61-Jähriger wegen „Nazi-Posting“ verurteilt

Die Zahl „88“, gepostet als Kommentar zu einem Artikel einer Tageszeitung auf deren Facebook-Seite, hat einen 61-Jährigen Wiener in Eisenstadt auf die Anklagebank gebracht. „88“ gilt in einschlägigen Kreisen als Code für „Heil Hitler“.

Ein Geschworenensenat verurteilte den Mann, der den Eintrag zugab, am Dienstag zu einem Jahr bedingter Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Weil der Facebook-Eintrag, der bei der Meldestelle NS-Wiederbetätigung angezeigt wurde, im Bezirk Neusiedl am See erfolgt war, wurden burgenländische Ermittler aktiv.

Facebook-Eintrag in Neusiedl verfasst

Der gebürtige Wiener mit Wohnsitz in Niederösterreich soll die Eintragung laut Anklage am 14. Juli des Vorjahres auf der Facebook-Seite der Tageszeitung „Österreich“ gemacht haben - als Kommentar unter einem Artikel mit dem Titel „Frauen in Angst vor Gewalt. Schock nach Messerattacke in der Wiener U-Bahn“.

Gericht, Justiz

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Der Angeklagte wollte vor Gericht nichts sagen

Die Ermittler wandten sich zuerst an die im Bezirk Neusiedl am See wohnhafte Frau des Angeklagten, weil das Posting auf ihrem Computer verfasst worden war. „Sie hat gesagt, sie weiß gar nicht, was ich da will, sie kennt sich nicht aus“, schilderte ein als Zeuge geladener Beamter. Bald darauf habe sich der Angeklagte telefonisch gemeldet und gesagt: „Das war nicht meine Frau, das war ich“.

Keine Hinweise im Wohnsitz gefunden

Der Mann wurde befragt, es gab auch eine Hausdurchsuchung an seinem niederösterreichischen Wohnsitz. Diese habe keinen Hinweis ergeben, der ihn mit der „typisch rechten Szene“ in Verbindung gebracht hätte. Weder Bücher, noch Bilder, Musik oder irgendwelche „Devotionalien“ aus der NS-Zeit seien gefunden worden. Auch Datenträger wurden ausgewertet. „Ich schließe aus, dass etwas gelöscht wurde“, meinte der Ermittler.

Ihm gegenüber habe der 61-Jährige gesagt, dass er den Eintrag geschrieben habe, aber die einschlägige Bedeutung der Zahl 88 nicht gekannt habe, erläuterte der Kriminalbeamte. Er denke, „dass der Angeklagte nicht wirklich in das typische rechte Spektrum hineinfällt“, mit dem er üblicherweise zu tun habe: „Ich bin aber der Meinung, dass er wusste, was ‚88‘ bedeutet.“

Angeklagter verweigerte Aussage

Der Angeklagte selbst blieb vor Gericht schweigsam. „Nein, ich mag nix sagen“, beantwortete er die Frage der Senatsvorsitzenden Birgit Falb, ob er aussagen wolle. Das Gericht war deshalb auf die Einvernahmeprotokolle der Polizei angewiesen.

Der Staatsanwalt sah schon durch den Facebook-Eintrag den Tatbestand der Wiederbetätigung verwirklicht. Aus Sicht der Anklage sei sich der 61-Jährige der Bedeutung seines Eintrags „durchaus bewusst“ gewesen. Als Indiz in diese Richtung wertete der Ankläger eine Äußerung des Mannes bei der Befragung durch die Polizei, wonach dieser „wegen dieser A....löcher - ich meine die Migranten, die sich nicht ordentlich verhalten, angefressen“ gewesen sei.

Geschworene urteilen einstimmig

„Er ist ein vollkommen unbeschriebenes Blatt“, ersuchte der Verteidiger um einen Freispruch für seinen Mandanten und wies nochmals darauf hin, dass die Hausdurchsuchung nichts im Sinne der Anklage Verwertbares ergeben habe. Die Geschworenen bejahten die Frage nach dem Vorliegen einer Wiederbetätigung nach Paragraf 3 des Verbotsgesetzes mit 8:0 Ja-Stimmen. Ebenso mit 8:0 wurde die Frage nach Vorliegen eines Rechtsirrtums verneint. Der 61-Jährige nahm das Urteil nach kurzem Zögern an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.