Sozialphilosoph Norbert Leser gestorben

Der Sozialphilosoph Norbert Leser ist tot. Der gebürtige Oberwarter ist im Alter von 81 Jahren am Silvesterabend im Krankenhaus Eisenstadt gestorben. Bekannt wurde Leser vor allem durch seine kritische Auseinandersetzung mit der österreichischen Sozialdemokratie.

Norbert Leser wurde am 31. Mai 1933 in Oberwart geboren. Der Neffe des SPÖ-Politikers und ersten burgenländischen Landeshauptmannes nach Kriegsende, Ludwig Leser, studierte Rechtswissenschaften und Soziologie an der Universität Wien und wurde dort promoviert. 1969 habilitierte er sich an der Universität Graz am Institut für Rechts- und Staatsphilosophie – seine Habilitation „Zwischen Reformismus und Bolschewismus“ gilt heute als Standardwerk zur Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie und des Austromarxismus.

Ab 1971 war Leser der erste Ordinarius für Politikwissenschaft an der Uni Salzburg, 1978 wurde er Honorarprofessor für Politikwissenschaften an der Universität Wien. Von 1980 bis zu seiner Emeritierung 2001 hatte Leser das Ordinariat für Gesellschaftsphilosophie an der Universität Wien inne. Privat schätzte der Politikwissenschafter unter anderem Musik und Gesang - so stand Leser etwa 2002 beim Wienerlied-Festival „wean hean“ auf der Bühne.

Sozialdemokratie im Fokus

Lesers Hauptarbeitsgebiete waren die Marxismus- und Sozialismusforschung, die österreichische Zeitgeschichte sowie die Gesellschaftsphilosophie und Wissenschaftstheorie. Immer wieder stand in Lesers Werk die österreichische Sozialdemokratie im Fokus, er selbst zählte als SPÖ-„Urgestein“. Dabei übte er aber auch immer wieder heftige Kritik und kommt z.B. in seinem Buch „Das Salz der Gesellschaft“ (1988) zu dem Schluss, dass der Sozialismus wie das Gewürz „nur in entsprechender Dosis bekömmlich“ sei. Er habe sein Hauptziel - die überlegene Alternative zum Kapitalismus zu werden - verfehlt.

SPÖ-Vorsitzenden und Bundeskanzler Werner Faymann bezeichnete er 2009 als „Ausgeburt des Apparats“, im Zuge der Bundespräsidentenwahlen 2004 und 2009 wurde auch Lesers Einschätzung zum „Überlebenskünstler Heinz Fischer“, den er auch als „bösen Geist der SPÖ“ beschrieb, immer wieder zitiert.

Zahlreiche Auszeichnungen

Leser erhielt unter anderem den Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis des Österreichischen Journalisten-Clubs, den Theodor-Innitzer-Preis und war Träger des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse. Seit 1992 war er Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1999 erhielt er den Preis der Stadt Wien für Geisteswissenschaften.