A4-Flüchtlingsdrama: Prozesstermin steht

Am 21. Juni startet der Prozess im Fall des A4-Flüchtlingsdramas. Das gab der Sprecher des Gerichts von Kecskemet, Szabolcs Sarközy, am Donnerstag der APA bekannt. Elf Männern wird qualifizierter Mord und Schlepperei vorgeworfen.

Die Bande soll dafür verantwortlich sein, dass 71 geschleppte Flüchtlinge im August 2015 in einem Kühl-Lkw qualvoll erstickt sind. Die Leichen wurden in dem an der Ostautobahn (A4) bei Parndorf abgestellten Schwerfahrzeug entdeckt. Mehr dazu in A4-Flüchtlingsdrama: Anklage wegen Mordes und in A4-Drama: Ermittlungen abgeschlossen .

Weitere Prozesstage sind für den 22., 23., 29. und 30. Juni geplant. Dabei sollen die Anklageschriften verlesen und die Beschuldigten befragt werden. Weitere konkrete Prozesstermine sind noch nicht bekannt. Ein Urteil soll bis Ende des Jahres gefällt werden.

Bande kassierte bis zu 300.000 Euro

Die Bande, die mit Schlepperei ihr Geld verdiente, soll laut Anklage mehr als 1.200 Menschen illegal nach Westeuropa gebracht haben. Dabei kassierte sie insgesamt bis zu 300.000 Euro. Seit Juni 2015 schmuggelte sie verstärkt Flüchtlinge von Serbien über Ungarn nach Österreich bzw. Deutschland. 31 solcher Fahrten konnte die Staatsanwaltschaft in Ungarn nachweisen.

Chef der Schlepperbande ist laut Anklage ein 30-jähriger Afghane. Er kassierte nicht nur die Gelder, sondern organisierte gemeinsam mit einem 31-jährigen Bulgaren und einem 51-jährigen bulgarisch-libanesischen Staatsangehörigen von Februar bis August 2015 die Fahrten.

Überfüllte Lieferwagen

Meist verwendeten sie Lieferwagen, die für den Personentransport völlig ungeeignet waren, „geschlossen, dunkel und luftlos“, beschrieb es die Staatsanwaltschaft. Die Flüchtlinge waren „unter überfüllten, unmenschlichen und qualvollen Umständen gereist“. Es gab Fahrten, wo an die 100 Menschen in ein Fahrzeug gepfercht wurden.

Obwohl alle 71 Flüchtlinge bei der tragischen Fahrt ums Leben kamen, organisierte die Schlepperbande nur einen Tag später ohne Skrupel eine weitere Fahrt mit Migranten in einem Kühllastwagen. Wieder waren 67 Menschen ohne Luftzufuhr eingepfercht. Nur durch viel Glück überlebten sie die Fahrt, weil sie die Tür des Laderaums mit den Füßen aufstießen.

Neun mutmaßliche Schlepper

Neun mutmaßliche Schlepper - ein Bulgare wurde erst vor kurzem festgenommen - warten in der Untersuchungshaft auf den Prozessbeginn im Juni. Gegen zwei weitere Bandenmitglieder wurde Anklage in Abwesenheit erhoben. Für vier Angeklagte, die an der tödlichen Schleppung unmittelbar beteiligt waren, wurde jeweils eine lebenslange Zuchthausstrafe beantragt, der Antrag gegen die anderen Beschuldigten umfasst befristete Zuchthausstrafen sowie die Abschiebung aus Ungarn.