Verfassungsreform fix: SPÖ und ÖVP einig

Im Burgenland wird das Proporzsystem abgeschafft. Darauf haben sich SPÖ und ÖVP geeinigt. Damit ist der Weg zur freien Koalitionsbildung in der Regierung künftig frei - nach der Landtagswahl im kommenden Jahr. Das Ganze ist Teil einer Gesamtreform der Landesverfassung.

Im Burgenland wird es eine Verfassungsreform geben, die das Aus für das Proporzsystem bringt. Nach diesem System, das seit Jahrzehnten gilt, ist eine Partei ab einer bestimmten Stärke im Landtag automatisch in der Regierung vertreten. Im Burgenland sitzen die Vertreter der Großparteien SPÖ und ÖVP auf der Regierungsbank.

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ORF

„Modernste Verfassung“

Nach monatelangen Verhandlungen ist jetzt fix, dass dieses System gekippt wird. Gemeinsam traten Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und Landeshauptmannstellvertreter Franz Steindl (ÖVP) vor die Medienvertreter.

„Was wir ihnen heute präsentieren können, ist die modernste Verfassung aller österreichischen Bundesländer, die es schon im nächsten Jahr im Burgenland geben wird. Sie soll möglichst rasch beschlossen werden. Es gibt eine Einigung auf politischer Ebene zwischen ÖVP und SPÖ. In vielen Punkten - ich weiß nicht, ob in allen - werden auch dieser Verfassungsänderung die Oppositionsparteien zustimmen“, so Niessl.

„Wir dürfen wirklich voller Stolz behaupten, dass es die modernste Verfassungsreform ist. Eine Reform, wo nicht nur der Proporz abgeschafft wird, sondern wo auch das Gesamtpaket stimmt. Der Landtag wird aufgewertet, es gibt mehr Kontrollrechte seitens der Oppositionsparteien und es gibt auch mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten der Wähler“, sagte Steindl.

Stimmenstärkste Partei lädt zu Verhandlungen

Nach der nächsten Landtagswahl, im Frühjahr 2015, gibt es dann also bei der Regierungsbildung freie Wahl der Regierungspartner. Die stimmenstärkste Partei lädt zu Regierungsverhandlungen. Weitere Eckpunkte der Reform: Die Landesregierung soll - allerdings erst ab 2020 - von sieben Mitgliedern auf fünf verkleinert werden.

36 Abgeordnete bleiben

Derzeit hat die SPÖ - mit Landeshauptmann Hans Niessl an der Spitze - vier Regierungsmitglieder, die ÖVP - mit Landeshauptmannstellvertreter Franz Steindl - drei. Unverändert bleibt die Zahl der 36 Landtagsabgeordneten und der drei Landtagspräsidenten. Für Vorzugsstimmenmandate gibt es künftig keine Prozenthürde mehr, ein zweiter Wahltag wird eingeführt, außerdem kommen Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrecht.

Mehr Demokratie und Kontrolle

Der Landesrechnungshof bekommt Prüfungsrechte für Gemeinden unter 10.000 Einwohnern. Moderner soll die Landesverfassung dadurch werden, heißt es von Rot und Schwarz. Die Schlagworte: mehr Demokratie, mehr Kontrolle, mehr Persönlichkeitsrecht. Das Burgenland schafft damit als fünftes Bundesland den Proporz ab. Auch Kärnten plant die Umstellung. In Niederösterreich, Oberösterreich und Wien gilt weiterhin das Proporzsystem.

Tschürtz: „Bin irritiert“

FPÖ-Chef Johann Tschürtz zeigte sich verwundert, dass die Regierungsparteien am Dienstag eine Einigung präsentierten, ohne noch einmal mit der FPÖ verhandelt zu haben.

„Ich muss gestehen, ich bin sehr irritiert. Es hat zwar zwei Verhandlungsrunden gegeben, aber in die letzte Runde - wo man dann definitiv bekannt gibt, welches Ergebnis es gibt - waren wir nicht eingebunden. Wir sind die stärkste Oppositionspartei mit Klubstatus. Wir sind sozusagen die Oppositionsführer und das ist so eine tiefgreifende Reform, dass ich sehr stark irritiert bin. Ich muss gestehen, ich weiß nicht, was da heute beschlossen wird, aber das ist kein Zugang zur Opposition“, so Tschürtz.

Petrik: „Mehr Gespräche“

Ähnlich war die Reaktion der Grünen Landessprecherin Regina Petrik. „Möglicherweise bin ich noch ein wenig naiv, weil ich zum ersten Mal bei solchen Parteienverhandlungen dabei bin. Ich bin davon ausgegangen, dass man zusammensitzt, miteinander redet, abstimmt, diskutiert und eine Einigung findet. Was ich jetzt erfahre ist, dass man zusammensitzt und andere eine Einigung präsentieren. Ich bleibe bei meiner Naivität, dass wir das noch mit einem guten Gespräch miteinander klären können“, so Petrik.

Kölly: „Zufrieden mit Ergebnis“

Liste Burgenland-Mandatar Manfred Kölly hingegen ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden. „Ich freue mich , dass es wirklich so weit gekommen ist, dass der Proporz abgeschafft wird. Es ist auch wichtig, dass sich das Land öffnet und in eine andere Richtung denkt. Wir haben uns eingebracht – mit guten Ideen und Vorschlägen. Es gibt jetzt anscheinend einen Kompromiss, dem wir natürlich zustimmen werden. Ich denke, man kann hier vieles bewegen und wir - die Liste Burgenland – sind diejenigen, die sich auch gerne in der Regierung wiederfinden wollen und auch entsprechend für die Menschen in diesem Land arbeiten wollen“, sagte Kölly.

Ertlschweiger: „Überfälliger Schritt “

Team Stronach Burgenland-Obmann Rouven Ertlschweiger begrüßte die geplante Verfassungsreform und die damit verbundene Abschaffung des Proporzes. „Dieser Schritt ist längst überfällig und ein Meilenstein für das Burgenland. Die große Koalition ist damit nicht mehr in Stein gemeißelt - eine Regierungsbeteiligung ist künftig für alle Parteien möglich“, so Ertlschweiger. Einziger Wermutstropfen ist für Ertlschweiger, dass die Regierung erst ab dem Jahr 2020 von derzeit sieben auf fünf Mitglieder verkleinert wird, und dass auch die Anzahl der Abgeordneten gleich bleibt.

NEOS: „Zu wenig Transparenz“

NEOS-Landessprecher Christian Schreiter begrüßte diesen bereits „mehr als überfälligen Schritt“. „Es ist sehr positiv, dass der Proporz abgeschafft wird und das sich endlich etwas bewegt. Trotz allem ist das, was hier präsentiert wird, weit weg davon aus dem Burgenland ein Musterland in Sachen Transparenz und Bürgerbeteiligung zu machen“, sagte Schreiter.

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