A4-Prozess: Frauen zum Autokauf genutzt

Der Prozess um den Erstickungstod von 71 Flüchtlingen ist am Dienstag mit Zeugeneinvernahmen fortgesetzt worden. Bei dem Prozess kamen jene Zeugen zu Wort, die in den Verkauf bzw. Kauf der Lkw involviert gewesen waren.

Bei dem Prozess gaben die Freundinnen des Vize Einblicke in die Machenschaften der Bande. So sagte die ehemalige Lebensgefährtin des eigentlich verheirateten 31-Jährigen, eine Ungarin, beim Prozess aus, sie hätte drei Lkw für den Bulgaren anschaffen müssen, ohne zu wissen, dass sie für Schlepperei genutzt werden. Die Frau verließ aus Liebe zu dem Bulgaren ihre Familie. Doch dieser habe sie nur ausgenutzt, wie sie berichtete. Sie erzählte, dass sie in Wien als Prostituierte gearbeitet hatte. Als sie mit dem Bulgaren zusammen kam, wollte sie mit ihm mit Hilfe ihrer Ersparnisse ein Obst-Gemüse-Geschäft eröffnen.

Angeschafften Lkw verschwanden

Da sie für den Transport der Waren einen Lkw brauchten, schickte der 31-Jährige die Ungarin zu einem Autohändler. Doch einen Tag nach dem Kauf hatte der Bulgare das Schwerfahrzeug wieder zurückgegeben, angeblich wegen Problemen beim Service. In Wahrheit wurden die Lkw zum Schleppen verwendet. Als auch der zweite und dritte mit dem Geld der Ungarin angeschaffte Lkw verschwand, trennte sich die Frau von dem Bulgaren. Von seinen Machenschaften will die Frau nichts gewusst haben.

Fahrer soll „Ich bin ein Mörder“ gesagt haben

Eine weitere Freundin des Bulgaren berichtete, dass sie vom Fahrer des Todes-Lkw - einem 26-jähriger Bulgare - gebeten wurde, ihm bei der Flucht zu helfen. Die beiden kannten sich bereits seit fünf Jahren und die Frau sollte ihm für seine Flucht Geld geben, sie weigerte sich jedoch. Als er weinend seine Mutter anrief und am Telefon gestand: „Ich bin ein Mörder“, riet die Bulgarin dem 26-Jährigen, zu seinen Taten zu stehen. So wurde der Lkw-Fahrer letztendlich geschnappt. Vor Gericht mit den Vorwürfen konfrontiert, meinte der junge Mann, er hätte nie gesagt, er sei ein Mörder, er sei nur der Fahrer gewesen.

Der Erstangeklagte habe mit Bargeld bezahlt

Ausgesagt hat auch der Autohändler, der der Bande mehrere Fahrzeuge verkauft hatte. Darunter befand sich auch der Kühl-Lkw, in dem die 71 toten Flüchtlinge gefunden wurden. Der Kfz-Händler aus Kecskemet schilderte, wie er 2015 den Fünftangeklagten kennenlernte, der bei ihm Autos kaufte. Über ihn kam er auch mit dem Bandenboss und seinem Stellvertreter in Kontakt. Wofür seine Kunden die Kfz benötigten, wusste der Autohändler nicht. Jedenfalls habe der Erstangeklagte mit Bargeld bezahlt.

Autohändler wollte nicht mehr angerufen werden

Der 52-jährige Fünftangeklagte habe die Fahrzeuge auf den Namen einer bulgarischen Firma erworben. Darunter befand sich der Volvo-Kühl-Lkw, der um 2,1 Millionen Forint (6.752,19 Euro) erworben wurde. Der Lastwagen sei am 25. August 2015 übergeben worden. Zwei Tage später habe ihn der Fünftangeklagte in der Früh angerufen und ihm erzählt, er habe im Radio gehört, dass es ein Problem mit dem Lkw gebe. Er sei nach Bulgarien unterwegs und wollte nicht mehr angerufen werden, schilderte der Autohändler. Danach habe er nichts mehr von dem Angeklagten gehört.

Cousin als Zeuge bei wichtigen Treffen

Zu Wort kam auch der Cousin des Hauptangeklagten. Der Afghane arbeitet in einer Pizzeria in Budapest. Er gab an, dass er erst mit der Zeit mitbekommen habe, dass der 30-Jährige mit Schleppereien sein Geld verdiente. Für 15 Wochen hatte der Afghane seinem Verwandten in Budapest Unterschlupf gewährt. Der Cousin war Zeuge, als sich der Afghane mit jenem Mann traf, der in der Hierarchie der Schlepperorganisation über dem Hauptangeklagten gestanden sein soll.

Cousin: „Viel Geld ist am Tisch gelegen“

Der Mann - ebenfalls Afghane - soll mit seinem 30-jährigen Komplizen in der Wohnung Geld gezählt haben. „Viel Geld ist am Tisch gelegen“, berichtete der Zeuge. Die Freundschaft der beiden ging sogar soweit, dass sie gemeinsam mit der Frau des Hauptangeklagten eine Woche in Griechenland Urlaub machten.

Auch der Zeuge profitierte von den Machenschaften seines Cousins. Der 30-Jährige half ihm illegal über den Irak, der Türkei und Serbien nach Ungarn zu gelangen. Über einen Kontaktmann seines Cousins hat er für seine Schleppung bis nach Ungarn 8.000 Euro bezahlt. Eigentlich wollte der Afghane nach Österreich, weil er dort Verwandte hatte.

Urteil erst 2018 erwartet

Beim Prozess am Dienstag wurde klar, dass mit einem Urteil noch in diesem Jahr nicht zu rechnen ist. Nach vier Verhandlungstagen im November, wird im Dezember Pause gemacht. Weitere Termine wird es Ende Jänner 2018 geben.

Links: