Jugendliche auf einem Gehweg von hinten
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Gesundheit

Jugendliche unter Druck

Die psychischen Probleme bei jungen Menschen nehmen zu – das ist das Fazit einer Studie der WHO, an der mehr als 7.000 Jugendliche in Österreich teilnahmen. Die Studie zeigt: Der psychische Druck wächst, bei Mädchen sogar stärker als bei Burschen.

Selina Lampl und Sarah Schmidl sind 14 Jahre alt, Jan-Ilias Eisner und Ivan Rajkovic sind 16 – alle vier leben im Bezirk Mattersburg. Sie haben unterschiedliche Interessen, aber durchaus ähnlichen Sorgen und Herausforderungen. Auch sie beobachten, dass sich viele Jugendliche immer mehr zurückziehen. Er merke, dass sich viele Leute an seiner Schule distanzierten und nicht mehr so viel mit Menschen zu tun haben wollten, schilderte Ivan im ORF-Burgenland-Interview mit Andreas Berger. „Unsere sozialen Kontakte sind weniger, wir sperren und immer mehr zu Hause ein und gehen kaum noch raus“, bestätigte Selina.

Vier Jugendliche sitzen auf Stufen
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Ivan, Jan, Selina und Sarah

Soziale Medien beeinflussen Lebensgefühl

Jan meinte, dass viele sich lieber mit Computerspielen beschäftigen würden, als hinauszugehen und Sport zu treiben. Für viele Jugendliche sind das vor allem Nachwirkungen der Coronavirus-Maßnahmen. Soziale Medien sind für Jugendliche wichtig, Smartphones ständige Begleiter. Man schaue von einer Nachricht zum nächsten Video und dann zum nächsten und so seien schnell zwei Stunden vorbei, erklärte Jan. „Wenn wir auf Instagram oder TikTok viele Influencer sehen, die einfach irgendwie schöner aussehen als wir, dann fühlen wir uns schlechter und das beeinflusst unser Leben“, sagte Selina und auch Sarah stimmte dem zu.

Psychische Gesundheit von Jugendlichen

Eine groß angelegte Studie zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen, initiiert von der WHO, zeigt: Die Jugendlichen fühlen sich generell öfters schlecht gelaunt, die Ernährung hat sich verändert, und Soziale Medien wie Instagram spielen eine große Rolle.

Laut der WHO-Studie essen die Jugendlichen zwar mehr Gemüse und Obst, aber auch mehr Süßigkeiten. Mobbing in der Schule hat abgenommen und sich mehr ins Internet verlagert. Den Optimismus für die Zukunft lassen sich die vier Jugendlichen jedenfalls nicht nehmen, auch wenn sie sich wegen des Klimawandels doch Sorgen machen.

Psychotherapeut: Psychische Probleme nehmen zu

Der Mattersburger Jakob Fekete ist Psychotherapeut und auf Jugendliche und Suchterkrankungen spezialisiert. Auch er nehme in seiner Praxis wahr, dass die psychischen Probleme bei Kindern und Jugendlichen zunehmen, sagte er im „Burgenland heute“-Gespräch am Freitagabend. Man habe in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anstieg bemerken können. Das zeige sich auch in den Daten des Psychosozialen Dienstes Burgenland, dort gebe es bei den begleitenden Fällen einen Anstieg von ungefähr 300 Prozent.

Psychotherapeut zur psychischen Gesundheit

Jakob Fekete, Psychotherapeut aus Mattersburg, erläutert, warum sich die psychische Gesundheit unserer Jugend verschlechtert.

Klassischerweise seien im Jugendalter Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen und teilweise auch Essstörungen die häufigsten Diagnosen, erklärte Fekete. Doch wie sich das dann bei den Kindern im Alter äußere, sei ganz unterschiedlich. Manche Kinder zögen sich zurück, andere wieder hätten vielleicht einen erhöhten Substanzkonsum. Bei Aggressionen gebe es einen klaren Geschlechterunterschied, so der Psychotherapeut. Burschen gingen damit eher nach draußen, während es bei Mädchen eher gegen sich selbst gerichtet sei. Das könne beim sozialen Rückzug anfangen, aber auch bis zu suizidalen Gedanken gehen.

Fekete: Verlierer im Vergleich zur Social-Media-Welt

Fekete glaubt, dass der Konsum von Sozialen Medien auch eine Rolle dabei spielt, dass Mädchen stärker von psychischen Problemen betroffen sind als Burschen. Man wisse, dass dieser Konsum bei Mädchen um einiges höher sei. Was in den Sozialen Medien präsentiert werde, spiegle nun einmal nicht die Realität wider. Beim Vergleich mit dieser Welt, in der das Schöne, Guten und Freudvolle präsentiert werde, steige man meistens als Verlierer aus und das mache eben einen Druck, so Fekete. Natürlich ließen auch CoV-Pandemie, der Angriffskrieg in der Ukraine und die Klimakrise nicht unbedingt freudvoll in die Zukunft blicken, doch die Probleme im Jugendbereich habe man schon vor diesen Krisen auch gehabt.

Jugendliche schauen aufs Handy
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Soziale Medien können Druck machen

In der Pubertät sei es für Eltern nicht leicht zu unterscheiden, was jetzt das Pubertierende sei und was vielleicht schon einen Krankheitswert habe, erklärte Fekete. Er rät Eltern, im Zweifelsfall lieber einmal zu viel als einmal zu wenig nachzufragen – ganz wertfrei, auf eine empathische Weise und ohne gleich mit Ratschlägen zu kommen. Wenn etwas aus dem Ruder gelaufen sei, dann sollte man sich bei professionellen Beratungsstellen Hilfe holen. Auch Präventionsworkshops an Schulen seien sinnvoll, so Fekete.