„Nazi-Keller“: Staatsanwaltschaft ermittelt

Eine Szene im neuen Ulrich-Seidl-Film „Im Keller“ sorgt für Aufregung: Man sieht fünf Männer in Tracht, die in Marz in einem Keller voller Nazi-Devotionalien sitzen. Zwei der Männer sind ÖVP-Gemeinderäte. Am Freitag traten sie zurück und aus der ÖVP aus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Die Szene aus Seidls neuem Filmessay macht fassungslos: Denn sie stellt nicht das Jahr 1938 nach, sondern wurde bei den Dreharbeiten im Jahr 2009 in einem Keller in Marz (Bezirk Mattersburg) aufgenommen. Das besonders Pikante daran: Zwei der Sänger, die sich unter dem Hitler-Bild filmen ließen, waren bis Freitag ÖVP-Gemeinderäte. Aufgedeckt wurde der Fall am Donnerstagabend in einer Sendung von Puls 4.

Die entsprechende Szene aus dem Filmtrailer:

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Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt ermittle bereits gegen alle fünf in dem Film agierenden Personen wegen des Verdachts auf Verletzung des Verbotsgesetzes, sagte Magdalena Wehofer, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, am Freitag. Bereits vor etwa eineinhalb Wochen sei Anzeige erstattet worden. Nach Prüfung dieser Anzeige sei nun das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, so Wehofer.

„Es wird wegen Verdachts nach Paragraf 3G Verbotsgesetz ermittelt. Der Paragraf 3G hat jede Betätigung im nationalsozialistischen Sinne zum Inhalt. Darunter versteht man jedes Verhalten, das geeignet ist, eine spezifische Zielsetzung der NSDAP zu propagieren oder zu neuem Leben zu erwecken“, so Wehofer. Der Strafrahmen für Verstöße nach dem Verbotsgesetz beträgt ein bis zehn Jahre Gefängnis. Die beiden Marzer legten nach Rücktrittsaufforderungen von mehreren Seiten ihre Funktionen im Gemeinderat zurück und traten aus der Volkspartei aus - mehr dazu in ÖVP distanziert sich von Ex-Gemeinderäten.

Besitzer des Kellers gab 2009 Interview

Der Besitzer des Kellers, Josef Ochs, wollte den ORF am Donnerstag nicht in seinen Keller lassen. Er gab allerdings im Jahr 2009 bei den Dreharbeiten freimütig ein Interview.

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„Der Keller gehört eigentlich mir alleine. Da kann ich tun, was ich will. Da hänge ich auf, was ich will und was mir gefällt. Sammeln tue ich eigentlich alles, was ich kriege aus der alten Zeit. Ja, da kann ich tun, was ich will. Die Frau ist oben, und ich bin herunten“, sagte Ochs damals in dem Interview.

In diesem Haus befindet sich der Keller

ORF

In diesem Haus in Marz befindet sich der Keller, der in dem Film zu sehen ist

DÖW-Experte: Verstoß gegen Abzeichengesetz

Ob Ochs gegen das Verbotsgesetz verstoßen hat, müssen erst die Ermittlungen zeigen. Nach dem was man im Film „Im Keller“ sehen kann, habe der Marzer auf jeden Fall gegen das Abzeichengesetz verstoßen, sagte Andreas Pehman, Experte für Rechtsextremismussammlungen im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), und zwar nicht, weil er „Nazi-Relikte“ sammelt, sondern weil er sie öffentlich gezeigt hat. Ein Verstoß gegen das Abzeichengesetz ist eine Verwaltungsübertretung, der Strafrahmen im Abzeichengesetz sei erst vor kurzem auf 4.000 Euro erhöht worden, sagte Peham.

Reaktion von Seidl

Regisseur Seidl sagte Donnerstagabend bei der Premiere von „Im Keller“, dass jeder, der in seinen Filmen mitspiele, das ganz bewusst tue. Niemand werde dazu überredet, etwas zu tun, was er nicht wolle, so Seidl.

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Seidl zeigte sich „überrascht“ von den Folgen seines Films. Der Besitzer des Kellers voller Nazi-Devotionalien würde „nicht Wiederbetätigung betreiben. Er verharmlost die Vergangenheit“, sagte Seidl im Interview mit ORF Wien. Wenn dem Kellerbesitzer „jetzt Schaden zugefügt wird, ist das nicht in meiner Absicht gelegen“, so Seidl – mehr dazu in Seidl: „Keine Wiederbetätigung (wien.ORF.at).