NRW: Hans Peter Doskozil im Gespräch

Im „Radio Burgenland Nachmittag“ war Freitagnachmittag Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, Spitzenkandidat der SPÖ im Burgenland, zu Gast. Er stand ORF Burgenland-Chefredakteur Walter Schneeberger Rede und Antwort.

Wird die SPÖ den holprigen Wahlkampf im Finale noch in den Griff bekommen? Wie bewertet Doskozil die Aussage von Bundeskanzler Kern, bei Platz zwei in Opposition zu gehen? Welche Koalition würde er bevorzugen? Und hat Hans Peter Doskozil, der als möglicher Nachfolger des Landeshauptmannes gehandelt wird, tatsächlich Ambitionen, in die Landespolitik einzusteigen? Um diese Themen ging es im „Radio Burgenland Nachmittag“.

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Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Gespräch mit Chefredakteur Walter Schneeberger

Chefredakteur Walter Schneeberger: Vor mir liegt Ihre brandneue Biografie, „Sicherheit neu denken“. Wie sicher ist denn Österreich? Sie werden als Sicherheitsminister bezeichnet.

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ): Eine absolute Sicherheit gibt es nicht, die Situation in und um Europa hat sich verändert. Österreich ist aber nicht so im Fokus wie andere Länder, aber absolute Sicherheit gibt es in diesem Bereich nicht. Der Terror ist ein permanenter Zustand, weil er aus dem Nahbereich Europas kommt.

Schneeberger: Sie haben einmal gesagt, Sie wären lieber Innenminister geworden – warum?

Doskozil: Das war eine Beurteilung zu Beginn meiner Tätigkeit, aufgrund meiner Vergangenheit bei der Polizei. Im Nachhinein betrachtet war es die richtige Entscheidung, ich würde nicht wechseln wollen.

Schneeberger: Das Bundesheer hatte seit Jahren schlechtes Image - Ihnen ist es gelungen, das in kurzer Zeit umzudrehen. Liegt das am aufgestockten Budget? Oder hat das auch damit zu tun, wie Sie mit dem Bundesheer umgehen?

Doskozil: Der wichtigste Faktor war sicher mehr Geld für das Ressort zu bekommen. Und natürlich auch der Assistenzeinsatz, weil wir dadurch für die Bevölkerung für die Sicherheit da sind.

Schneeberger: Was machen Sie anders als Darabos?

Doskozil: Das kann man nicht eins zu eins vergleichen. Darabos hatte eine andere Ausgangssituation. Sie war für mich einfacher.

Schneeberger: Man sagt Ihnen nach, dass Sie viel mehr auf die Soldaten zugehen?

Doskozil: Es mag ein Vorteil sein, wenn man von der Exekutive kommt, weil man unter anderem gewohnt ist in Hierarchien zu arbeiten.

Schneeberger: Ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt für Sie? Sie haben einmal gesagt, Sie haben für die Abschaffung gestimmt?

Doskozil: Wenn wir die Wehrpflicht nicht hätten, könnten wir unter anderem den Assistenzeinsatz in dieser Dimension nicht durchführen. Daher glaube ich, dass es ein gutes System ist. Die Wehrpflicht soll und wird bleiben. Ich bin ein Befürworter und jetzt auch froh, dass die Volksabstimmung damals so ausgegangen ist. (Anm.: Die Volksbefragung zur Abschaffung der Wehrpflicht wurde 2013 von der SPÖ initiiert - mehr dazu in Volksbefragung: Wehrpflicht bleibt.)

Schneeberger: Sie sind 1970 geboren, im Burgenland aufgewachsen - Ihre Mutter kam aus ÖVP-Milieu, Ihr Großvater war sogar ÖVP Bürgermeister in Dreihütten – Ihr Vater kam aus einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie - Wann hat Ihr Interesse für Politik begonnen, und warum haben Sie sich dann für die SPÖ entschieden?

Doskozil: Das politische Interesse über das Normale hinaus kam erst später, bei meiner Zeit bei der Exekutive in Wien, wo ich mich auch in der Gewerkschaft engagiert habe.

Schneeberger: Sie waren von 2010 bis 2012 Büroleiter bei Landeshauptmann Hans Niessl. Haben Sie die Politik bei ihm gelernt?

Doskozil: Im Büro von Landeshauptmann Niessl habe ich die Politik ganz nah kennengelernt, auch wie schwierig es mitunter ist, Dinge umzusetzen.

Schneeberger: Niessl hat in letzter Zeit sehr intensiv in der Innenpolitik mitgemischt, seine Zwischenrufe sind innerhalb der Partei nicht immer gut aufgenommen, wie sehen Sie das?

Doskozil: Wir befinden uns jetzt in einer finalen Wahlkampfsituation, unserer Ausrichtung ist aber ganz klar: Die SPÖ will diese Wahl gewinnen. Es gibt natürlich auch immer wieder Diskussionen, da versucht man aber auch von außen immer wieder, das Bild zu zeichnen, dass hier keine Einigkeit besteht, aber ich kann hier jeden beruhigen, wir gehen einig in diese Wahl.

Schneeberger: Man sieht Sie meist ohne Krawatte, weißes Hemd, dunkler Anzug, Sie gelten als hemdsärmelig, sind auch so plakatiert – und politische Beobachter nennen sie einen Pragmatiker. Was ist ein Pragmatiker?

Doskozil: Mein grundsätzlicher Zugang ist lösungsorientiert und im Konsens Probleme anzugehen. Speziell beim Thema Sicherheit. Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschen, mit diesem Thema sollte man nicht polemisch umgehen.

Schneeberger: Gerade beim Thema Sicherheit hat man das Gefühl, dass die Positionen der Parteien kaum unterscheiden.

Doskozil: Die Migrationsthematik ist es ein europäisches Themenfeld, weil auch die Lösungen dort liegen. Verfahrenszentren außerhalb von Europa sind aus meiner Sicht die richtige Lösung. Aber es gibt schon auch unterschiedliche Meinungen: für die Sozialdemokratie ist es zum Beispiel ganz klar, dass es im Bereich der Sicherheit Grenzen der Privatisierung geben muss.

Schneeberger: In ihrer soeben erschienen Biografie fallen mir zwei Leitsätze auf: Als Schüler: „Mit dem geringsten Aufwand den maximalen Erfolg erzielen“ und sie mögen den Widerspruch – nicht den Zuspruch. Schließen einander diese Grundsätze nicht aus?

Doskozil: Nein. Der erste Grundsatz war in der Schule mein Zugang. In meiner jetzigen Situation meine ich, dass es nicht immer gut ist, nur Leute um sich zu haben, die einen nur bestätigen. Ich mag sehr gerne, wenn man widersprüchlich diskutieren kann. Es besteht die Gefahr, dass man von zu vielen Ja-Sagern umgeben wird und auch die Gefahr, dass man die Persönlichkeit und die eigene Wahrnehmung verändert. Das versuche ich zu vermeiden.

Schneeberger: Ich möchte noch einen Satz zitieren: „Wir schaffen das“ – was fällt Ihnen dazu ein?

Doskozil: Einiges: die Flüchtlingskrise 2015 - das war eine Herausforderung und die Konsequenzen bleiben eine Herausforderung. Meiner Meinung nach hat Angela Merkel damals die Situation falsch eingeschätzt – und dieser Sager war vielleicht in dieser Situation nicht glücklich.

Schneeberger: Ihr politischer Aufstieg ist unmittelbar mit der globalen Flüchtlingskatastrophe verbunden - damals haben sie sich den Ruf eines kompetenten, ruhigen, auch sehr menschlichen Polizeidirektors erworben – ist das mit ein Grund warum Sie so hohe Beliebtheitswerte haben?

Doskozil: Das war vielleicht die Öffnung des Weges in die Politik. Ich bin mit einem Bonus gestartet, aber gerade in der Politik ist man ständig gefordert. Das wichtigste, was ich versuche umzusetzen ist die Lösungsorientiertheit: Die Menschen wollen keinen Streit, sondern Lösungen und Offenheit.

Schneeberger: Die SPÖ liegt derzeit in allen Umfragen weit zurück – was ist da bis jetzt falsch gelaufen im Wahlkampf?

Doskozil: Man kann nicht immer alles in Umfragen hineinlegen, ich denke Kurz wird derzeit in den Umfragen überbewertet. Es tritt hier so eine Art Messias-Effekt ein, ich glaube nicht, dass sich das in den Wahlen widerspiegeln wird. Es sind noch mehr als vier Wochen, es gibt noch sehr interessante Konfrontationen, das bietet Platz um das Profil der SPÖ zu schärfen. Die Wahl ist noch nicht entschieden.

Schneeberger: Wo ist noch Schärfungsbedarf?

Doskozil: Zum Beispiel beim Privatisierungstrend in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit – hier muss man sich die Frage stellen, was ist in zehn bis 20 Jahren? Hier muss man Grenzen setzen. Es gibt eben Aufgaben, die der Staat erledigen muss. Auch in der Arbeitswelt gibt es Trends, wo die SPÖ den Riegel vorsetzen muss, zum Beispiel, wenn Menschen in unsoziale Arbeitsverhältnisse gedrängt werden.

Schneeberger: Sollte es nicht gelingen, die Nummer Eins zu werden, so hat Bundeskanzler Kern gemeint, so werde die SPÖ in der Opposition landen. Niessl hat gemeint, Opposition ist Mist. Mit wem sollte die SPÖ koalieren, wenn sie nicht erste wird?

Doskozil: Jetzt herrscht mal Wahlkampf, unser klares Ziel ist wie gesagt, diese Wahl zu gewinnen. Ich glaube, diese Oppositionsansage ist unter dem Aspekt passiert, dass wir schon sehen, wie sehr sich die Positionen von ÖVP und FPÖ überschneiden, und es würde mich sehr wundern, wenn eine Koalitionsbildung zwischen ÖVP und FPÖ nicht sehr leicht wäre.

Schneeberger: Im Burgenland hatte SPÖ bei NRW immer weit über 40 – zuletzt noch immer 37,5 %, wie viel sollen es am 15. Oktober werden?

Doskozil: Ich will mich nicht festlegen, das klare Ziel ist im Burgenland die Nummer Eins zu bleiben.

Schneeberger: Wenn Sie nicht mehr der Regierung angehören sollten – kommen Sie zurück ins Burgenland?

Doskozil: Das ist für mich offen. Ich habe eine persönliche Absicherung im Bereich des Innenministeriums, nicht die Rolle des Polizeidirektors von früher, sondern die Option einer Karenzierung. Ich mache mir keine Sorgen um die Zukunft. Ich bin für viele Dinge offen.

Schneeberger: Wollen sie Landeshauptmann werden?

Doskozil: Diese Frage stellt sich nicht, das sind alles Spekulation. Ich gehe davon aus, dass Niessl nochmals antreten wird.

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