Katharina Unger
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Wirtschaft

Katharina Unger: Geschäft mit Insekten

Seit Ende Jänner ist in der Europäischen Union das Beimischen von Insektenpulver, etwa von gemahlenen Mehlwürmern oder Grillen, zu Lebensmitteln zu einem gewissen Prozentsatz erlaubt. Mit diesem Themenbereich beschäftigt sich die gebürtige Moschendorferin Katharina Unger.

Unger hatte die Idee, Lebensmittelabfälle möglichst sinnvoll zu verwerten, indem sie an Insekten weiterverfüttert werden. Anlagen, in denen genau das passiert, verkauft sie mit ihrer Firma an Unternehmen in mehreren Ländern Europas. Die Maschinen werden in einer Fabrikshalle in Wien Simmering konzipiert, hier ist auch das Hauptquartier des Start-ups „Living Farms“.

„Der Kunde kommt oft mit organischen Rohstoffen – wie kartoffelbasierte Rohstoffe oder aus der Stärkeproduktion oder aus Gemüse und Obst. Und wir konditionieren das hier und formulieren eine Futterformel, die funktioniert, um die Insekten ideal zu züchten“, erklärt Unger.

Unternehmen, die viele organische Abfälle produzieren

Die angesprochenen Kunden sind Unternehmen, die ein hohes Maß an organischen Abfällen produzieren, wie beispielsweise eine Fabrik, die Pommes Frites herstellt. Ihre Reststoffe verfüttern sie in der Anlage vor Ort an die Larven der schwarzen Soldatenfliege.

Die werden damit gemästet und anschließend im Ganzen getrocknet oder zu Fetten oder Insektenmehl weiterverarbeitet. Produkte, die dann weiterverkauft werden und in erster Linie in Tierfutter landen. Die Babylarven züchtet Livin Farms selbst und verschickt sie an die Kunden. Das Konzept ist gleichermaßen wirtschaftlich und nachhaltig.

Produkte aus Insekten
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Die Larven der schwarzen Soldatenfliege werden gemästet, getrocknet und zu anderen Produkten weiterverarbeitet

Im Fokus: Reststoffe vor Ort verwerten

„Reststoffe möglichst vor Ort in einem kleinen Umkreis zu verwerten und einmal Umsätze zu generieren für unsere Kunden, aber auch wirklich die Wertschöpfung auf einer Energiebilanz-Ebene zu erzielen – das steht im Fokus und da kann man schon sehr viel Wirkung haben, auch wenn man nur im Tierfutterbereich unterwegs ist“, sagt Unger.

Larven in einer Hand
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Noch ist der Insektenmarkt im Tierfutterbereich am größten, das soll sich aber bald ändern, glaubt Katharina Unger

Markt im Tierfutterbereich am größten

Denn anders als etwa die Hausgrille oder die Larven des Mehlkäfers ist die schwarze Soldatenfliegenlarve in Europa noch nicht für den menschlichen Verzehr zugelassen. Noch ist der Markt im Tierfutterbereich weitaus größer. Dass sich aber auch diese Insektenart als Lebensmittel eignet, davon ist Katharina Unger überzeugt: „Wir rechnen damit, dass es in den nächsten ein bis zwei Jahren der Fall sein könnte. Und dann steht uns natürlich ein weiterer Geschäftsbereich offen.“

Laibchen mit Larvenanteil
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ExpertInnen glauben, dass künftig öfter Insektenmahlzeiten auf unseren Tellern landen werden

Insekten: Nahrungsmittel der Zukunft?

Viele Expertinnen und Experten sehen in Insekten ein Nahrungsmittel der Zukunft. Sie gelten als besonders nahrhaft und pflegeleicht. Außerdem essen wir sie ohnehin schon – in Europa allerdings weitgehend unbewusst, so Unger: „Jeder isst im Schnitt ein halbes Kilo Insekten pro Jahr tatsächlich pro Kopf – und zwar in gefrorenem Gemüse, in Suppen, in Müsli etc. Das heißt, das Insekt ist sowieso schon da. Man kann eigentlich nicht darum herumkommen. Man wird in Zukunft das vielleicht etwas bewusster machen und das Insektenprotein wird als funktionaler Bestandteil unserer Lebensmittel irgendwann mal da sein.“ Bis dahin wird es aber noch ein wenig dauern. Der Markt mit den Insekten hat seinen Zenit noch lange nicht erreicht.

Gelernte Industriedesignerin

Unger ist eigentlich Industriedesignerin, in diesem Beruf entwarf sie vor allem elektronische Geräte. Aufgewachsen ist sie in Moschendorf im Südburgenland auf einem Bauernhof, deswegen war ihr die Zucht von Tieren grundsätzlich nicht fremd. „Ich wollte mit meiner Ausbildung aus der Produktentwicklung etwas machen, das eine große globale Wirkung hat. Und ich denke, die Kombination von beidem gefunden zu haben“, so Unger.

Idee entstand in Hongkong

2012 arbeitete sie in Hongkong als Industriedesignerin und sah dort, dass es auf dem Markt und in Restaurants eine unglaubliche Fülle an Lebensmitteln gab. Als sie im Meer rund um Hongkong tauchte, sah sie dort aber „weit und breit keinen Fisch“. Sie setzte sich dann zum Ziel, mit dem kleinstmöglichen ökologischen Fußabdruck Proteine herzustellen.