Der Staatsvertrag
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Kultur

Cselley Mühle: Auf den Spuren des Staatsvertrags

„Österreich ist frei!“ Dieser legendäre Ausspruch Leopold Figls ist der Titel eines Festivals, das am 30. April bei freiem Eintritt in der Cselley Mühle Oslip stattfindet. Politisches kommt dabei nicht zur kurz: Neben Musik gibt es auch eine Lesung aus dem Österreichischen Staatsvertrag.

Im Österreichischen Staatsarchiv fand ein Vorgespräch für das Festival „Österreich ist frei!“ statt. „Der Impuls mit dem Staatsvertrag war, dass der Ukraine-Krieg ausgebrochen ist und uns in kürzester Zeit kollektiv bewusst geworden ist, dass man ordentlich am Energietropf der Sowjetunion – jetzt bin ich schon im Wording des Staatsvertrags, heute Russland – hängen, dass man eigentlich als ‚Österreich ist frei-es‘ Land abhängig ist. Und da kam mir die Idee: Was steht eigentlich in dem Staatsvertrag drin?“, erzählt Veranstalter Thomas Andreas Beck.

Zentralarchiv außen
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Das Zentralarchiv in Wien außen
Staatsarchiv Keller
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Der Österreichische Staatsvertrag befindet sich im ersten Kellergeschoß des Zenralarchivs

Staatsvertrag liegt im Zentralarchiv

Der Österreichische Staatsvertrag liegt im Zentralarchiv, das neun Stock hoch und vier Keller tief ist. Der Bernsteiner Dieter Lautner ist dort Archivar. „Hier sind die Staatsurkunden, die Staatsverträge, die Österreich mit anderen Ländern abgeschlossen hat, von 1918 bis heute gelagert“, sagt er.

Historisches Bild: Der Staatsvertrag wird unterzeichnet
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Ein historisches Bild: Der Staatsvertrag wird im Schloss Belvedere unterzeichnet

Unterzeichnung 1955

Am 15. Mai 1955 wurde im Schloss Belvedere in Wien der Staatsvertrag unterschrieben. Legendär ist Außenminister Leopold Figls Ausruf nach der Unterzeichnung.

Original ist in Moskau

Der Vertrag mit den originalen Unterschriften liegt in Moskau, alle anderen Staaten – Frankreich, die USA, Großbritannien und Österreich – besitzen beglaubigte Kopien.

Thomas Andreas Beck, Dieter Lautner, Katrin Praprotnik
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Dieter Lautner erklärt: Der Staatsvertrag wurde in vier Sprachen aufgesetzt: Russisch, Französisch, Englisch und Deutsch. Veranstalter Beck und Politikwissenschafterin Praprotnik begutachten mit Lautner gespannt den Staatsvertrag.

Besonders wichtiges Dokument für Österreich

Der ÖStaatsvertrag ist ein juristischer Text, der wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen klärte. Ein Dokument, das für die Geschichte und das Verständnis Österreichs besonders wichtig ist. „Es hat zehn Jahre gedauert nach dem Zweiten Weltkrieg, bis wir wirklich unseren Staatsvertrag hatten und Österreich ein souveräner Staat wurde“, so Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik.

Entscheidend: „Anschluss-Verbot“ an Deutschland

„Ein ganz entscheidender politischer Punkt ist das sogenannte Anschluss-Verbot an Deutschland“, sagt Lautner. Und Prapronik fügt hinzu: „Es steht beispielsweise nicht die Mitschuld Österreichs am Zweiten Weltkrieg im Staatsvertrag drinnen, so dass eben dieses ‚Österreich ist das erste Opfer des Nationalsozialismus‘ auch so lang weitergetragen wurde.“

„Mir gefällt, dass auch Minderheitenrechte Teil dieses Vertrags sind, weil es in Österreich anerkannte Minderheiten gibt und die werden auch im Staatsvertrag angeführt“, sagt Lautner.

Das Exemplar aus dem Staatsarchiv darf nur bei Ausstellungen gezeigt werden, aus einem Faksimile wird beim poetisch-politischen Festival in der Cselley Mühle Oslip vorgelesen.

Zeilen aus dem Staatsvertrag
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Der Staatsvertrag besteht aus einer Präambel und neun Teilen