steht geschrieben: „Alles, was das Böse benötigt um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit.“

Mattersburg erinnert an ehemalige jüdische Gemeinde

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Vier Stelen und ein symbolisierter Torbogen

Ein symbolisierter Torbogen, der eng und niedrig ist, soll beim Durchschreiten das Gefühl von Beklemmung, des Verlassens des Heims und die beginnende Shoah vermitteln, so Feyer. Das ausgewählte Material, gerosteter Stahl, deutet die Vergänglichkeit an. Integraler Bestandteil der Gedenkstätte sind vier Sitzbänke, die zum Innehalten und Verweilen einladen.

Mattersburg erinnert an ehemalige jüdische Gemeinde

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Die Stele, die die Zukunft darstellt

Sämtliche Arbeiten - vom Entwurf, über das Konzept bis hin zur Projektleitung und der PR - wurden von Michael Feyer ehrenamtlich durchgeführt. Finanziert wurde die Errichtung der Gedenkstätte von der Stadtgemeinde Mattersburg, mit mehr als der Hälfte der Baukosten, vom Land Burgenland, dem Nationalfonds und dem Zukunftsfonds.

500 Menschen vertrieben, enteignet, ausgebürgert

1851 lebten in Mattersdorf etwa 1.500 Juden, sie machten etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung aus. Nach dem sogenannten „Anschluss“ wurden rund 500 Menschen vertrieben, enteignet und ausgebürgert. Etwa 100 davon wurden in Konzentrationslagern ermordet - mehr dazu in Auf den Spuren der Juden in Mattersburg. 1940 wurde der größte Teil des jüdischen Viertels gesprengt. Auch die Synagoge wurde dabei zerstört. Auf ihrem Platz wurde nun die Gedenkstätte errichtet.

Synagoge

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Die Synagoge in Mattersburg

Mattersburg, früher Mattersdorf genannt, zählte zu den größten der „Sieben Jüdischen Gemeinden“ des Burgenlandes. Zu ihnen zählten auch Deutschkreutz, Eisenstadt, Kobersdorf, Lackenbach, Frauenkirchen und Kittsee. Im Südburgenland gab es mit Rechnitz, Stadtschlaining und Güssing weitere jüdische Gemeinden.

Besuch des Mahnmals in Lackenbach

Am Sonntagnachmittag fand auch in Lackenbach eine Gedenkveranstaltung statt. Nach dem Festakt in Mattersburg reiste der Bundespräsident gemeinsam mit Landeshauptmann Hans Niessl nach Lackenbach weiter. Dort legten sie Kränze am Mahnmal für die ermordeten Roma und Sinti nieder.

Van der Bellen Mahnmal Lackenbach Kranzniederlegung

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Der Bundespräsident und der Landeshauptmann beim Mahnmal in Lackenbach