Szenenausschnitt aus  „Ein deutsches Leben“ im Kulturforum Südburgenland
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Nachdenken über „Ein deutsches Leben“

Der Theatermonolog „Ein deutsches Leben“ ist am Freitag im Kulturforum in Eberau aufgeführt worden. Er basiert auf der wahren Geschichte von Brunhilde Pomsel. Sie arbeitete als Sekretärin von Joseph Goebbels und wollte nichts von den Verbrechen der Nazis gewusst haben.

Pomsel starb 2017 im Alter von 106 Jahren. Ihre Lebensgeschichte hatte sie im hohen Alter öffentlich gemacht. Christopher Hampton schrieb den Theatermonolog, der auf den Aussagen der ehemaligen Stenotypistin beruht. Alles bewegt sich im Spannungsfeld der Fragen: „Was hat Pomsel von den Naziverbrechen gewusst?“ und „War sie nur eine harmlose Mitläuferin?“. Das Stück gilt als Psychogramm einer durchschnittlichen Deutschen während der NS-Zeit und soll verstören und zum Nachdenken zwingen.

Szeneausschnitt „Ein deutsches Leben“

Tomek: „Das so leicht hinzusagen, das ist schwer“

In der Inszenierung des Kulturforums Südburgenland schlüpft Johanna Tomek in die Rolle der Brunhilde Pomsel. Das Schlimmste sei es gewesen, zum Beispiel zu sagen „Ja reiche Juden, davon gibt es viele in Berlin“ und gleichzeitig den Hintergrund zu kennen, was damals passiert sei, sagte die Schauspielerin über die Herausforderungen der Rolle: „Das so leicht hinzusagen, das ist schwer.“

Muhr: Stück keine Anklage, sondern Lebensgeschichte

Das Stück sei ja keine Anklage, sondern sie erzähle das Leben von Pomsel, sagte Kulturforum-Obmann Michael Muhr: „Das ist auch eine Frau, die auch gelebt hat und die auch einen gewissen Humor besitzt und die interessanterweise als 105-Jährige als Ikone rübergereicht wurde – überall bei Filmfestivals.“ Denn das Theaterstück basiere auf einem Dokumentarfilm, den mehrere österreichische Regisseure mit Pomsel gemacht hätten. „Ein deutsches Leben“ wird am 2. April auch in der Synagoge in Kobersdorf aufgeführt.

Publikumsreaktionen in Eberau

Dem Publikum in Eberau ging das Stück unter die Haut. „Ich bin erschüttert“, sagte Irmgard Seidler nach der Vorstellung. Für ihn als Historiker sei es eine sehr lehrreiche Geschichtsstunde aus einer völlig anderen Perspektive gewesen, meinte Gerhard Weinhofer. „Ich bin noch sprachlos, weil es eine so großartige schauspielerische Arbeit gewesen ist und man gleichzeitig sofort so ein Gefühl gekriegt hat, wie sich’s Menschen im Nachhinein gerichtet haben“, so Renate Holpfer.