Bischof Ägidius Zsifkovics
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Religion

Zsifkovics für freie Wahl bei Zölibat

Nach seiner Krankheitspause wegen Knieproblemen ist Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics wieder zurück. Im Osterinterview mit dem ORF Burgenland nahm er Stellung zur Klimakrise, zum Älterwerden und zum Zölibat. Dieser sollte den Priestern freigestellt werden, so der Bischof.

burgenland.ORF.at: Wir treffen uns heute auf einer kleinen Anhöhe in der Nähe von St. Georgen bei Eisenstadt. Sie haben diesen Weg auf sich genommen, obwohl Sie zuletzt Beschwerden mit dem Knie hatten. Wie geht es Ihnen denn jetzt?

Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics: Ich bin dankbar, dass die Therapien und die ärztliche Hilfe, auch die Hilfe des Pflegepersonals sehr gut gegriffen hat und dass ich jetzt wieder auf dem Weg der Besserung bin. Und ich hoffe, dass es auch so gut weitergeht.

Hannes Auer und Bischof Ägidius Zsifkovics
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ORF-Burgenland-Reporter Hannes Auer traf Bischof Ägidius Zsifkovics in St. Georgen zum Interview

burgenland.ORF.at: Der Anlass unseres Gesprächs ist das Osterfest. Ostern ist ein Fest der Auferstehung, etwas Jenseitiges. Aber hat Ostern auch eine konkrete Bedeutung für unser Leben im Hier und Jetzt?

Zsifkovics: Ein evangelischer Theologe hat es sehr schön auf den Punkt gebracht. Ostern kann heißen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, aber Ostern muss gleichzeitig auch heißen, dass das Leben hier auf Erden wandelbar ist. Und dazu braucht es österliche Menschen, die diese Erde, die diese Welt verändern. Mit österlichen Augen, mit österlichen Beinen, die das Licht und die Osterfreude in die Welt bringen.

burgenland.ORF.at: Sie feiern in Kürze ein weiteres Fest, ihren Geburtstag, den 60er. Wie geht es Ihnen denn mit dem Älterwerden?

Zsifkovics: Ja, man kommt gar nicht mit, das geht immer schneller. Jedes Jahrzehnt hat man das Gefühl, ist wie ein Schnellzug – ein Railjet, der da durch die Gegend fährt. Aber ich habe mich langsam darauf eingestellt, und ich hoffe, dass ich dieses Älterwerden auch gut innerlich mitvollziehen kann.

burgenland.ORF.at: Das Älterwerden und das Alter an sich ist eine Gabe, aber auch eine Herausforderung. Denken wir an die Herausforderungen der Pflege und auch und besonders des Sterbens. Wie sollten wir denn als Gesellschaft diesen Aufgaben begegnen?

Zsifkovics: Ich glaube, wir haben hier sehr, sehr große Aufgaben, als Christen ganz besonders, dass wir den Schutz des Lebens in den Mittelpunkt stellen, und zwar des Lebens von der Geburt bis zum natürlichen Ende. Dass wir uns hier einsetzen für die Menschen, um ihnen beizustehen, um sie an der Hand zu nehmen, um ihnen wirklich das Leben zu erleichtern. Aber dabei sollen wir gleichzeitig auch unsere Augen immer wieder offenhalten für alle unsere Mitmenschen, vor allem jene, die arm sind, die von den Sorgen und Nöten unserer gegenwärtigen Zeit total frustriert, vielleicht auch resigniert sind. Und wir sollen dabei auch vor allem die Kleinen, die Randgruppen und auch die Fremden nicht vergessen.

burgenland.ORF.at: In einem fortgeschrittenen Alter ist auch Papst Franziskus, 86 Jahre, hatte zuletzt auch gesundheitliche Probleme und er ist trotz dieses Alters ein Mann der Veränderung. Zuletzt hat er den Zölibat infrage gestellt und Sie haben sich in Folge, würde ich sagen, recht differenziert dazu geäußert. Ist das für Sie keine Frage von Ja oder Nein?

Zsifkovics: Das ist eine Frage, die die Kirchengeschichte immer schon bewegt hat. Aber in den letzten Jahren und Jahrzehnten ist sie wieder mehr öffentlicher geworden und die ganze Kirche ist hier gefordert, nachzudenken, ob wir dieses nicht göttliche Gesetz, sondern dieses kirchliche Gesetz nicht auch einer Erneuerung, einer Änderung unterziehen, und zwar in der Hinsicht, dass man es freistellt. Es soll der Zölibat seinen Wert haben und es soll genauso auch die zölibatäre und nicht zölibatäre Lebensweise auch ihren Wert haben. Und der Priester soll frei wählen können.

Hannes Auer im Gespräch mit Bischof Ägidius Zsifkovics
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Priester sollten frei wählen können, sagte der Bischof zur Debatte um den Zölibat

burgenland.ORF.at: Sie haben zuletzt vielleicht auch in diesem Zusammenhang gesagt, die Kirche sollte die Zeichen der Zeit erkennen. Was hieße das denn für die Kirche? Wie soll die Kirche moderner werden?

Zsifkovics: Ich glaube, die Kirche ist immer wieder herausgefordert. Und das hat das Zweite Vatikanische Konzil sehr klar gesagt, das „aggiornamento“ zu machen, das heißt die „Verheutigung“. Das heißt, die Kirche soll nicht jede modische Sache mitmachen, denn dann wäre sie vielleicht banal und lächerlich, aber sie soll das Heute erkennen, und sie soll das Wesentliche ins Heute übersetzen und weitertragen. Und ich glaube, das ist unsere vorrangige Aufgabe.

burgenland.ORF.at: Ein aktuelles Thema ist die Klimakrise, die, kann man vielleicht auch sagen, eine Bedrohung für die Schöpfung darstellt. Und Kardinal Schönborn hat zuletzt Verständnis geäußert für die Anliegen der letzten Generation. Er sagt, er versteht die Wut dieser jungen Menschen. Was halten Sie denn von sogenannten Klima-Klebern zum Beispiel?

Zsifkovics: Also ich muss sagen, das ist ja ein Hilfeschrei der jungen Generation, um die Bewahrung der Schöpfung voranzutreiben und hier wirklich auch konkrete Taten folgen zu lassen. Und ob die Methode die richtige ist, ich glaube, das ist dahingestellt. Da würde ich mir andere Methoden lieber wünschen. Aber dieser Hilfeschrei um die Bewahrung der Schöpfung und das ist auch das, was die Kirche durch Jahrzehnte und Jahrhunderte auch immer wieder sagt und sich dafür einsetzt, das ist ein berechtigtes Anliegen und damit helfen wir, dass unsere Schöpfung und unsere Welt nachhaltig lebt, dass wir nicht diese unsere Schöpfung ausbeuten.

burgenland.ORF.at: Es bestehen Gräben in Österreich in dieser Frage, aber auch in anderen Fragen. Sie plädieren dafür, diese Gräben zu überwinden. Aber was heißt das genau?

Zsifkovics: Wir leben alle nach der Pandemie, nach dem Krieg in der Ukraine und auch durch die vielen Teuerungen und Veränderungen in der Gesellschaft immer wieder diese Spaltung. Ob es jetzt auch in der Kirche ist, ob es in den politischen Parteien ist, ob es auch in der Gesellschaft ist – hier braucht es einfach Brückenbauer. Die braucht es in der Kirche, die braucht es in der Politik, in der Gesellschaft. Und ein jeder und eine jede ist hier aufgerufen, nicht zu spalten, sondern in dieser schwierigen Situation zusammenzustehen, Brücken zu bauen, solidarisch zu sein.

burgenland.ORF.at: Jetzt, zu Ostern, treffen einander Familien und da prallen vielleicht auch unterschiedliche Ansichten aufeinander, im Zuhause. Hätten Sie eine einigende Osterbotschaft für uns?

Zsifkovics: Ich glaube, Ostern ist für alle, ob sie glauben oder nicht, auch ein wichtiges Fest, hat eine wichtige Botschaft, nämlich die Botschaft, dass es das Fest des Lebens ist. Das heißt, nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern das Leben. Es ist das Fest auch der Hoffnung. Nicht die Hoffnungslosigkeit und die Resignation sind uns mitgegeben, sondern Freude und Mut und Zuversicht. Das braucht man in jedem Leben. Und nicht zuletzt ist es auch die Botschaft des Friedens. Die ersten Worte des Auferstandenen waren: „Der Friede sei mit euch, fürchtet euch nicht.“ Was braucht es heute mehr denn je? Diesen Frieden und auch diese Furchtlosigkeit – und das ist auch mein Osterwunsch an alle.

burgenland.ORF.at: Herr Bischof Zsifkovics wir danken für das Gespräch

Das Gespräch führte Hannes Auer, burgenland.ORF.at