2015: Die Chronik

Nichts hat im Burgenland, Österreich und in ganz Europa so sehr bewegt wie das Thema Flüchtlinge. Tragischer Höhepunkt war die Tragödie auf der A4 bei Parndorf bei der 71 Männer, Frauen und Kinder Ende August ums Leben gekommen sind.

Der Traum von Freiheit endete für 71 Flüchtlinge, für 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder in diesem Kühl-Lastwagen tödlich. Sie waren Kriegsflüchtlinge aus dem Irak, Syrien und Afghanistan. Es war der 27. August 2015 an dem plötzlich die ganze Welt nach Parndorf (Bezirk Neusiedl) blickte.

Weltweite Erschütterung nach A4-Drama

Die Bilder von der A4-Ostautobahn gingen um die Welt - mehr dazu in 71 Flüchtlinge im Schlepper-Lkw gestorben. Dieser Tag habe nicht nur betroffen gemacht, sondern solle Aufruf, Weckruf und Mahnung sein, in Zeiten der Flüchtlingskrise rasch zu europäischen Lösungen zu kommen, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner von der ÖVP bei der ersten Pressekonferenz nach der Tragödie.

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In diesem Kühllastwagen starben Ende August 71 Flüchtlinge

Ermittlungen mit Hilfe von ungarischen Kollegen

Sofort begann die Polizei, in Zusammenarbeit mit den Behörden auf ungarischer Seite, mit den Ermittlungen. Man kooperiere sehr intensiv mit den Kollegen aus Ungarn, um diesen Fall in kooperativer Art und Weise aufzuarbeiten, so Burgenlands Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil - mehr dazu auch in Schlepper-Lkw startete in Kecskemet.

Die Behörden gingen Tage später davon aus, dass die Flüchtlinge schon auf ungarischem Staatsgebiet erstickt sind - mehr dazu in Drama auf A4: Flüchtlinge starben in Ungarn. Fünf Männer wurden in Haft genommen - mehr dazu auch in Flüchtlingsdrama: Fünfte Festnahme. Ihnen wird im kommenden Jahr in Ungarn der Prozess gemacht. Die Anklage wird wohl auf Mord lauten. Der österreichische Teil der Ermittlungen ist weitestgehend abgeschlossen - mehr dazu auch in A4-Drama: Verfahren in Ungarn.

Ähnlicher Vorfall kurz vor der Tragödie

Der Landespolizeidirektor berichtete auch von einer zweiten, beinahe zeitgleichen Schleppung. Ein Lastwagen gleicher Bauart brachte 81 Menschen über die ungarisch-österreichische Grenze bei Nickelsdorf (Bezirk Neusiedl) ins Burgenland. Der Unterschied: Dieser LKW hat eine Schiebetür. Den Menschen gelang es rechtzeitig die Tür aufzubrechen. Das rettete ihnen das Leben.

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Landespolizei Direktor Hans Peter Doskozil im Gespräch mit ORF-Burgenland-Reporter Christian Hofmann im Gespräch über die Ereignisse der letzten Monate

Die tragischen Vorfälle führten schließlich zu einer Wende in der europäischen Flüchtlingspolitik - mehr dazu in Zu Fuß nach Österreich. Die Grenzen wurden geöffnet und die Kontrollen vorübergehend eingestellt. Die Auswirkungen waren vor allem im Nordburgenland, als Verlängerung der sogenannten West-Balkanroute, zu spüren - mehr dazu in 14.000 Flüchtlinge über Nickelsdorf gereist.

Später dann auch im Landessüden bei Heiligenkreuz (Bezirk Jennersdorf) - mehr dazu in Heiligenkreuz: 580 Flüchtlinge angekommen. In der Nacht zum 5. September 2015 kamen etwa 9.000 Menschen aus Ungarn bei Nickelsdorf über die Grenze. Sie reisten mit Sonderzügen der ÖBB, mit Taxis und mit Bussen in Richtung Wien und dann nach Deutschland weiter.

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Mehr 300.000 Flüchtlinge kamen über Ungarn ins Burgenland

In den folgenden Wochen wurden in Nickelsdorf täglich zwischen 3.000 und 10.000 Menschen gezählt. Männer, Frauen und Kinder die vor Terror und Verfolgung aus ihrer Heimat flüchten mussten, weil sie um ihre Leben bangen mussten. Sie bekamen in den Anlaufstellen zu Essen, zu Trinken, ärztliche Versorgung, Kleidung und wurden in Flüchtlingsunterkünfte aufgeteilt beziehungsweise zur Weiterreise in Richtung Deutschland gebracht.

Organisatorische Herausforderung für Helfer

Mehr als 300.000 Flüchtlinge wurden so von Polizei, Rotem Kreuz, Bundesheer und unzähligen freiwilligen Helfern in Nickelsdorf und in Heiligenkreuz im Südburgenland versorgt. Eine Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft zog durch das Land. Die Einsatzorganisationen erreichten zum Teil ihre Kapazitätsgrenzen - Flüchtlinge: Freiwillige Helfer gesucht. Es würde auch nur mit Hilfe von Einsatzkräften aus anderen Bundesländern funktionieren. Das Burgenland alleine, könne das nicht mehr, sagte Reinhold Renner, einer der Rot-Kreuz-Eisatzleiter in Nickelsdorf.

Bis zur Sperre der Grenze zwischen Ungarn und Kroatien stand Nickelsdorf im Mittelpunkt des Geschehens. Ab dem 17. Oktober 2015 verlagerte sich die Flüchtlingswelle dann schlagartig zu den steirischen Grenzübergängen. In Nickelsdorf blieb es seither, bis auf weiteres, ruhig - mehr dazu in Grenze: Erstmals keine Flüchtlinge.

Schwierigkeiten bei der Suche nach Quartieren

Die Suche nach geeigneten Unterkünften wurde für das Land aufgrund der steigenden Zahlen zur Sisyphus-Aufgabe - mehr dazu in Notquartiere: 4.700 Plätze vorhanden. Auch das das Klima zwischen dem Land und dem Bund, also dem Innenministerium, wurde zunehmend rauher. Der Knackpunkt war die Quote. Es sei Chaos im Innenministerium, denn das Innenministerium sei für die Flüchtlingspolitik zuständig, sagte Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ). Er frage sich, was der Außenminister bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt getan habe und ob und welche Abkommen es gebe, um Rückschiebungen und Rückführungen von Flüchtlingen durchzuführen, so Niessl.

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Auf diesem Gelände des Bundesheeres werden nun Flüchtlinge untergebracht

Widerstand gegen Containerdorf für Flüchtlinge

Das Burgenland hinkte bei der Erfüllung der, Mitte August beschlossenen, Länderquote immer wieder hinterher, auch wenn die Landespolitik das zum Teil anders sah - mehr dazu in Niessl: Burgenland erfüllt Flüchtlingsquote oder auch in Polit-Streit um Asyl-Quote. Am 26. November 2015 nahm das Innenministerium von seinem Durchgriffsrecht Gebrauch und wollte, nach einem Angebot des SPÖ-Verteidigungsministers Gerald Klug, auf dem Truppenübungsplatz in Bruckneudorf (Bezirk Neusiedl) Asylwerber unterbringen. Die Politik sprach von einem Containerdorf für bis zu 450 Menschen - mehr dazu in Demo gegen Flüchtlingsquartier.

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Das beherrschende Thema des Jahres 2015 war im Burgenland die allgegenwärtige Flüchtlingsthematik und das Drama auf der A4. Aber es gab auch andere Themen die für Aufregung sorgten. ORF-Burgenland-Reporter Christian Hofmann mit einem kleinen Rückblick

Bruckneudorf ging daraufhin auf die Straße und protestierte mehrmals gegen die Aufstellung von den 80 Wohncontainern. Mit Erfolg: Es kam kein Containerdorf. Stattdessen wurden auf dem Bauhofgelände des Bundesheeres Wohncontainer für maximal 100 Asylwerber aufgestellt - mehr dazu in Asyl: Kompromisslösung für Bruckneudorf.

Während die Politik wohl noch länger mit der Flüchtlings- und Asylthematik beschäftigt sein wird, hat sich ein Mann 2015 nicht nur national, sondern auch international einen Namen gemacht. Burgenlands Polizeidirektor Hans Peter Doskozil erntete von allen Seiten Lob und Anerkennung für die Art und Weise, wie er und seine Beamten den Flüchtlingsansturm im Burgenland bewältigt haben - mehr dazu in.

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